Frühjahrsfest von KZBV und BZÄK in der Britischen Botschaft Berlin

"Gemeinsam an einer guten Versorgung arbeiten"

pr
Auf einen konstruktiven Dialog mit den Zahnärzten freute sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bei seiner ersten offiziellen Rede vor dem Berufsstand auf dem Frühjahrsfest von Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) am 15. Mai in Berlin. Mehr als 350 Gäste aus Politik, Verbänden, Wissenschaft und Medien trafen sich zum Netzwerken in der Britischen Botschaft.

Spahns Rede war von den Gästen mit Spannung erwartet worden: Wie positioniert sich der Minister zu zahnärztlichen Versorgungsfragen und zu seinen gesundheitspolitischen Vorhaben? Eines stellte er - mit verbindlichem und lockerem Ton - vorab fest: "Gute Versorgung geht nur mit Ärzten, Zahnärzten und den im Gesundheitswesen Tätigen." Er wolle mit den Zahnärzten einen regen Austausch pflegen und in einen konstruktiven Dialog treten: "Gemeinsam wollen wir an einer guten Versorgung arbeiten."

Zuvor hatte der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer den Anspruch der KZBV betont, Versorgung zu gestalten. Eßer: "Dies tun wir anhand belastbarer Daten und Analysen, auf der Basis wissenschaftlich fundierter Versorgungskonzepte und - wie ich meine - mit respektablem Erfolg. Auf dieser Grundlage suchen wir den Diskurs. Gemeinsam mit Ihnen möchten wir die Weichen für eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe und flächendeckende zahnärztliche Versorgung stellen." sagte Eßer zu dem Minister.

Eßer: "Die zahnärztliche Versorgung braucht eigenständige Lösungen."

Eßer machte deutlich, dass die zahnärztliche Versorgung eigenständige Lösungen braucht. Es reiche nicht aus, den Zahnärzten immer wieder die "Mütze der Ärzte" überzustülpen: "Durchaus sinnvolle Steuerungsinstrumente im ärztlichen Bereich sind nicht unbedingt automatisch auch für den zahnärztlichen Bereich geeignet. Das hat sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt. Vielmehr bedarf es maßgeschneiderter Lösungen, die den speziellen Belangen der vertragszahnärztlichen Versorgung angemessen Rechnung tragen."

Voraussetzungen dafür sind für Eßer Rahmenbedingungen, die jeden Zahnarzt immer wieder neu motivieren, ihren verantwortungsvollen Beruf mit Hingabe auszuüben und zugleich junge Kollegen überzeugt, das Risiko von Niederlassung und Selbstständigkeit auf sich zu nehmen.

Nur fachübergreifende MVZ haben im zahnärztlichen Bereich einen Mehrwert!

"Mein Job ist es, den Finger in die Wunde zu legen und auf Fehlentwicklungen konsequent hinzuweisen," sagte der Vorstandsvorsitzende weiter und hob einige für die Versorgung wichtige Bereiche hervor. Deutliche Kritik übte er an der aktuellen Ausgestaltung rein zahnärztlicher Medizinischer Versorgungszentren (MVZ).

Aufgrund der Sogwirkung von Zahnarzt-MVZ in Großstädten und Ballungsgebieten könne es künftig zu Engpässen und Unterversorgungen im ländlichen Raum und in strukturschwachen Gebieten kommen. Zudem werde die Vergewerblichung der Heilberufe und der medizinischen Versorgung durch arztgruppengleiche MVZ aktiv vorangetrieben.

"Wenn die Regierung tatsächlich gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Deutschland schaffen will, dann muss sie diesen fatalen Entwicklungen entschieden und wirksam entgegentreten. MVZ haben im zahnärztlichen Bereich nur dann einen Mehrwert, wenn sie fachübergreifend ausgestaltet sind!"

Sanktionen - in diesem Zusammenhang kein probates Mittel

Neben der Forderung nach einer Abschaffung der Degression, die die politisch gewünschten und gesetzlich verankerten Versorgungsziele gefährdeten, ging Eßer auch auf das neue Konzept der Zahnärzteschaft für die Bekämpfung der Volkskrankheit Parodontitis sowie die Chancen der Digitalisierung ein: "Ich sehe unseren Berufsstand hier gut aufgestellt: Wir sind technikaffin, offen und begeisterungsfähig für Innovationen. Unabdingbar ist für uns der Aufbau einer sicheren Kommunikationsstruktur und die Ausgestaltung der Digitalisierung in den Händen der Selbstverwaltung", sagte Eßer. Sanktionen seien in diesem Zusammenhang jedoch kein probates Mittel, sondern würden Misstrauen an Stellen befördern, an denen vielmehr Vertrauen dringend benötigt werde.

Minister Spahn versprach, sich dafür einzusetzen, eine Versorgung auf hohem Niveau flächendeckend möglich zu machen. "Die Situation ist nicht perfekt", sagte er und verwies auf Problembereiche wie Pflege, Wartezeiten beim Arzt, die Mundgesundheit von Kleinkindern oder die von Pflegebedürftigen. "Daran müssen wir konkret arbeiten."

Spahn: "Wenn Sie unzufrieden sind, bin ich es auch."

Den Patienten gehe es nur gut, wenn eine gute Versorgung gewährleistet sei. Und, so sagte er an die Zahnärzte gerichtet: "Wenn Sie unzufrieden sind, bin ich es auch." Der Minister mit einem Augenzwinkern weiter: "Seien Sie froh, dass von den Zahnärzten nicht so viel im Koalitionsvertrag steht - dann passiert Ihnen auch nicht so viel!"

Der Minister griff dennoch einige Punkte heraus, die im Koalitionsvertag explizit auf den zahnärztlichen Bereich gerichtet sind wie etwa die Anhebung der Festzuschüsse von 50 auf 60 Prozent sowie das digitale Bonusheft. "Prävention im zahnärztlichen Bereich hat sich gut etabliert", bemerkte er dazu.

"Entweder wir gestalten bald - oder es kommt anders!"

Ein großes Anliegen ist dem Minister die Digitalisierung: "Entweder wir gestalten bald - oder es kommt anders", bemerkte er dazu. Er ging auch auf die Anbindung an die Telematikinfrastruktur ein, er erwarte hier mehr Dynamik: "In 14 Jahren ist hier zu wenig passiert." Patienten wollten die digitalen Angebote nutzen, mit einem sicheren Datenschutz nach deutschen Standards. "Wir brauchen das sichere Netz. Und: Wir brauchen die Konnektoren." Bei der elektronischen Patientenakte komme es darauf an, einen Mehrwert für Zahnärzte wie auch für Patienten zu finden.

Digitalisierung und Pflege - diese beiden Bereiche griff BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel in seinem Grußwort heraus. "Wenn nun der Deutsche Ärztetag die telemedizinische Behandlung in Grenzen erlauben will, ist das nur ein weiterer Schritt einer andauernden Entwicklung", prognostizierte er.

Engel: "Das Gesundheitswesen darf den technischen Fortschritt nicht Google, Amazon & Co. überlassen!"

"Doch nicht alles, was technisch möglich ist, ist aus zahnärztlicher Sicht auch vertretbar oder wünschenswert. Dabei müssen wir uns über Sektorengrenzen hinweg und im Zusammenspiel mit der Politik auf einheitliche Standards, auf gemeinsame Maßnahmen, aber auch auf gewünschte Grenzen einigen. Das organisierte Gesundheitswesen darf den technischen Fortschritt nicht fachfremden Digital-Giganten wie Google, Amazon & Co. überlassen, die im Gesundheitsmarkt - und ich sage hier bewusst Markt - das große Geschäft wittern, sondern muss selbst mit innovativen Ideen aufwarten."

Verbesserungsbedarf sah Engel bei der Pflege. Hier setze sich die BZÄK seit fast 20 Jahren mit zahlreichen Projekten für eine bessere Betreuung und Prävention von Pflegebedürftigen ein, sagte er mit Verweis auf vermeintliche Vorwürfe an die Zahnärzteschaft aus dem jüngsten Barmer Zahnreport.

Engel forderte eine bessere zeitliche Berücksichtigung der Mundhygiene im Pflegealltag. Bei der Ausbildung von Pflegekräften müsse die Bedeutung der Mundhygiene entsprechend vermittelt werden. In Pflegeheimen müssten bessere Möglichkeiten für die Behandlung der Bewohner geschaffen werden. Kooperationsverträge zwischen Pflegeheimen und Zahnärzten müssten flächendeckend geschlossen werden.

Ein Tierarzt erhält für eine Zahnextraktion 12,82 Euro, eine Zahnärztin 7,88 Euro

"Zum Schluss", sagte Engel, "möchte ich Ihnen ein kleines Zahlenspiel nicht vorenthalten, dass mir ein Kollege aus dem BZÄK-Vorstand kürzlich mit auf den Weg gab: Ein Tierarzt erhält für eine Zahnextraktion bei einem Kleintier 12,82 Euro. Eine Zahnärztin bekommt für die Zahnextraktion bei einer Oberstudienrätin 7,88 Euro. Auch dem größten Haustierliebhaber bleibt hier ein Ungleichgewicht nicht verborgen. Deshalb, lieber Herr Spahn, hoffen wir, mit Ihnen eine wirkliche Anpassung unserer Gebührenordnung an die wirtschaftlichen Realitäten, die die Tierärzte bereits erhalten haben, endlich angehen zu können. Ein erster Schritt wäre die Angleichung des zahnärztlichen an den ärztlichen Punktwert, um die großen Unterschiede zwischen EBM und BEMA beziehungsweise GOÄ und GOZ abzumildern. Wir Zahnärzte wollen ja nicht alle auf Veterinärmedizin umschulen ..."

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