Gesundheitsvorsorge - eine persönliche Entscheidung

ck/dpa
Praxis
Die meisten Betriebe kümmern sich nach Ansicht der Unternehmerverbände genug um die Gesundheitsfürsorge ihrer Beschäftigten. Warum es dabei auch auf die Arbeitnehmer ankommt, erläutert der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), Volker Fasbender, im Interview.

Gesundheitsfürsorge im Büro und im Betrieb. Machen die Unternehmen genügend Angebote? 

Fasbender:Ja, aus unserer Sicht ist das inzwischen ein feststellbarer Trend. In vielen kleinen und großen Unternehmen finden Gesundheitstage statt, Vorreiter des Gesundheitsmanagements haben komplette Fitness- und Ernährungsprogramme. Immer mehr Unternehmen machen ihren Beschäftigten auf freiwilliger Basis Angebote für Gesundheitsmaßnahmen. 

Nehmen die Beschäftigten die Angebote auch an?

Gesundheitsvorsorge ist eine persönliche Entscheidung. Ohne Engagement und Bereitschaft des Mitarbeiters ist der Arbeitgeber erfolglos. Arbeitgeber können mit attraktiven Angebote Mitarbeiter für ein gesundheitsbewussteres Verhalten gewinnen. Sie können vor allem typische körperliche Belastungen im Job kompensieren.

Wichtig ist aber, dass jeder versteht, dass er mit seiner Lebensführung einen entscheidenden Einfluss auf seine Gesundheit hat: ausgewogene Ernährung statt jeden Tag Fleisch, lieber eine Treppe mehr steigen als nur Fahrstuhl und Auto fahren und lieber ein Bier weniger trinken als eines zu viel. 

Rückenschule, Stressprophylaxe, Ernährungstipps: Welche Angebote sind am effektivsten? 

Das hängt ganz von den Arbeitsbedingungen, dem Alter, der privaten Lebenssituation und dem gesundheitlichen Zustand der Arbeitnehmer und deren Entscheidungen ab. Arbeitgeber können nur Angebote machen. Stressbewältigung ist in hohem Maße auch abhängig von der Führungskultur im Unternehmen. Nicht die Vermeidung von Stress, sondern der Umgang mit Belastungssituationen und ein angemessenes Maß sind mit entscheidend für eine produktive Arbeitsatmosphäre und die langfristige Gesundheit und Leistungsfähigkeit. 

Was bringt beim Volksleiden Rückenschmerzen am meisten? 

Rückenschule oder Gesundheitstipps sind weniger entscheidend. Bei körperlich belastenden Tätigkeiten kann viel durch Erkenntnisse der Ergonomie und zunehmend auch durch den Einsatz von Technik abgefangen werden. Oft hilft es, die Arbeitnehmer dabei zu unterstützen, bestimmte Bewegungsabläufe so auszuführen, dass die Belastungen minimiert werden: "richtiges" Heben, Entlastung beim Sitzen, Einstellen von Bildschirmen. 

Welche Branchen sind bei den Angeboten zur Gesundheitsfürsorge führend? 

Die meisten Projekte und Programme sehen wir dort, wo schwerere körperliche Arbeit noch wirklich vorkommt: also in der Industrie. Aber auch die Dienstleister mit typischen Bürosituationen oder Logistikunternehmen bieten immer häufiger spezielle Unterstützung. 

Wo sehen Sie Nachholbedarf? 

Gesundheitsfürsorge über gesetzliche Leistungen hinaus ist eine Zusatzleistung des Arbeitgebers. In vielen Fällen kann das sinnvoll sein. Aber es ist nicht immer erforderlich, da immer mehr Arbeitsplätze fern von körperliche Belastung sind. Auch ohne Arbeitgeberleistungen ist eine gesundheitsfördernde Lebensgestaltung etwas, was jeder Arbeitnehmer in eigener Verantwortung erledigt. Also können wir kaum von Nachholbedarf sprechen. 

Ist Gesundheitsfürsorge vor allem ein Thema für große Betriebe? 

Keineswegs. Aber Großunternehmen neigen eher dazu, dies aus praktischen Gründen über Betriebsvereinbarungen oder sonstige Regeln zu gestalten. Dort ist das Thema also greifbarer. Sie haben in der Regel auch Personalabteilungen, in denen Spezialisten sich darum kümmern. Die gibt es im 50-Mann-Betrieb mit einer halben Stelle für die Lohnabrechnung nicht. 

Was können mittlere und kleinere Unternehmen tun? 

Die Krankenkassen und Rentenversicherung sind im ureigensten Interesse gefordert, gerade kleinen und mittleren Unternehmen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Kleinere Unternehmen regeln das oft auch pragmatisch über Vereinbarungen mit einem Fitnessstudio, über regelmäßige Besuche eines Masseurs oder Ernährungsberaters, gemeinsames Wandern et cetera. Das ist weniger greifbar und wird nicht so an die große Glocke gehängt.

Das Interview führte Ira Schaible, dpa.

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