Ist Stillen ein Übertragungsweg?

Erstmals SARS-CoV-2 in Muttermilch nachgewiesen

LL
Gesellschaft
Zum ersten Mal weisen Ulmer Forscher das neuartige Coronavirus in der Muttermilch einer infizierten Frau nach. Ob sich ihr ebenfalls erkranktes Baby über das Stillen angesteckt hat, ist unklar, aber möglich.

Tatsächlich haben Virologen in der Universitätsmedizin in Ulm das SARS-CoV-2-Virus zum ersten Mal in der Muttermilch einer Infizierten nachgewiesen. Da sich auch ihr Neugeborenes infiziert hatte, stellt sich nun die Frage, ob das Virus sich über das Stillen übertragen kann. Bislang wurde es vor allem über Tröpfchen weitergegeben.

Von zwei infizierten Frauen hatte eine Viren in der Muttermilch

Zur Untersuchung: Nach der Entbindung hatten sich zwei gesunde Mütter mit ihren Babys in der Klinik ein Zimmer geteilt. Als eine der Frauen Krankheitssymptome entwickelte, wurde sie mit ihrem Neugeborenen isoliert und positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Die Zimmernachbarin bemerkte erst nach der Entlassung typische Symptome wie Husten, leichtes Fieber sowie einen Verlust ihres Geruchs- und Geschmacksinns. Daraufhin wurde auch sie positiv auf SARS-CoV-2 getestet.

Während sich in den Muttermilch-Proben der zuerst erkrankten Frau keine Hinweise auf das neue Coronavirus fanden, war das SARS-CoV-2 Ergebnis in den Milchproben der zweiten Mutter vier Mal hintereinander positiv. Dabei ermöglichte die angewandte Methode, die quantitative Echtzeit-PCR (RT-qPCR), nicht nur den Nachweis einer Infektion, sondern auch eine Bestimmung der Viruslast. Diese lag bei etwa 100.000 viralen Genomkopien pro Milliliter Muttermilch. Nach 14 Tagen war kein Virus mehr in der Muttermilch nachweisbar und Mutter wie Kind erholten sich von COVID-19.

Der Übertragungsweg ist nicht eindeutig feststellbar

Seit Beginn der Symptome hatte die später erkrankte Mutter beim Umgang mit dem Säugling eine chirurgischen Mund-Nasen-Schutz getragen sowie ihre Hände und Brüste desinfiziert. Zudem sterilisierte sie regelmäßig die verwendete Milchpumpe und weitere Stillutensilien. Dennoch bleibt unklar, ob sich das Baby tatsächlich beim Stillen infiziert hat.

„Unsere Studie zeigt, dass SARS-CoV-2 bei stillenden Frauen mit akuter Infektion in der Muttermilch nachweisbar sein kann", erklärt Studienleiter Prof. Jan Münch vom Ulmer

Institut für Molekulare Virologie

.  "Aber wir wissen noch nicht, wie oft dies der Fall ist, ob die Viren in der Milch auch infektiös sind und durch das Stillen auf den Säugling übertragen werden können“.

Die erstmalige Feststellung des Virusvorkommens in der Muttermilch fand im Rahmen des EU-Projekts Fight-nCoV statt, das über das mit 2,8 Milliarden Euro gefördert HORIZON-Programm von der Universität in Stockholm geführt wird.

Münch, J. et al. 2020 in The Lancet: Detection of SARS-CoV-2 in human breastmilk DOI:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31181-8

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