Grundlagen für das Gespräch

Der widerspenstige Patient

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Praxis
Sie informieren, argumentieren und predigen - und trotzdem befolgt der Patient keine Ihrer Empfehlungen? Prof. Dr. Dorothee Heckhausen von der Evangelischen Hochschule Berlin erklärt, warum diese Strategien zu nichts führen - und wie man wirklich motiviert!

Warum ist es so schwer, manche Patienten dazu zu kriegen, regelmäßig Zahnseide zu benutzen, Mundspüllösungen zu verwenden oder einfach die vereinbarten Recalltermine wahrzunehmen?

Die motivierende Gesprächsführung

Die motivierende Gesprächsführung

"Damit der Patient sein Verhalten ändert, müssen drei Aspekte zutreffen", sagte Heckhausen im Rahmen ihres Vortrags "Motivierende Gesprächsführung" auf dem Zahnärztetag Westfalen-Lippe in Gütersloh:

Er muss das Ziel wichtig finden, das heißt, die Vorteile der Veränderung müssen im Vergleich zur alten Situation überwiegen (Wichtigkeit).

Er muss wissen, wie er die Veränderung angehen soll (Fähigkeit).

Er muss den inneren Schweinehund auch überwinden wollen (Bereitschaft).

4 Phasen

4 Phasen

Bereitschaft und Interese wecken

Bedarfsanalyse

Zielvereinbarung

Umsetzung und Aufrecherhaltung (langer Prozess)

"In der ersten Phase sollten Sie sich deshalb im Gespräch darauf konzentrieren, die Bereitschaft und das Interesse des Patienten für ein verändertes Verhalten - zum Beispiel eine intensivere häusliche Mundhygiene - zu wecken", betonte Heckhausen.

Drei Säulen sind zentral Zwei Arten der Gesprächsführung sind möglich

Drei Säulen sind zentral

die affektive Qualität (Wertschätzung gegenüber dem Patienten)

die problemlösende Qualität (Fachkompetenz des Zahnarztes)

die partizipative Entscheidungsfindung (die gute Arzt-Patieten-Beziehung)

Zwei Arten der Gesprächsführung sind möglich

  • patientzentriert: Der Patient wird nicht beredet, sondern der Zahnarzt geht auf seine Interessen und Sorgen ein.

  • direktiv: Der Zahnarzt ist bestrebt, den Widerstand des Patienten aufzulösen und die gesundheitlichen Ziele zu erreichen.

Erst in der zweiten Phase wird in Form einer Bedarfsanalyse ermittelt, wie hoch die Veränderungsbereitschaft konkret ist. Wichtig ist, die Selbstwirksamkeit des Patienten zu stärken.

Der einfache Patient

"Viele Patienten stimmen Ihnen sicherlich sofort zu, wenn Sie ihnen sagen, 'Mit zwei Mal Zähneputzen täglich plus einer PZR im Halbjahr würden Sie Ihr Parodontitisrisiko erheblich senken' und befolgen Ihre Ratschläge. Mit diesen Patienten wählen Sie den direktiven Weg. Distanzierte Patienten benötigen zudem verstärkt Ihre Beratung."

Der ambivalente Patient

Bei einigen Patienten nimmt man allerdings eine Ambivalenz oder sogar Widerstand wahr. Verhalten und Äußerungen passen nicht zusammen - irgendetwas irritiert. Was sollte man jetzt nicht tun?

  • warnen, ermahnen, ängstigen

  • Lösungen vorgeben, Vorschläge unterbreiten

  • belehren, logische argumente vorbringen

  • zureden, predigen, moralisieren

  • ver- und beurteilen, kritisieren, widersprechen

  • ignorieren

"Wenn Sie versuchen, einen ambivalenten Patienten mit Ihrem geballten Wissen von der Notwendigkeit einer Verhaltensänderung zu überzeugen, geraten Sie schnell in 'Ja/Aber-Argumentationsketten'. Solche Gespräche führen zu nichts, im Gegenteil: Am Ende geht der Patient aus der Praxis mit dem Gefühl, doch irgendwie recht zu haben", erklärte Heckhausen.

"Es bringt auch nichts, jemanden überführen zu wollen. Inquisitorische Fragen enden in der Regel damit, dass der Patient sich unfair behandelt fühlt und in eine Abwehrhaltung geht. Daher mein Tipp: Bleiben Sie transparent!", rät die Professorin. "Abwehrreaktionen können übrigens unterschiedliche Ausprägungen haben: Die einen kämpfen, die anderen flüchten, und es gibt Menschen, die stellen sich tot. Totstellen wird oft verwechselt mit Adhärenz. Doch diese Patienten sind nicht compliant, sondern passiv-aggressiv, das heißt, sie nicken in der Praxis alles ab und befolgen aber gar nichts."

Grundlagen Partnerschaftlichkeit Verhaltensmotivation wecken Autonomie

Grundlagen

Partnerschaftlichkeit

Verhaltensmotivation wecken

Autonomie

"Bei Widerstand gehen die Anforderungen über die Bereitschaft des Patienten hinaus", führte Heckhausen aus. "Wenn Sie diese Patienten piesacken, treiben Sie sie ungewollt in den Widerstand. Im Prinzip geht es um: nicht verstehen, nicht glauben, nicht können, nicht wollen."

"Holen Sie ihn dort ab, wo er steht!"

Doch wie geht man mit ambivalenten beziehungsweise sich widersetzenden Patienten um? Am besten ...

... spricht man offen über die Pros und Cons einer Verhaltenänderung ...

und arbeitet die Diskrepanzen zwischen Gegenwart und erwünschtem Zustand gemeinsam mit dem Patienten heraus.

"Verlassen Sie das Reiz-Reaktionsschema - das kostet Sie nur Kraft und Nerven" rät Heckhausen. "Fühlen Sie sich stattdessen in den Patienten ein und seien Sie empathisch. Mit anderen Worten: Holen Sie ihn dort ab, wo er steht!"

Dorothee Heckhausen ist Professorin für Management, Qualitätsmanagement und Ethik im Gesundheitswesen an der Evangelischen Hochschule Berlin.

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