Die Linke fordert einen Systemwechsel in Gesundheit und Pflege
"Das Allgemeinwohl muss bei Gesundheit und Pflege im Vordergrund stehen - nicht die Profitmöglichkeiten einzelner Konzerne," so bringt die Partei der Linken ihre Vorstellungen zur Gesundheitspolitik in ihrem Wahlprogramm auf den Punkt. Ihr Ziel: eine neue solidarische Gesundheitsversicherung für alle. Das heißt für die Linken: "Alle zahlen ein, Beiträge werden auf alle Einkommen erhoben, alle werden gut versorgt. Zuzahlungen und Eigenanteile fallen in Zukunft weg." Die Partei hatte das Wahlprogramm am 12. April nach einem Beschluss des Bundesvorstandes vorgestellt. Es soll auf einem Parteitag am 19. und 20. Juni 2021 als Leitantrag beraten und dann verabschiedet werden.
Beitragsbemessungsgrenze abschaffen
Im Einzelnen wollen die Linken die Beitragsbemessungsgrenze abschaffen. Damit soll der Beitrag für die Krankenversicherung von circa 15 Prozent auf weniger als 12 Prozent des Bruttolohns sinken. Bis zur Einführung einer Solidarischen Gesundheitsversicherung sollen sich die Beiträge für Selbstständige und andere freiwillig in der GKV Versicherte stärker am realen Einkommen orientieren. Für Menschen mit einem Monatseinkommen unter 6.300 Euro sollen die Beiträge nach den Plänen der Partei in absoluten Zahlen sinken. Der allergrößte Teil der Bevölkerung soll durch dieses Konzept finanziell entlastet werden. Auch viele Selbstständige und Rentner, Arbeitgeber und Versicherte sollen jeweils die Hälfte zahlen, also dann weniger als sechs Prozent.
Außerdem will die Partei die Zweiklassenmedizin beenden und die Trennung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung abschaffen. Wörtlich heißt es: "In die Solidarische Gesundheitsversicherung zahlen alle mit ihren gesamten Einkünften (Erwerbs-, Kapital- und anderen Einkommen) ein und bekommen alle medizinisch notwendigen Leistungen, auch vollumfänglich Medikamente, Brillen oder Physiotherapie. Medizinisch unnötige Behandlungen zu finanziellen Zwecken an privat Versicherten gehören der Vergangenheit an."
Die Trennung zwischen GKV und PKV aufheben
Alle in Deutschland lebenden Menschen sollen medizinisch notwendige Leistungen uneingeschränkt erhalten. Und die Beiträge für Selbstständige und andere freiwillig in der GKV Versicherte sollen sich stärker am realen Einkommen orientieren.
Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken
Für die Pflege stellt sich die Partei eine solidarische Vollversicherung vor und will die pflegenden Angehörigen entlasten. Soziale Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung sollen bekämpft werden. Außerdem setzen sich die Linken für eine Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie für dessen bessere Koordinierung ein: "Wir wollen, dass der ÖGD für niedrigschwellige Impfangebote und bei der Prophylaxe gegen Infektionen in Kitas, Schulen und Betrieben und bei den Hausärzt*innen die tragende Rolle übernimmt."
Wichtig ist der Partei auch eine gute Versorgung im ambulanten Bereich in Stadt und Land. Dafür will sie die Arztsitze gleichmäßiger verteilen und eine sektorenübergreifende Bedarfsplanung einfuhren. Regionale Versorgungszentren sollen mittelfristig zum Rückgrat des ambulanten Sektors werden. Kommunen sollen dabei unterstützt werden, eigene Gesundheitszentren zu betreiben. Neben Ärzten, medizinischem Personal und Gesundheitsberufen sollten auch andere Berufsgruppen, wie Sozialarbeiter und Anwälte, einbezogen werden. Modellprojekte wie Gesundheitskollektive sollen unterstützt werden. Auch wollen die Linken wollen die Möglichkeit prüfen, Kaufpreise für Arztpraxen und Arztsitze zu begrenzen.
Profitmöglichkeiten bei MVZ brechen
Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sehen die Linken kritisch. Dazu heißt es: "Durch den Betrieb von medizinischen Versorgungszentren versuchen sich Konzerne Profitmöglichkeiten im ambulanten Bereich zu schaffen. Diese Entwicklung wollen wir rückgängig machen."
Evidenzbasierte Bewertungsverfahren für eHealth
Kritisch setzt sich die Partei mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen auseinander. Für eHealth-Anwendungen verlangt sie evidenzbasierte Bewertungsverfahren analog zu anderen medizinischen Behandlungsmethoden. Routinedaten der Krankenkassen, Registerdaten oder andere Daten, die direkt im Behandlungsalltag anfallen (Real World Data) seien dafür nicht geeignet, heißt es in dem Programm.
Für Gesundheits-Apps fordern die Linken eine Zertifizierung nach staatlichen Vorgaben. Die informationelle Selbstbestimmung von Patienten und Versicherten will die Partei jederzeit gewahrt habe. Die Weitergabe der sensiblen Daten durch die Anwender müsse immer wohlinformiert und freiwillig erfolgen.