Eine Phlegmone zerstört das Gesicht

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Zahnmedizin
Kann eine kleine Schnittverletzung an der Stirn zum Gesichtsverlust führen? Hier berichten wir über das bewegende Schicksal einer heute 48-jährigen Frau, deren Leben wochenlang am seidenen Faden hing.

Die Patientin konnte dank Früherkennung und fachgerechter Behandlung nahezu vollständig rehabilitiert werden und erzählt ihr Schicksal auf der Jahres-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) in Hamburg.

Kleine Stirnwunde wird lebensbedrohlich

Bei einer nächtlichen Auseinandersetzung wurde die Frau von einer Bierflasche am Kopf verletzt. Dabei zog sie sich eine circa einen Zentimeter lange Platzwunde an der Stirn und einen Anbruch der Schädelbasis zu, was vom Notdienst fachgerecht versorgt wurde. Sie zeigte keinerlei neurologische Störungen, so dass sie danach entlassen werden konnte.

Am Folgetag kam sie wegen starken Unwohlseins erneut in die Notaufnahme und klagte über Übelkeit, Erbrechen und Doppelsehen. Innerhalb  weniger Stunden entstand im Gesicht eine schnell zunehmende Schwellung und der Allgemeinzustand verschlechterte sich weiter. Als sie in der Hannoveraner MKG-Chirurgie vorgestellt wurde, wurde sie sofort auf die Intensivstation gebracht. Dort zeigte sich das Bild einer schwersten Phlegmone mit dem Vollbild einer Sepsis mit extremer Zentralisation bei fast weißen Extremitäten und einer maximalen Schwellung an Kopfhaut und Gesicht.

Erste rettende Maßnahmen

Die Patientin wurde rasch intubiert, es wurde Volumen substituiert, der Kreislauf stabilisiert und sie erhielt hochdosierte Antibiotika. Nach Stabilisierung der Vitalfunktionen und Verbesserung der peripheren Durchblutung erfolgte eine erste MKG-chirurgische Maßnahme: Das Team um Prof. Dr. Dr. Gerd Gehrke legte an unterschiedlichen Stellen des Kopfs und Gesichts insgesamt sechs Eröffnungen mit zehn Drainagen, um die Wunden zu spülen. Größte Sorge bereitete den Ärzten die maximale Gesichtsschwellung, wodurch die Durchblutung der Augenlider nicht mehr gewährleistet war.

Ein weitgehender Lidverlust rechts und ein Teilverlust links schienen zunächst unabwendbar. Würde es den MKG-Chirurgen nicht gelingen, die Lider zu erhalten oder wiederherzustellen, drohte der Verlust der Augen! Doch erste Rettung war in Sicht: Bereits vier Tage später erfolgte die Anlage eines Stirnlappens zur Abdeckung des Auges nach Verlust des rechten Oberlids, links wurden die Nekrosen abgetragen und mit Kunsthaut versorgt.

Allgemeinmedizinische und chirurgische Versorgung

In den nächsten Tagen schlossen sich weitere kleinere Eingriffe an: So wurde ein Luftröhrenschnitt zur längerfristigen Beatmung notwendig und es folgte bei lokaler Besserung eine Lysebehandlung der Unterschenkelarterien des linken Beins, die durch Thromben verschlossen waren.

Hervorzuheben bleibt, dass die Patientin für eine kurze Zeit dialysiert werden musste und schließlich die Unterschenkelamputation nicht zu umgehen war. Später mussten dann auch die Fingerendglieder entfernt werden. Nach allgemeiner Besserung wurde die Patientin mit einer Unterschenkelprothese versorgt.

Die Gesichtsrekonstruktion

Die durch den Gewebeverlust entstandenen Defekte im Gesicht wurden über mehrere Jahre mit State of the Art-Methoden Schritt für Schritt wiederhergestellt. Um die Funktion des rechten Augenlids zu rekonstruieren, transplantierten die Hannoveraner MKG-Chirurgen Vollhaut vom Oberarm, rechts wurde der Gewebelappen so verlängert, dass eine ausreichende Bedeckung gewährleistet war. Die Wange konnte schrittweise mit ortsständigem Gewebe wiederhergestellt werden. Nach rund neun Wochen konnte die Patientin auf die Normalstation verlegt und nach weiteren zwei Monaten in eine Rehabilitationsbehandlung entlassen werden.

Im weiteren späteren Verlauf führten die Spezialisten in großen Abständen noch kleinere kosmetische Korrekturen durch, der letzte Korrektureingriff fand vor rund drei Monaten statt.

Das Ergebnis: gerettet und rehabilitiert

Heute ist die Patientin auch unter ästhetischen Gesichtspunkten voll ins tägliche Leben integriert (Abbildung 6).

Fazit

Die Entwicklung selbst einer solch extremen Phlegmone ist schicksalhaft! Sie entsteht durch einen Infekt mit  ß-hämolysierenden Streptokokken. Jene produzieren ein Exotoxin6, das hohes Fieber und Schocksymptome auslöst. Das rechtzeitige Erkennen ist lebensrettend, wie der vorliegende Fall zeigt.

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