Der Erfinder des Stomatoscops
Besondere Bedeutung erlangte Bruck 1865 durch seine Erfindung des Stomatoscops (Bruck 1865) und 1867 des Urethroscops (Zajaczkowski et al. 2002), die einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Endoskopie hatten. Bruck legte die technischen Grundlagen für die Entwicklung zur modernen Endoskopie: Mit dem Stomatoscop war es möglich, jeden Bereich des Mundes auszuleuchten.
Was ihn zu seiner wegweisenden Erfindung trieb, beschreibt Bruck in einem seiner Lehrbücher:
„Nach den Erfolgen, welche mit Hilfe der Optik in der Erkenntnis und Cur der Augen-, Ohren- und Kehlkopf-Krankheiten errungen worden sind, lag der Gedanke wohl nahe, dasselbe Mittel einer besseren Beleuchtung auch für das Gebiet der Mund- und Zahn-Krankheiten zu verwenden“
(Walter 2003).
Und im Mund ward Licht!
Bei der Entwicklung des Stomatoscops konnte sich Bruck auf die Forschungen seines Vaters, Jonas Bruck, zum Thema der Galvanokaustik stützen, denn mit ihrer Hilfe erfand er die Apparatur, die im Mund selbst für Licht sorgte. Dabei kam erstmals ein Platinglühdraht zum Einsatz.
„Die Zähne werden mit diesem Apparate vollständig durchleuchtet, sie werden so zu sagen fast mehr als durchscheinend; die gleichzeitige Vergrösserung aber bewirkt, dass man selbst solche Krankheitsspuren in ihnen entdeckt, von denen das Auge vorher auch nicht einmal eine Ahnung gehabt. Ich habe auf diese Weise beginnende Caries erkannt, wo ich vorher auch nicht einmal ein Pünktchen gesehen hätte“
(Walter 2003).
Das Stomatoscop fand Anwendung in der Kariesdiagnostik und ermöglichte dem Breslauer Zahnmediziner die Erforschung der Pathologie der Karies und die Publizierung der Ergebnisse. Seine Schriften über die Instrumente zur Durchleuchtung der Zähne und Blase erschienen auch in Französisch. Am 20. Januar 1866 wurde Bruck die Ehre zuteil, an der Pariser Akademie der Wissenschaften den Gebrauch seines Stomatoscops zu demonstrieren. Bruck war allerdings selbstkritisch genug, um auch die Nachteile seiner Erfindung zu sehen, vor allem die des Glüheisens.
Ab dem Sommersemester 1872 hielt Bruck Vorlesungen zu den Themen: „Geschichte der Zahnheilkunde“, allgemeine und specielle Pathologie und Therapie der Zahntheile“ und „Zahnärztliche Poliklinik“ (Walter 2003).
Gelehrt wurde in seiner Wohnung
1873 eröffnet er in Breslau ein zahnärztliches Privatinstitut. Zu Anfang fand der Unterricht in der Privatwohnung in der Schweidnitzer Straße Nr. 27statt (Petermann 1881). Die Vierteljahresschrift für Zahnheilkunde schreibt im selben Jahr:
„Wir halten diese Schule des Herrn Dr. Bruck in Breslau für diejenige, welche den Studierenden die meiste Gelegenheit bietet, sich für die Praxis eine tüchtige Ausbildung zu erwerben“ (
Maretzy et al. 1974).
Regelmäßig erschienen nun die Semesterprogramme mit den Vorlesungen über Zahnheilkunde und den praktischen Kursen. Die Anerkennung seines zahnärztlichen Privatinstituts durch den Staat war allerdings ein schwieriges Unterfangen. Noch im Jahre 1884 wurde die Ablehnung der Verstaatlichung mit zu wenigen Studierenden im Privatinstitut begründet. Zwar wurden Brucks lange Verdienste in der Lehrtätigkeit anerkannt, aber der Titel eines außerordentlichen Professors ließ noch auf sich warten.
Warum er nicht Direktor seines eigenen Instituts wird
Erst im April 1890 erfolgte endlich die Anerkennung seines Instituts durch den Preußischen Staat. Damit war es das dritte staatlich anerkannte zahnärztliche Universitätsinstitut in Deutschland. Vor Bruck war dies seinem Berliner Kollegen Eduard Albrecht (1823-1883) gelungen, 1891 folgte Ludwig Heinrich Hollaender (1833-1897) in Halle. Schmerzlich muss für den nun immerhin außerordentlichen Professor Bruck gewesen sein, dass nicht er Direktor wurde, sondern sein Kollege Prof. Carl Partsch (1855-1932), der auch die Leitung der chirurgischen Abteilung übernahm.
Über die Hintergründe warum Bruck nur die Führung der Prothetischen Abteilung und nicht auch die Position des Direktors übertragen wurde, lässt sich nur spekulieren. Vielleicht wurde sein fehlendes Abitur als Manko angesehen, oder sein jüdischer Glaube verhinderte die Ernennung zum Institutsleiter. Andere jüdische Mediziner entgingen dem Karrierehindernis durch Konversion.
Das Institut zog europaweit Studenten nach Breslau und erwarb sich schnell Reputation. Bruck lag besonders auch die Etablierung der Zahnheilkunde als eigener Bereich innerhalb der Medizin und deren Weiterentwicklung und akademische Anerkennung am Herzen.
Ausschlussreich sind folgende Worte eines ehemaligen Studenten:
„Die irrige Meinung des grossen Publikums, das unsere Kunst nur auf manuellen Fertigkeiten beruhe, und dass ihr die Wissenschaftlichkeit noch gänzlich abgehe, ist zu einem schwer zu besiegelnden Vorurtheil geworden, und die um uns her üppig wuchernde Curpfuscherei trägt das Ihrige bei zur Bestärkung dieses Vorurtheils. Diesen Irrthum dem neu eintretenden Studenten von Anfang an zu benehmen, ist Bruck´s Hauptaufgabe“
(Walter 2003).
Das Einsetzen künstlicher Zähne fällt nicht in den Bereich von Zahntechnikern und Dentisten!
So war es nur konsequent, dass sich Bruck 1869 mit einem Memorandum klar gegen die Kurierfreiheit wandte. Er betonte, dass das Einsetzen künstlicher Zähne eindeutig eine zahnärztliche Behandlung sei und nicht in den Aufgabenbereich von Zahntechnikern/ Dentisten gehöre (Maretzy et al. 1974).
Vor allem aus gesundheitlichen Problemen mit schwerer Diabetes zog sich Julius Bruck ab 1895 aus dem Alltag des Institutes zurück, blieb aber bis zu seinem Tod 1902 Mitglied der Medizinischen Fakultät der Universität Breslau.
Er hinterließ eine Reihe zahnmedizinischer Publikationen: 1870 erschien „Die angeborenen und erworbenen Defekte des Gesichtes, der Kiefer, des harten und weichen Gaumens auf künstlich plastischen Wege geschlossen und für Aerzte, Chirurgen und Zahn-Aerzte dargestellt“ sowie seine Promotions- und Habilitationsschriften und seine Werke zur Endoskopie. Er wurde auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Breslau beigesetzt - aktuell erstrahlt das imposante Grabmal der Familie wieder in neuem Glanz.
Literatur
(1) Walter, Markus Eric, Der Wund- und Zahnarzt Julius Bruck (1840-1902), sein „Urethroscop“ und „Stomatoscop“ und deren Bedeutung für die Entwicklung der Endoskopie, Inaugural-Diss., Frankfurt am Main 2003(2) Kozuschek, Waldemar (Hg.), Geschichte der Medizinischen und Pharmazeutischen Fakultäten der Universität Breslau, Wroclaw 2002(3) Strübig, Wolfgang, Geschichte der Zahnheilkunde, Köln 1989(4) Maretzy, Kurt und Robert Venter, Geschichte des deutschen Zahnärzte-Standes, Köln 1974(5) Zajaczkowski, Thaddaeus, Andreas Paul Zamann, Julius Bruck (1840-1902), Sein Beitrag zur Weiterentwicklung des Endoskopie, in: Der Urologe B, Volume 42, Nr. 1, 2002, 35-39(6) Enser, Norbert, Prof. Julius Bruck-Pionier der Zahnheilkunde, in: zm 22/1992, S. 68-70(7) Zahnärztlicher Almanach 1881, Hg. Adolf Petermann, Frankfurt am Main 1881(8) Bruck, Julius, Das Stomatoscop zur Durchleuchtung der Zähne und ihrer Nachbartheile durch galvanisches Glühlicht. Nebst einen Anhang, das Stomatoscop zur Erleuchtung des Rachenraumes zu benutzen, Breslau 1865