Warnemünder Erklärung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK)

„Die Hauszahnarztpraxis ist Kern der künftigen Versorgung“

pr
Politik
Für eine Stärkung der Hauszahnarztpraxis bei der Versorgung im ländlichen Raum setzt sich die BZÄK ein. In ihrer Warnemünder Erklärung formuliert sie Forderungen, um künftige Versorgungslücken zu schließen.

Mit neuen Denkanstößen und Lösungsansätzen will die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) die klassische ambulante Versorgung in der „Hauszahnarztpraxis“ – im Sinne von Zahnarzt oder Zahnärztin in eigener Praxis – als Nukleus einer zukünftigen zahnärztlichen Versorgung stärken. Damit soll auch die Versorgung in der Fläche und in strukturschwachen ländlichen Gegenden sichergestellt werden, ohne aufwendige und teure Doppelstrukturen zu schaffen. Die BZÄK hat dazu jetzt eine „Warnemünder Erklärung“ veröffentlicht, ein Papier, das auf Beratungen einer Klausurtagung des BZÄK-Vorstandes im Sommer in Warnemünde beruht.

Die Gesundheitsversorgung in Deutschland steht nach Ansicht der BZÄK vor weitreichenden Veränderungen, die zu einem neuen Verständnis von stationärer und ambulanter Versorgung führen könnten. Neben dem zu begrüßenden Bekenntnis zur Ambulantisierung seien es vor allem Tendenzen hin zu einer staatsnahen neuen Versorgungssäule, die die BZÄK sehr kritisch sieht. Die kostenintensiven Doppelstrukturen und Großeinheiten würden in Konkurrenz zur bestehenden ambulanten Versorgung stehen.

Das Image der Niederlassung in eigener Praxis habe gelitten, formuliert die Bundeszahnärztekammer in ihrer Erklärung weiter. Unter jungen Kolleginnen und Kollegen gebe es einen Trend zur Anstellung und gegen die Niederlassung in eigener Praxis. Besonders deutlich zeige sich dies bei den Niederlassungszahlen im ländlichen Raum, analysiert die BZÄK die Hintergründe zu dem Papier. Für diese Entwicklung sieht die BZÄK drei wesentliche Gründe:

  • Die Gesundheitspolitik in Deutschland habe viel zu lange Geld und Ressourcen in den stationären Bereich mit angestellten Ärztinnen und Ärzten gesteckt. Die eigenverantwortliche ambulante Grundversorgung, zu der auch die Zahnmedizin zähle, sei mehr und mehr vernachlässigt worden.

  • Übertriebene und widerlegte Äußerungen nach dem Motto, die „kleine Praxis“ werde den Anforderungen an die moderne Zahnmedizin nicht mehr gerecht, eine Landpraxis sei finanziell nicht ausreichend auskömmlich und nur die Anstellung mache Verwaltung und Bürokratie erträglich, hätten ebenfalls zu dem schlechten Image beigetragen.

  • Dieses negative Image treffe auf junge Menschen, die nach der aktuellen Sichtweise ihren Schwerpunkt neben der Arbeit auch auf andere Faktoren wie Work-Life-Balance legten und die sich mit langfristiger ortsfester Lebensplanung schwerer täten.

In ihrer Erklärung hat die BZÄK vier konkrete Lösungsansätze formuliert:

  • 1. Auswahl der Studierenden: Es muss aus Sicht der BZÄK besser gelingen, die Auswahl der Studentinnen und Studenten der Zahnmedizin an den Bedürfnissen der zahnärztlichen Praxis zu orientieren. Die Abiturnote habe sich hier als nicht immer zielführend herausgestellt. Im Dialog mit den Universitäten sollte geklärt werden, wie sich die Quote derjenigen Studentinnen und Studenten erhöhen lasse, die im individuellen Gespräch ausgewählt werden. Dieser Ansatz erfordere einen großen zeitlichen und organisatorischen Aufwand, bei dem die Kollegenschaft der Hochschule helfen könne.

  • 2. Auswahl des Standorts: Einzelne erfolgreiche Zahnarzt-Recruiting-Kampagnen (zum Beispiel in der sächsischen Gemeinde Ehrenfriedersdorf) würden zeigen, wie man heute mit Videos und O-Tönen Aufmerksamkeit jenseits gedruckter Anzeigen erzeugen könne. Was bislang fehle, sei ein digitales Angebot, das Examensabsolventen ohne „Landerfahrung“ anspreche. Sinnvoll wäre aus Sicht der BZÄK ein deutschlandweites Portal, in dem ohne kommerziellen Hintergrund vakante Landpraxisstandorte ausführlich vorgestellt würden: Freizeitwert, Familienfreundlichkeit, Patientenaufkommen, Infrastruktur und besondere Angebote der Gemeinde.

  • 3. Kommunale Unterstützung: Als sehr sinnvoll bezeichnet die BZÄK Beratungs- und Begleitungsangebote der (Landes-)Zahnärztekammern in enger Kooperation mit den Kommunen, und zwar von der Standortentscheidung bis zur Einweihungsfeier. Kommunen und Gemeinden könnten an wichtigen Standorten infrastrukturell erschlossene Ärztehäuser errichten, deren Teilpraxen an Vertreterinnen und Vertreter ärztlicher Disziplinen vermietet werden und später auch erworben werden könnten. Alternativ wären zinsbegünstigte Kredite sinnvoll. Wichtige weitere Standortmerkmale seien Kindertagesstätten, Schulen, Internet und eine gute Verkehrsanbindung.

  • 4. Finanzielle Anreize: Die Förderung der Landpraxis durch die Gesetzliche und Private Krankenversicherung und/oder die öffentliche Hand könnte nach Ansicht der BZÄK Zahnärztinnen und Zahnärzten helfen, über die psychologische Hürde der Landniederlassung zu gelangen.

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