Freie Fahrt für das E-Rezept. Oder doch nicht?
Die Gesellschafter der gematik haben gestern in ihrer Versammlung beschlossen, sofort mit dem bundesweiten Rollout des E-Rezepts zu beginnen. Die gematik setzt dabei auf die neue Möglichkeit, dass Versicherte ein E-Rezept direkt mit der elektronischen Gesundheitskarte in der Apotheke einlösen können. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte dazu mit Nein gestimmt.
Wie die gematik meldet, stehe nun einer flächendeckenden Einführung des E-Rezepts nichts mehr entgegen. Ab Juli werde die Nutzung des E-Rezeptes deutlich vereinfacht, wenn es in ersten Apotheken möglich sei, E-Rezepte mittels elektronischer Gesundheitskarte (eGK) einzulösen. Bis Ende Juli soll dann ein Großteil der Apotheken in Deutschland bereit sein, Rezepte auf diesem Weg entgegenzunehmen.
KBV: Es fehlen die technischen Voraussetzungen
Mit der E-Rezept-Einlösung mittels eGK werde eine wesentliche Forderung der Ärztinnen und Ärzte umgesetzt – neben den bereits bestehenden Einlösemöglichkeiten App und Papierausdruck – einen digitalen Weg zu schaffen, der für alle Patienten in Deutschland einfach und barrierefrei sei.
Die KBV kritisiert, die Gesellschafterversammlung habe mit ihrem gestrigen Beschluss den stufenweisen Rollout des E-Rezepts vom 31. Mai 2022 aufgehoben. Dieser hätte für jede Stufe Erfolgskriterien definiert. Weiter heißt es von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, zurzeit seien die technischen Voraussetzungen für einen breiten Rollout des E-Rezepts ohnehin nicht vorhanden, weder bei Apotheken, Arztpraxen noch bei Patienten.
Führt der vorschnelle Rollout zu Ärger und Mehrarbeit?
Die KBV warnt deshalb vor den möglichen Folgen des gematik-Beschlusses: Könne ein E-Rezept in der Apotheke nicht eingelöst werden, müssten die Patienten erneut in die Arztpraxis, um ein Papierrezept zu erhalten. Für sie bedeute dies den doppelten Weg, für die Praxen zusätzliche Arbeit.
Aus Sicht der gematik sind die Apotheken in Deutschland schon seit September 2022 startklar für das E-Rezept. Auch nahezu alle Arztpraxen seien technisch dazu in der Lage, mit dem E-Rezept zu arbeiten, heißt es.
gematik halt verpflichtende Nutzung ab 2024 für unproblematisch
Für das zweite Halbjahr sei darum von besonderer Bedeutung, so die gematik weiter, dass (Zahn-)Ärztinnen und Ärzte im laufenden Rollout-Prozess von den jeweiligen Bundes- und Landesorganisationen „sowohl Orientierung als auch Unterstützung“ erhielten, damit in den Praxen flächendeckend auf das E-Rezept umgestellt werde und „Erfahrungen mit dem neuen Prozess gesammelt werden könnten“. So könne der Abschluss des Rollouts bis Ende 2023 sichergestellt werden – und alle Voraussetzungen für eine bundesweit verpflichtende Nutzung des E-Rezepts ab dem 1. Januar 2024 gegeben.
Die KBV kontert, es sei völlig unklar, ob das System unter voller Belastung überhaupt funktioniere. Man dürfe schließlich nicht außer Acht lassen, dass es sich bei dem E-Rezept um eine Massenanwendung handele, bei der pro Tag ein bis eineinhalb Millionen E-Rezepte erstellt würden.