Die Mär von der Feminisierung
Der DÄB korrigiert zum kommenden Deutschen Ärztetag in Düsseldorf den Mythos von der „Feminisierung“ in der Medizin. Denn auch wenn die Studienanfängerinnen im Fach Medizin bei 63 Prozent angelangt sind, bestehe aufgrund struktureller und mentaler Barrieren nach wie vor keine berufliche Chancengleichheit, berichtet der Bund in einer Mitteilung.
"Feminisierung ist eine Wahrnehmungsstörung"
Dr. Regine Rapp-Engels, Präsidentin des DÄB, stellt fest: „Bei der in letzter Zeit gern beschworenen „drohenden“ Feminisierung der Medizin handelt es sich faktisch um eine Wahrnehmungsstörung verunsicherter Kollegen." Derzeit betrage der Frauenanteil der berufstätigen Mediziner rund 45 Prozent. "Hochgerechnet anhand der bisherigen Steigerungsraten werden Ärztinnen in Kliniken und Praxen frühestens etwa im Jahr 2027 entsprechend ihrem Anteil in der Bevölkerung vertreten sein."
Erfahrungen aus Unternehmen zeigten zudem, dass sich ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis nicht automatisch einstellt, warum solle dies im Gesundheitswesen geschehen? Ein weiterer Blick auf die Fakten offenbare in diesem Zusammenhang, dass nur eine verbindliche Quote Fortschritt bringen kann - sei es in der Wirtschaft, sei es in den Medien und sei es folgerichtig auch im Gesundheitswesen.
An der Spitze stehen Männer
Nur rund 26 Prozent der Leitungsfunktionen in deutschen Krankenhäusern werden demnach aktuell von Frauen besetzt, der Anteil der Chefärztinnen wird auf acht bis zehn Prozent geschätzt. Bei den W3/C4 Professuren stellen Frauen laut DÄB nur 5,6 Prozent. Liege der Frauenanteil bei den Doktoranden bei über 50 Prozent, so seien Ärztinnen bei der Habilitation noch mit 20 Prozent vertreten. Auch bei den Wahlen zu den ärztlichen Körperschaften würden Wahllisten nach wie vor nicht paritätisch nach Geschlecht besetzt.
Rapp-Engels: „Der Deutsche Ärztinnenbund fordert eine verbindliche Frauenquote, weil die Zukunft der Medizin bisher nur auf der Ebene der Assistenzärztinnen weiblich ist. Es gilt zum einen, dringend notwendige familien- und frauenfreundliche Arbeitsbedingungen in Kliniken und Praxen forciert umzusetzen, statt den Ärztemangel zu beklagen."
Quote plus Kulturwandel
Zum anderen müsse ein Kulturwandel stattfinden, damit sich perspektivisch ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis auch in Führungspositionen wie bei Chefärztinnen, Klinikleitungen, in den Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung und in der Wissenschaft widerspiegelt.
Auch die Forderung nach Beachtung der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Gesundheitsforschung und -versorgung habe nichts mit einer Feminisierung der Medizin zu tun, sondern vielmehr mit wissenschaftlichem Fortschritt und ethischer Verantwortung.