Endlich auf der Zielgeraden?
Wie dringlich die neue Approbationsordnung für den Berufsstand ist, machte die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) im Vorfeld der letzten Sitzung des Bundesrats vor dem Ende der Legislaturperiode deutlich. Auf einer Informationsveranstaltung für die Gesundheitsreferenten der Landesvertretungen beim Bund legten die BZÄK-Verbandsspitze dar, dass es von zentraler Bedeutung für den Berufsstand sei, die längst überfällige Modernisierung der zahnärztlichen Ausbildung noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg zu bringen. Es gehe darum, an die Bundesländer zu appellieren, den Gesetzgebungsprozess zu Ende zu führen und nicht in die nächste Legislaturperiode zu verschleppen.
BZÄK-Präsident Engel: "Ausbildung, von der Lernende, Lehrende und Universitäten profitieren"
BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel: „Es besteht ein dringender Novellierungsbedarf, um die Ausbildungsqualität zu sichern und damit die künftige Versorgung der Patienten weiter zu gewährleisten.“ Notwendige strukturelle Anpassungen in der zahnärztlichen Ausbildung würden durch die alte Verordnung verhindert. Engel betonte, dass es keinerlei Diskrepanzen in fachlicher Hinsicht gebe. Die Verordnung garantiere eine adäquate, moderne und zeitnahe Ausbildung, von der Lernende, Lehrende wie auch die Universitäten profitierten.
Alle vorherigen Novellierungsbemühungen seien aber bisher daran gescheitert, dass die Politik nicht mehr Geld für die Ausbildung der Studierenden ausgeben wolle. Der jetzige Entwurf gehe auch von einer Kostenneutralität aus, die aber de facto nicht umsetzbar sei. Die Bundesratssitzung am 22. September sei die vorerst letzte Möglichkeit, die Novelle anzustoßen. Engels dringende Bitte an die Referenten: „Nehmen Sie die Sache ernst.“
VHZMK-Präsident Luthardt: "Bedarf an Zahnärzten wird steigen"
Auf Kostenaspekte aus Sicht der Universitäten ging Prof. Dr. Ralph G. Luthardt, Präsident der Vereinigung der Hochschullehrer für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (VHZMK), ein: „Nur mit der Absenkung der Studierendenzahlen werden wir die Kosten nicht auffangen können.“ Die Novelle gehe von der Annahme aus, dass der Bedarf an Zahnärzte sinke. Tatsächlich sei aber – aufgrund der demografischen Entwicklung – ein steigender Behandlungs- und Therapiebedarf festzustellen, damit steige auch der Bedarf an Zahnärzten. Zudem hätten jüngere Zahnärzte geänderte Lebensmodelle und die Lebensarbeitszeit sinke. Eine Reduktion der Studienplätze sei unrealistisch.
Luthardt verdeutlichte den Referenten auch, dass bei der geplanten verbesserten Betreuungsrelation von 1:3 (statt vorher 1:6) keineswegs weniger Personal, sondern mehr Personal erforderlich sei. Luthardt: „Zahnärzte bekommen nur dann eine gute Ausbildung, wenn sie auch selbst behandeln dürfen.“ Dies sei aber sehr zeit- und betreuungsintensiv. Für den erhöhten Personalbedarf und Aufwendungen für die Infrastruktur rechnet die VHZMK mit einem Effizienzfaktor von 0,66.
Die laufenden Kosten pro Jahr bezifferte Luthardt mit 65 bis 69 Millionen pro Jahr. Sein Fazit: „Wenn die Betreuungsrelation verbessert werden soll, kann es keine Kostenneutralität geben.“ Und wichtig für die Hochschulen: Die steigenden Kosten machen sich erst ab dem 3. Studienjahr bemerkbar, wenn es in die praktische Betreuung der Studierenden geht.
BdZM-Vorsitzender Voß: "Engmaschige Betreuung ist effektiv"
Auch aus Sicht der Studierenden sei dringender Handlungsbedarf erforderlich, betonte Maximilian Voß, Vorsitzender des Bundesverbandes der Zahnmedizinstudenten in Deutschland (BdZM). Die neue Verordnung sei realitätsnah und fächerübergreifend, betonte er. Als effektiv unterstrich er vor allem die engmaschige Betreuung der Studierenden, die am Patienten ausgebildet werden sollen. Wer am Patienten arbeite, brauche Zeit. Es gehe darum, den Patienten vom Anfang bis zum Ende zu behandeln, dazu müsse der Betreuer den Studierenden auch bei allen Schritten begleiten.
BZÄK-Vizepräsident Benz: "Mehr allgemeinmedizinisches Know-how"
Prof. Dr. Christoph Benz, Vizepräsident der BZÄK, führte einige dringliche Gründe an, weshalb die neue Approbationsordnung jetzt auf den Weg gebracht werden sollte:
Mehr multimorbide Patienten kommen in den Praxen, die häufig medikamentös behandelt werden. Deshalb muss eine Neugewichtung der Ausbildungsinhalte durch eine fachliche Weiterentwicklung des Curriculums des Zahnmedizinstudiums in Richtung Medizin, Prävention, Therapie und Alterszahnheilkunde erfolgen.
Bei insgesamt 2,9 Millionen Pflegebedürftigen (mit steigender Tendenz) muss die Pflegezahnmedizin ausgebaut und flexibel in die Strukturen der universitären Ausbildung eingebunden werden. Gerade in diesem Bereich fühlen sich die Studierenden nicht ausreichend ausgebildet, so Benz. Famulatur und Pflegepraktika seien hier unterstützend.
Im Bereich der Parodontitisbehandlung werden jetzt neue Schwerpunkte gesetzt. Angehende Zahnmediziner müssen vermehrt präventives und allgemeinmedizinisches Know-how vermittelt bekommen, da Mund- und Allgemeingesundheit eng miteinander verknüpft sind.