Der Mechanismus für Röntgenschäden
Ein Team am Physikalisch-Chemischen Institut der Universität Heidelberg hat dazu die zugrundeliegenden elektronischen Zerfallsprozesse, die durch Absorption der Röntgenstrahlung ausgelöst werden, mit quantenchemischen Methoden untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass das Metallzentrum eine entscheidende Rolle bei der Zerstörung des Moleküls spielt.
Im Mittelpunkt standen dabei die Vorgänge, die bei der Absorption der Röntgenstrahlung durch das Metallzentrum eines Biomoleküls ablaufen. Dabei verliert das Metallzentrum zunächst mehrere Elektronen, wodurch ein hochgeladenes und hochenergetisches Metallion entsteht, das anschließend durch eine Kaskade von elektronischen Zerfallsschritten in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehrt.
Bei einigen Zerfallsschritten wird Energie vom Metallzentrum auf die Nachbarmoleküle übertragen. Bei anderen gehen Elektronen der benachbarten Moleküle auf das Metallion über.
Beide Prozesse laufen auf einer Skala von Femtosekunden ab und lassen damit nur extrem wenig Zeit für die Bestimmung der genauen Molekularstruktur. Im Laufe der Zerfallskaskade geben mehrere Nachbarmoleküle langsame Elektronen ab. In einem größeren System, etwa einem Protein mit einem Metallzentrum, würden die positiv geladenen Nachbarmoleküle und die langsamen Elektronen mit dem Biomolekül reagieren und weitere Sekundärschäden anrichten. Das Metallzentrum wirkt somit wie eine Linse, die die Energie des Röntgenlichts auf die unmittelbare Umgebung fokussiert. Dadurch wird die umgebende chemische Struktur auf einer schnellen Zeitskala massiv verändert.
Die Wissenschaftler hoffen, dass diese Erkenntnisse einen Beitrag leisten können zur Entschlüsselung der komplizierten Prozesse, die in lebenden Organismen durch Röntgenstrahlung ausgelöst werden.V. Stumpf, K. Gokhberg und L.S. Cederbaum: The role of metal ions in X-ray-induced photochemistry. Nature Chemistry 8, 237-241 (2016), doi:10.1038/nchem.2429