Frauen bewerten Gesundheitswesen kritischer als Männer
Frauen bewerten das deutsche Gesundheitswesen kritischer als Männer, zeigt eine Untersuchung der Wirtschafts- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Ihre Skepsis äußert sich vor allem im Urteil zur Krankenhausversorgung, heißt es im neuen „Healthcare Barometer 2022”. Danach sind lediglich 57 Prozent der Frauen damit zufrieden, während es unter den Männern 69 Prozent sind. Ein ähnliches Bild zeichnet sich in der allgemeinen Bewertung des deutschen Gesundheitssystems ab, das 62 Prozent der Männer, aber nur 57 Prozent der Frauen zu den drei besten der Welt zählen. Die repräsentative Befragung erfolgte unter 1.000 Bürgerinnen und Bürgern. PwC veröffentlicht die Befragung bereits zum achten Mal in Folge.
Eine Rolle bei der größeren Skepsis von Frauen gegenüber dem Gesundheitswesen spielt der Untersuchung zufolge auch, dass sie sich in der Regel stärker mit dem Thema Gesundheit beschäftigen und dadurch einen besseren Einblick haben. „Wir müssen Frauen als Zielgruppe stärker in den Blick nehmen, so wie es auch die Gendermedizin fordert,” kommentiert Sevilay Huesman-Koecke, Head of Business Development Gesundheitswirtschaft bei PwC Deutschland, die Ergebnisse. Es dürfe nicht sein, dass Frauen noch immer in Forschungsstudien unterrepräsentiert seien und ein höheres Komplikations- und Sterberisiko bei Operationen hätten, insbesondere wenn ein Mann operiere, wie kanadische Wissenschaftler kürzlich herausgefunden hätten. „Wir können die medizinische Versorgung nur dann nachhaltig verbessern und die individualisierte Medizin fördern, wenn wir die gesundheitlichen Unterschiede zwischen Frauen und Männern in den Fokus rücken,” bilanziert Huesman-Koecke.
Nur 43 Prozent sind mit der ambulanten Versorgung zufrieden
Insgesamt lässt sich laut der Untersuchung feststellen, dass die Deutschen den Gesundheitssektor wieder kritischer beurteilen: Aktuell zählen nur noch 59 Prozent der Befragten das System zu den Top drei der Welt – vor einem Jahr habe dieser Wert noch bei 72 Prozent gelegen. Auch nach der Pandemiekrise wurde in der Untersuchung gefragt. So machte sich den Ergebnissen zufolge allgemein nach rund zwei Jahren Pandemie Ernüchterung breit – die Zustimmungswerte zur Versorgung in den Krankenhäusern seien gegenüber dem Vorjahr spürbar gesunken. Derzeit beurteilen sie nur noch 63 Prozent als „gut” oder „sehr gut”, während in der Vorjahresbefragung noch 72 Prozent Top-Noten gaben.
Leicht gestiegen ist hingegen laut Healthcare-Barometer die Zufriedenheit mit der Arbeit von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten: So erklären 43 Prozent der Umfrage zufolge, dass sie damit einverstanden sind – im Vorjahr waren es 41 Prozent. Als häufigsten Kritikpunkt äußerten die Patienten, dass der Arzt sich zu wenig Zeit nehme (35 Prozent). Gerade Berufstätige bemängeln laut der Untersuchung außerdem, dass die Öffnungszeiten der Praxen nicht den eigenen Bedürfnissen entsprechen. In diesem Punkt sei deutlich zu erkennen, dass die Erwartungen der Patienten steigen, heißt es bei PwC dazu. Im Zuge der Digitalisierung spielten unter anderem ein verbesserter Service-Standard bei der Terminfindung und Kommunikation eine Rolle. Außerdem sei eine „kluge Verzahnung“ von digitalen Gesundheitsangeboten und der persönlichen Zuwendung durch Ärzte erforderlich.