Die Systeme müssen miteinander sprechen
Sascha Devigne, Moderator: Worauf muss der Zahnarzt bei der Praxissoftware achten? Welche Kriterien müssen die Programme erfüllen?
Dipl.-Stom. Jürgen Herbert, Vorstandsreferent der BZÄK für Telematik: "Wichtig ist, dass die Software modular bleibt. Junge Praxischefs müssen sich auch nicht sofort den Mercedes SL kaufen, sondern sollten einfach starten und sich dann die Abrechnungsprogramme kaufen, die zu ihnen passen. Denn die Abrechnung ist die Grundlage: Damit verdiene ich als Zahnarzt das Geld, mit dem ich mir den restlichen Spaß verdienen kann. Alle Lösungen müssen helfen, Zeit zu sparen, damit wir mehr Zeit für unsere Patienten haben. Unsere Computer brauchen unsere Zuwendung schließlich nicht wirklich."
Dr. Günther E. Buchholz, stellvertretende KZBV-Vorsitzender: "Ich habe die Rechnungen am Anfang noch mit der Schreibmaschine geschrieben - das müssen wir zum Glück heute nicht mehr. Die Programme müssen als Erstes praxistauglich sein, das heißt, anwenderfreundlich - auch in dem Sinne, dass die Daten in andere Systeme geschickt werden können. Stichwort Interoperabilität. Auf diese Schnittstellen, die Anwendungen zwischen den Geräten ermöglichen, kommt es an. Ein Rundgang auf der IDS zeigt, wie uns Software-Systeme heute die Arbeit erleichtern können, etwa bei den digitalen Abdrücken."
Sabine Zude,VDDS-Vorsitzende: Wir stehen genau für diese Standardisierung, damit alle Player am Markt friktionsfrei zusammenarbeiten können. Der VDDS vertritt schließlich über 80 Prozent der Dentalsoftware-Unternehmen am Markt.
Welche Rolle spielen gesetzliche Vorgaben?
Buchholz: Als KZBV sind wir verpflichtet, die gesetzlichen Auflagen zu erfüllen. Die Industrie fährt nicht unter dem SGB V - wir schon. Das heißt, wir müssen die Vorgaben des Gesetzgebers umsetzen und gleichzeitig gewährleisten, dass die Systeme kompatibel sind.
Der Gesetzgeber erlässt Verordnungen und macht sich in der Regel keine Gedanken, wie diese dann in der Praxis umgesetzt werden können. Zum Beispiel müssen wir unseren Patienten alle Dokumente der Behandlung zur Verfügung stellen, das heißt, alle Behandlungsschritte müssen auch im System abgebildet werden.
Die Softwar-Firmen lassen sich aber nicht in diesen gesetzlichen Rahmen pressen. Doch die Politik verlangt, dass die Industrie schnell-schnell macht und die Vorgaben sofort technisch umsetzt. Und dann passieren Fehler. Aufwand und Bürokratie landen im Endeffekt immer in den Praxen. Da brauchen wir Unternehmen, die die gesetzlichen Bedingungen praxisfreundlich gestalten.
Zude: Viele Gesetzesänderungen werden uns erst drei bis vier Wochen vor Inkrafttreten zugeleitet. Da läuft etwas falsch! Wir brauchen Zeit, die Vorgaben technisch umzusetzen und Lösungen zu entwickeln.
Brand: Wir haben hinterher das Theater, weil die unzufriedenen Kunden natürlich uns anrufen. Wir benötigen einfach eine ausreichende Vorlaufphase, um gesetzliche Auflagen technisch einwandfrei und praxistauglich zu realisieren.
Für oder gegen die Cloud?
Buchholz: Ich bin ein vehementer Gegner der Cloud, weil der Zahnarzt die Verantwortung für seine Daten hat. Das heißt: Patientendaten, die wir in der Praxis generieren, gehören nicht in die Cloud, sondern in die Praxis. Eine sichere Verbindung zwischen Praxisserver und Tablet kann ich auch ohne Cloud erzeugen. Die Cloud ist ein Informationspool, und alles, was nicht dezentral gespeichert wird, ist für angriffe reizvoll.
Zude: Es ist richtig skeptisch zu sein, schließlich gibt es unterschiedliche Cloud-Betreuer, und man muss schon wissen, wer seine Daten betreut. Wir werden allerdings häufig durch unsere Anwender gesteuert, und die junge Generation will mobil auf ihre Daten zugreifen und schnell per Tablet die Patientenakte einsehen. Das wird die Zukunft - und das denken wir uns nicht aus.
Herbert: Der Wurm muss dem Fisch schmecken. Aber die Daten müssen natürlich immer in der Hoheit des Zahnarztes liegen, es muss also zusätzlich eine Offline-Sicherung geben und es müssen die gesetzlichen zur Datensicherung müssen erfüllt werden. Insbesondere medizinische Daten sind schutzwürdig.
Brand: Wir wollen Daten sicher übertragen - das ist der Weg. Die Problematik besteht weiterhin darin, einen Zahnbefund von der Planung bis zur Abrechnung sicher von einer Software zur anderen zu übertragen, denn bislang gibt es noch keine einheitlichen Schnittstellen.
Was braucht der Zahnarzt?
Herbert: ein intuitives Abrechnungsprogramm, der Rest ist nice to have .
Buchholz: Ja. Die Basis unseres technischen Tuns ist die Abrechnung, und ich erwarte, dass digitale Lösungen auch bedienbar sind. Junge Zahnärzte haben heute schon die digitale Praxis, indem sie beispielsweise bei der Erstellung des HKPs mit der KZV, der Abrechnungsstelle und dem Fräszentrum vernetzt sind.
Zude: Einen sauberen Workflow. Den versuchen wir in der Praxis immer weiter zu verbessern, insbesondere wenn unterschiedliche Programme miteinander arbeiten. Der Zahnarzt kommt heute ohne EDV nicht mehr zurecht.