Die grenzüberschreitende Tätigkeit von DrSmile ist zulässig
DrSmile ist eine Marke der Schwesterunternehmen Urban Technology (Berlin) und DZK Deutsche Zahnklinik (Düsseldorf). Beide gehörten seit 2020 mehrheitlich zur Straumann Holding AG in Basel, die ihre Anteile aber im August 2024 im Tausch gegen eine Minderheitsbeteiligung von 20 Prozent an die spanischen Impress Group (Barcelona) abgab (zm berichtete). Diese ist mit vergleichbaren Geschäftsmodellen international tätig, in der EU neben Deutschland bislang in Italien, Spanien, Portugal, Frankreich und den Niederlanden.
Der Streit: Handelt es sich um eine hybride Leistung?
Mit dem Urteil aus Lxemburg bekommt Impress nun Rückenwind für von diesen Standorten ausgehende mögliche grenzüberschreitende Aktivitäten. Aus Österreich hatte sich DrSmile unter dem neuen Eigentümer Impress allerdings im September 2024 zurückgezogen.
Im nun entschiedenen Fall waren über die DrSmile-Internetseite aber noch Termine mit der österreichischen Zahnärztin vermittelt worden. In ihrer Praxis führte jene dann eine Anamnese, ein Aufklärungsgespräch und einen 3-D-Scan des Gebisses durch sowie weitere erforderliche Vorbehandlungen. Die Ergebnisse und Unterlagen übermittelte sie an die DZK. Diese bezahlte die Zahnärztin und bot den Patienten einen Behandlungsplan an. Kunden erhielten die Aligner anschließend per Post und wurden von der DZK mithilfe einer App weiter betreut.
EuGH: Die Zahnärztin arbeitet nach österreichischem Recht ...
Die Österreichische Zahnärztekammer sah darin einen Verstoß gegen nationale Vorschriften und wollte der Zahnärztin ihre Tätigkeit für DrSmile verbieten lassen. Der Streit ging durch alle Instanzen und landete auf Vorlage des Obersten Gerichtshofs beim EuGH. Dieser entschied nun, dass solche hybriden Modelle – bestehend aus einer Vor-Ort-Leistung und einer telemedizinischen Leistung – nicht unter den Begriff Telemedizin im Sinne der EU-Patientenmobilitätsrichtlinie fallen.
Der Grund ist, dass die obersten EU-Richter das Angebot von DrSmile als „komplexe Behandlung“ werteten. Diese bestehe aus mehreren, voneinander trennbaren Dienstleistungen, die jeweils verschiedene berufliche Fähigkeiten erfordern. Dabei richte sich nur die Arbeit der Partnerzahnärztin nach österreichischem Recht. Ihre üblichen zahnärztlichen Diagnosen und Vorarbeiten seien aber auch nichts, was dagegen verstoße und hätten „keinen grenzüberschreitenden Bezug“. Schließlich hielten sich Zahnärztin und Patient am selben Ort auf.
... und DrSmile nach deutschem Recht
Dies könne nicht allein deshalb der Telemedizin zugerechnet werden, argumentierte das Gericht weiter, „weil die komplexe medizinische Behandlung, zu der diese Tätigkeit gehört, auch Gesundheitsdienstleistungen umfasst, die andere Ärzte, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, mithilfe der Telemedizin erbringen“.
Die nachfolgende Betreuung durch DrSmile per App sei davon klar zu trennen. Erst diese sei eine im Fernabsatz erbrachte telemedizinische Dienstleistung. Für diese gelte nach EU-Recht das Recht desjenigen Landes, in dem der telemedizinische Dienstleister ansässig ist. Das sei hier Deutschland, wobei das deutsche Recht die Tätigkeit von DrSmile erlaube. Daher spiele es auch keine Rolle, dass nach österreichischem Recht eine Zahnklinik in den Händen von Zahnärzten liegen muss, was bei der DZK nicht der Fall ist.
Europäischer Gerichtshof
Az.: C‑115/24
Urteil vom 11. September 2025