Homeoffice auf Rezept?
Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Viele Beschäftigte wollen nicht mehr zurück ins Büro. Doch was passiert, wenn ein Arzt ein Attest ausstellt, das ausschließlich Homeoffice empfiehlt? Müssen Arbeitgeber das akzeptieren? Die Antwort lautet: Nein, kommentiert der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des VDAA-Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“. Rechtlich seien diese Atteste etwas ganz anderes als eine Krankschreibung. „Denn ein echtes Attest über Arbeitsunfähigkeit bescheinigt: Der Mitarbeiter ist so krank, dass er überhaupt nicht arbeiten kann. Ein Homeoffice-Attest sagt: Arbeiten ja – aber nur unter bestimmten Bedingungen“, so Görzel. „Das Problem: Diese Zwischenlösung kennt das Gesetz nicht. Es gibt kein ,halbes arbeitsunfähig'. Entweder jemand ist krank – oder eben nicht.“
Ohne echte Krankschreibung besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung
Wichtig laut VDAA: Wer nur ein Homeoffice-Attest vorlegt, gilt nicht automatisch als krank im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Das bedeutet: Keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Und auch keinen Beweiswert wie bei einer regulären Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Selbst wenn das Attest sich auf den Arbeitsweg oder den Büroplatz bezieht: Der Arbeitsweg gehört nicht zu den Arbeitspflichten. Wer nicht ins Büro kann, ist deshalb nicht automatisch krankgeschrieben.
Auch gebe es keinen allgemeinen Anspruch auf Homeoffice. Görzel: „Nur in wenigen Ausnahmefällen – etwa bei schwerbehinderten Menschen – kann ein solcher Anspruch bestehen. Ansonsten gilt: Der Arbeitgeber entscheidet, wo gearbeitet wird.“ Dabei müsse er zwar die Interessen der Mitarbeitenden berücksichtigen, darf aber auch die betrieblichen Abläufe nicht aus den Augen verlieren.
Empfehlung vom Arzt? Ja. Verpflichtung für den Chef? Nein!
Ein Homeoffice-Attest sei nur ein Hinweis. Arbeitgeber sollten darum genau hinschauen, worauf sich das Attest stützt. Was sind die konkreten gesundheitlichen Einschränkungen? Wäre auch eine andere Lösung im Betrieb denkbar? Es sei absolut legitim, nachzufragen, so der VDAA. „Und: Der Arbeitgeber hat sogar ein Recht darauf, die Hintergründe zu erfahren. Nur so kann er verantwortungsvoll entscheiden.“
Gibt der Arbeitnehmer keine weitere Informationen, könne das zu seinem Nachteil ausgelegt werden. Denn der Arbeitgeber brauche Fakten, um eine faire Entscheidung treffen zu können. Auch wichtig: Im Unternehmen spielen viele Faktoren eine Rolle – etwa Teamkommunikation oder Abstimmungsprozesse. All das darf in die Entscheidung einfließen.
Wer sich eigenmächtig ins Homeoffice verabschiedet, riskiert Ärger
Der Arbeitgeber darf entscheiden, ob die Arbeit vor Ort zumutbar ist. Hält sich der Arbeitnehmer nicht daran und arbeitet trotzdem von zu Hause, kann das Konsequenzen haben, etwa eine Abmahnung oder bei Wiederholung sogar Kündigung. „Die Rückkehr ins Büro ist keine Verhandlungssache – sondern eine Frage der Zumutbarkeit“, schließt der VDAA und stellt klar: Ein ärztliches Attest, das nur Homeoffice empfiehlt, ersetzt keine Krankschreibung. „Arbeitgeber müssen es nicht automatisch akzeptieren. Aber sie müssen es prüfen – und dabei das Gesamtbild sehen: Gesundheit, Arbeitsumfeld und betriebliche Erfordernisse.“