Neue molekularbiologische Technik gegen Herpes-Simplex-1

Herpes-Simplex-Infektion in Zukunft heilbar?

Kerstin Albrecht
Zahnmedizin
Bislang war die Therapie gegen Herpes labialis oder Stomatitis aphthosa eine rein symptomatische, verblieben die Viren doch lebenslang im Körper. Eine neue Methode vermag die Virus-DNA deutlich zu reduzieren.

Zwei Drittel der Weltbevölkerung unter 50 Jahren sind laut Angabe der WHO mit dem Herpes-Simplex-Virus 1 (HSV-1) infiziert. Sie lösen Herpes labialis oder Stomatitis aphthosa aus mit juckenden, brennenden Fieberbläschen an den Lippen oder im Mund. Nach der Erstinfektion wandern die Herpes-Simplex-Viren entlang der Nervenbahnen in die regionalen Ganglien, wo sie lebenslang verbleiben. Dort ruhen sie, bis sie ausgelöst durch andere Infektionen, hormonelle Veränderungen oder psychischen Stress wieder reaktiviert werden und die schmerzhaften Bläschen wieder auftreten.

Bislang zielte eine Therapie der Herpes-Simplex-1-Infektion darauf ab, symptomatisch mit lokalen oder systemischen Virostatika zu behandeln, wie zum Beispiel dem Wirkstoff Aciclovir. Forscher des Fred-Hutchinson-Krebsforschungszentrums in Seattle, USA, verfolgten nun einen anderen Ansatz: Sie veränderten mit molekularbiologischen Techniken zielgerichtet die DNA des Virus. Im Ergebnis erreichte die neue Methode eine Virusreduktion in den oberen Halsganglien von 92 Prozent. Die Reduktion hielt über mindestens einen Monat nach der Behandlung an. Die verbliebene Menge an Virus reichte für eine Reaktivierung mit den bekannten Symptomen nicht aus.

Die Methode basiert auf dualer Meganuklease

Dies ist das erste Mal, dass Wissenschaftler in die Lage versetzt wurden, die meisten Herpesviren im Körper zu eliminieren", sagte der Seniorautor der Studie Dr. Keith Jerome, Professor in der Abteilung für Impfstoffe und Infektionskrankheiten des Krebsforschungszentrums in Seattle. "Wir zielen auf die Ursache der Infektion ab: die infizierten Zellen, in denen die Viren schlummern, und die Grundlage für die wiederholten Infektionen bilden."

Die Forscher schnitten mit Gen-Scheren an zwei Stellen Teile aus der Virus-DNA. Nur eine Gen-Schere zu verwenden, reichte nicht aus, denn das Virus konnte seine DNA dann wieder reparieren. Erst zwei Scheren – sogenannte Meganukleasen – in Kombination zerstörten das Virus in der befallenen Zelle.

"Wir verwenden eine duale Meganuklease, die auf zwei Stellen der Virus-DNA abzielt", sagte die Erstautorin der Studie Martine Aubert, leitende Wissenschaftlerin am Fred-Hutchinson-Krebsforschungszentrum. "Wenn es zwei Schnitte gibt, scheinen die Zellen zu sagen, dass die Virus-DNA zu beschädigt ist, um repariert zu werden. Dann kommen andere molekulare Akteure, um sie aus dem Zellkörper zu entfernen."

Test mit Herpes-Simplex-Virus Typ 2 starten

Die zweifache Genschere wird mit Hilfe eines Transporters – Genforscher sprechen von einem Vektor – in die infizierte Zelle gebracht. Die US-Wissenschaftler verwendeten dazu ein harmloses deaktiviertes Virus, ein Adeno-assoziiertes Virus (AAV), das sich als effizienter Carrier herausstellte. Es fand innerhalb der mit HSV-1 infizierten Mäuse den Weg in die Nervenbahnen hin zu den Zielzellen, in denen das Virus ruhte.

Die Forscher untersuchen die neue Methode nun auch im Hinblick auf das Herpes-Simplex-Virus Typ 2, das den Genitalherpes auslöst. "Dies ist ein kurativer Ansatz für orale und genitale HSV-Infektionen", sagte Aubert. "Ich sehe, dass es in naher Zukunft in klinische Studien geht."

Fred Hutchinson Cancer Research Center. "New gene therapy approach eliminates at least 90% latent herpes simplex virus 1." ScienceDaily. ScienceDaily, 18 August 2020.www.sciencedaily.com/releases/2020/08/200818094019.htmMartine Aubert, Daniel E. Strongin, Pavitra Roychoudhury, Michelle A. Loprieno, Anoria K. Haick, Lindsay M. Klouser, Laurence Stensland, Meei-Li Huang, Negar Makhsous, Alexander Tait, Harshana S. De Silva Feelixge, Roman Galetto, Philippe Duchateau, Alexander L. Greninger, Daniel Stone, Keith R. Jerome: “Gene editing and elimination of latent herpes simplex virus in vivo.“ Nature Communications, 2020; 11 (1)DOI: 10.1038/s41467-020-17936-5

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