Die Standesorganisationen waren damals Handlanger des NS-Regimes!
Am 31. Januar 1939 wurde jüdischen Zahnärzten und Dentisten in Deutschland gemeinsam mit jüdischen Tierärzten und Apothekern durch das nationalsozialistische Regime die Approbation entzogen. Fast zeitgleich wurde ihnen auch die Doktorwürde aberkannt. Diese staatliche Willkür bedeutete für die Betroffenen die Vernichtung ihrer beruflichen Existenz. Ein halbes Jahr zuvor widerfuhr dieses Vorgehen auch den jüdischen Ärzten. Verbände und Standesorganisationen der Zahnärzteschaft hatten, ähnlich wie Vertreter der deutschen Ärzteschaft, die Ausgrenzung und Entrechtung maßgeblich vorangetrieben. Erst 1996 wurde dieses Unrecht formal rückgängig gemacht.
„Am Anfang standen Markierung und Ausgrenzung von Millionen deutscher Mitbürger aufgrund einer fürchterlichen, im nationalsozialistischen Deutschland zur Staatsdoktrin gewordenen Weltanschauung, des Antisemitismus", führt BLZK-Präsident Dr. Dr. Frank Wohl zum Jahrestag aus. “Es folgten die Vernichtung der wirtschaftlichen und beruflichen Existenz und schließlich für alle, denen die Flucht aus ihrer Heimat nicht mehr gelang, auch die physische Vernichtung in den Todeslagern mit ihren industriell organisierten Formen des Massenmordes.“
„Die Zahnärzteschaft steht für Pluralismus, Demokratie und Freiheit!“
Damalige Standesvertreter hätten nicht nur weggeschaut, sondern sich auch bereitwillig an der Umsetzung des Approbationsentzugs ihrer jüdischen Kollegen beteiligt. "Die Lehre aus diesen barbarischen Untaten in deutschem Namen muss für alle Deutschen das Eintreten für die Sicherheit jüdischer Menschen sein, und dies nicht nur in unserem Land, sondern auch im Nahen Osten. Loyalität und Solidarität mit Israel im Konflikt mit denen, die es auslöschen wollen und damit einen weiteren Holocaust planen, muss gelebte Staatsdoktrin eines demokratischen Deutschlands sein.“
„Der Approbationsentzug war der Beginn einer Hetzjagd auf jüdische Ärzte und Zahnärzte, an der sich die Standesorganisationen leider willfährig beteiligten", ergänzt KZVB-Chef Dr. Rüdiger Schott. “Der ehemalige Präsident der Bundesärztekammer Karsten Vilmar sprach zu Recht von einer ‚institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen den Spitzenverbänden der deutschen Ärzteschaft und dem NS-Gesetzgeber‘. Angesichts des derzeitigen Rechtsrucks in der Gesellschaft dürfen wir nie vergessen, wohin uns der Nationalsozialismus und sein Menschenbild geführt haben: in den Untergang.“
„Die Lehre aus diesen unmenschlichen Untaten muss für uns alle das Eintreten für die Sicherheit jüdischer Menschen sein“, verdeutlicht auch Dr. Karsten Heegewaldt, Präsident der Zahnärztekammer Berlin. “Angesichts aktueller besorgniserregender rechtsextremer Tendenzen in Deutschland ist es uns als Standesvertretung der über 6.000 Berliner Zahnärztinnen und Zahnärzten wichtig, zu betonen: Die Zahnärzteschaft in Berlin steht für Pluralismus, Demokratie und Freiheit und stellt sich gegen jegliche Art von Radikalismus.“
„In der Zeit des Nationalsozialismus hatte etwa jeder dritte praktizierende Zahnarzt in Berlin mindestens einen jüdischen Großelternteil und war damit von der Vertreibung aus seinem Beruf und von Verfolgung bedroht“, berichtet Karsten Geist, Vorsitzender der KZV Berlin. Seit 2008 ehre die Berliner Zahnärzteschaft mit einer Gedenktafel in den Räumen der KZV diejenigen jüdischen Kolleginnen und Kollegen, die in der Zeit des Nationalsozialismus aus sogenannten rassischen oder politischen Gründen verfolgt, vertrieben oder ermordet wurden. Geist: “Sie sollen ebenso wenig in Vergessenheit geraten wie die Millionen anderer Opfer des Dritten Reiches. Mit der Tafel zeigt die Berliner Zahnärzteschaft, dass sie auch bereit ist, gesellschaftspolitische Verantwortung zu übernehmen."