Flüchtlingszahnmedizin: Die Liste bringt Sicherheit!

sg
Zahnmedizin
Mehr als 1.000 Zahnärzte und Praxisteams nahmen an Informationsveranstaltungen der KZVB zur Versorgung von Asylbewerbern teil. "Wir vermitteln die Leitplanken", sagt ihr Referent für Vertragswesen, Dr. Cornelius Haffner, und beantwortet hier die wichtigsten Fragen.

zm: Über was wurde konkret informiert?

 

Dr. Cornelius Haffner

: Neben den rechtlichen Grundlagen - hier dem Asylbewerberleistungsgesetz und einer gesonderten Rahmenvereinbarung zwischen der KZVB und den Kostenträgern - wurden Leitplanken vermittelt. Die sollen helfen, die zahnärztliche Versorgung von Asylbewerbern sowohl in der regelgerechten Durchführung wie auch bei der anschließenden Abrechnung sinnvoll zu gestalten.

Die Veranstaltung klärte die wichtigsten Fragen zur Abrechnung von an Asylbewerbern erbrachten Leistungen: Welche Behandlungen muss beziehungsweise darf ich durchführen? Wie sind die erbrachten Leistungen abzurechnen? Was ist bei der Aufklärung und Dokumentation zu beachten?

Was waren die drängendsten Fragen der zahnärztlichen Kollegen?

Natürlich wurde in erster Linie gefragt, wie sich der Umfang einer zahnärztlichen Versorgung von Asylbewerbern darstellt, welche Bema-Bereiche denn Zahnärzte anbieten müssten respektive können und wie diese abzurechnen sind.

Wir wurden darüber hinaus konfrontiert mit Fragen nach offensichtlichen Sprachbarrieren im Zusammenhang mit der Erhebung einer Anamnese und der Aufklärung vor Therapie sowie möglicher Rechtsfolgen.

Wo drückte sonst noch der Schuh?

Dankbar waren unsere Mitglieder vor allem über spezielle Anamnesebögen in 14 Sprachen, die wir dank einer besonders engagierten Kollegin seit Sommer 2015 über das Internet anbieten konnten. Ein ganz besonderes Anliegen war es, schon zu einem frühem Zeitpunkt - also vor Behandlungsbeginn - ausreichend über mögliche Infektionsgefahren informiert zu werden. Hier sind wir in engem Austausch mit dem Gesundheitsministerium, um gegebenenfalls einen einfachen Gesundheitspass zu etablieren.

###more### ###title### "Die rechtlichen Behandlungsgrundlagen können nicht erst beim Zahnarzt geklärt werden!" ###title### ###more###

"Die rechtlichen Behandlungsgrundlagen können nicht erst beim Zahnarzt geklärt werden!"

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der medizinischen Behandlung dieser Patientengruppe?

Die zahnmedizinische Versorgung ist - und das gilt nicht nur für Bayern - ausreichend und sinnvoll geregelt. Hier und da ist sicher immer wieder die Abstimmung mit den zuständigen Behörden und Kostenträgern notwendig. Eine besondere Herausforderung bleibt die sinnvolle Vorbereitung und Verteilung der Bedürftigen vor allem in den Großstädten. Die rechtlichen Grundlagen für die Behandlung (zum Beispiel Zahnbehandlungsscheine) können nicht erst in der Zahnarztpraxis geklärt werden und auch eine Terminvergabe schafft Sicherheit für alle Beteiligten.

Wie ist die zahnmedizinische Versorgungssituation bei Asylbewerbern einzuschätzen?

Eines lässt sich jetzt schon deutlich festhalten: Die Morbidität der Flüchtlinge, also der Handlungsbedarf stellt sich völlig anders dar, als wir das in den letzten Jahren bei der deutschen Bevölkerung erlebt haben. Langfristig muss davon ausgegangen werden, dass der Behandlungsbedarf zu einer Ausweitung der Kosten zunächst für die Kostenträger dann aber in der Folge für die gesetzlichen Krankenkassen führen wird. Dies darf natürlich nicht zulasten der Zahnärzteschaft gehen.

Spielen in Bayern Behandlungen über den Notfall hinaus eine Rolle - und welchen Stellenwert haben sie?

Der Erstkontakt findet in der Regel dann statt, wenn Zahnschmerzen bestehen, also der Flüchtling als Notfall in die Praxis kommt. In Kenntnis des Asylbewerberleistungsgesetzes und auch der Rahmenvereinbarung ist die Regelung hier eindeutig. Weitergehende Maßnahmen sind dann gegebenenfalls erst nach Rücksprache mit den Kostenträgern oder sogar nach Begutachtung möglich. Eine Anfertigung zum Beispiel von Zahnersatz ist eher die Ausnahme.

###more### ###title### "Die Liste bedeutet nicht die ausschließliche Festlegung auf ein Therapiespektrum!" ###title### ###more###

"Die Liste bedeutet nicht die ausschließliche Festlegung auf ein Therapiespektrum!"

Mit welchem Ziel wurde in Bayern die Positivliste zwischen der KZVB und dem Sozialministerium vereinbart?

Die Liste schafft zunächst im Kollegenkreis die notwendige Sicherheit entsprechende Leistungen einsetzen und abrechnen zu können. Darüber hinaus bedeutet die Liste aber nicht die ausschließliche Festlegung auf ein Therapiespektrum, etwaige Therapieverfahren, die nicht durch die Liste erfasst sind können nur nach vorheriger Rücksprache und Genehmigung durch den Kostenträger erfolgen.

Wie schätzt die KZVB die Positivliste ein?

Die Positivliste beschreibt für alle Beteiligten den notwendigen und sinnvollen Umfang der zahnärztlichen Versorgung und setzt dabei das Asylbewerberleistungsgesetz sowie die Vereinbarung zwischen KZVB und Kostenträgern um. Das muss auch zukünftig die Strategie der Zahnärzteschaft sein: Im geltenden gesetzlichen Rahmen werden die Therapiemöglichkeiten beschrieben und können dann unbürokratisch durch die Kollegen aber eben auch durch die Behörden umgesetzt werden.

Die Fragen stellte Stefan Grande.

Dr. Cornelius Haffner begleitet die Info-Veranstaltungen der KZVB zur zahnärztlichen Versorgung von Asylbewerbern, die seit Mitte 2015 in allen bayerischen Regierungsbezirken stattfinden.

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