"In diesem Dunkel leuchtete die Menschlichkeit auf"

nh/pm
Gesellschaft
Angesichts der Erdbebenkatastrophe in Nepal rief Dr. Joachim Hoffmann aus Jena vor vier Wochen zu Spenden auf - fast 51.000 Euro kamen daraufhin zusammen. Zum Dank schrieb Klinikpräsident Bijaya Mali einen bewegenden Brief.

50.859,98 Euro in nur vier Wochen: Dr. Joachim Hoffmann, Initiator der Aktion, dankt für die große Spendenbereitschaft - sein Verein „Gesellschaft für medizinisch- technische Zusammenarbeit e.V.“   leitet das Geld direkt an die Chhatrapati Free Clinic (CFC) in Kathmandu weiter, die sich um die Bedürftigen vor Ort kümmert.

Ein erster Teil des Geldes sei schon auf dem Konto der Klinik angekommen, berichtet Hoffmann: "Der zweite Teil ist unterwegs. Wir können versichern, dass jeder gespendete Cent Kathmandu erreicht und dort in äußerst vertrauensvolle Hände gelangt."

"Helfen, wo das Geld wirklich gebraucht wird"

Seit 1992 sind Dr. Hoffmann und seine Frau Luise Zimmermann eng mit dem Leiter der Klinik und den Menschen dort verbunden. Mit ihrem Verein unterstützen sie die Einrichtung regelmäßig mit Sachmitteln, Experteneinsätzen vor Ort und Geldspenden.

"Die Chhatrapati Free Clinic funktioniert wie ein Verein", erläutert Hoffmann. Regelmäßig wird von der Gemeinschaft aller Mitglieder ein Leitungskomitee gewählt, das rechenschaftspflichtig ist. Dieses Komitee berät und entscheidet in einem transparenten Prozess über die Verwendung von Spenden. "Wir haben sichern können, dass das Geld direkt von Personen verwaltet wird, die wir lange persönlich kennen und die unser Vertrauen genießen. Es wird nicht über anonyme bürokratische Institutionen verteilt."

Spendenzweck: Soforthilfe und langfristige Unterstützung

Die Spendengelder werden nach zwei verschiedenen Bereichen aufgeteilt: Soforthilfe und langfristige Arbeit. Zur Soforthilfe zählt vor allem die Bereitstellung von Nahrung und Wasser, Medikamente und Verbandsmaterial sowie Decken, Zelte und Wellblechschutzhütten für obdachlos gewordene Familien, Kinder und Alte.

Außerdem werden „tin shelters“ eingerichtet. Diese haben im Vergleich zu Zelten wesentliche Vorteile: Sie widerstehen dem Monsunregen besser, werden in Nepal gefertigt und können sowohl als provisorische Schutzhütte als auch später für den Wiederaufbau von Häusern oder Schulen erwendung finden.

Zur langfristigen Unterstützung werden Spendengelder eingesetzt, um Disaster-Management-Trainings an der CFC zu unterstützen sowie Gebäudeschäden an der Klinik zu reparieren. Außerdem soll die Reinwasserversorgung der Einrichtung verbessert  und medizinische Geräten angeschafft werden, die man in Deutschland als Spende nicht bekommen kann.

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Klinikpräsident Bijaya Mali über die Lage vor Ort

In einem Brief vom 18. Mai 2015 beschreibt Bijaya Mali die Tage seit dem Erdbeben:

"Gleich nach dem Beben am 25. April waren es vor allem junge Menschen, die überall mit ihren bloßen Händen taten, was sie tun konnten. Eine halbe Stunde nach dem Beben sammelten sich unsere in Bergung trainierten Helfer in der Klinik, griffen zu Hacken, Schaufeln und allem Brauchbaren und versuchten, Menschen zu retten und zu helfen. Das Personal unserer Notaufnahme arbeitete zwei Tage ohne Pause, um die vielen Verletzten zu behandeln.

Ärzte und Krankenschwestern außer Dienst eilten in die Chhatrapati Free Clinic. Sie fühlten sich gesegnet, am Leben zu sein. Ich sah, wie nur langsam die Anspannung aus ihnen wich. Die ersten 16 Nachbarn wurden aus eingestürzten Gebäuden gebracht. 14 waren bereits tot. Zwei Menschen konnte zu einem neuen Leben verholfen werden. Bei manchen dauerte es drei Tage, bis der Tod beurkundet wurde. Die Polizei nahm die Formalitäten auf und dann erst wurden die Leichen den Familien übergeben. Unter ihnen war ein 2 1/2 Jahre altes Mädchen. Unsere Ärzte versuchten ihr Bestes, aber Gott hatte andere Pläne. Ich konnte meine Tränen nicht kontrollieren.

Einige meiner Freunde aus der Verwaltung sorgten dafür, dass sich um alles und jeden gekümmert wurde. Hariom Maharjan fuhr den Krankenwagen. Einige Leichen mussten im Krankenwagen zu den Ghats gefahren werden. Es gab einfach kein anderes Fahrzeug dafür. Der Wartebereich vor der Röntgenabteilung war überfüllt mit den Toten. Und doch: In diesen dunkelsten Stunden unseres Lebens leuchtete die Menschlichkeit auf. Unser Einsatz gab Hoffnung und bestärkte mich in dem, was ich in den letzten 15 Jahren gepredigt hatte und offenbarte den Sinn unserer Vorbereitungen auf eine Katastrophe solchen Ausmaßes.

Die Chhatrapati Free Clinic war für unsere Menschen da, als diese sie am meisten brauchten. Seit dem Beben im April behandelte die Notfallabteilung mehr als 500 Menschen. Das alte, statisch nachgerüstete Gebäude behauptete sich. Keine Risse sichtbar. Das neue Gebäude ist auch in gutem Zustand. Es gibt einige kleine Risse, die der Einsturz eines Nachbarhauses an unserem „Golden Jubilee“- Gebäude verursachte. Ja, alle Häuser sind in Ordnung so weit. Selbst unser schwächstes Haus, in dem die Büros und Lager sind, steht noch, aber ich fürchte um seine Standfestigkeit. Wenn dafür Zeit ist, müssen Experten die Gebäude prüfen.

Die bekannte Zeitschrift „Himal" berichtete über unsere Arbeiten und über die statische Nachrüstung des „Bir Ganeshman Singh" Blocks. Ich erinnere mich, wie Menschen mich beschimpften, mich verrückt nannten und mir vorwarfen, Geld zu verschwenden. Es ist das erste erdbebensichere Krankenhausgebäude in Nepal. Hätten wir diese Nachrüstung nicht in Angriff genommen, wäre die ganze CFC Geschichte. Nach dem 25. April nahmen tagelang rund 50 Personen Unterschlupf in diesem Gebäude. Nach dem Nachbeben kamen sie wieder. Leider musste ich ihnen erklären, dass der sicherste Ort ein offener Platz ist und dass das Krankenhaus kein Ort ist, um die Nacht zu verbringen.

Am Donnerstag gingen wir mit Ärzten und Schwestern in das Newardorf Dharmasthali, wo 250 Häuser zerstört wurden. In einer provisorischen Schutzhütte mitten auf dem Dorfplatz behandelten wir 125 Menschen, die bis dahin noch keine Hilfe erhalten hatten. Heute waren wir im Dorf Sangla, eine Stunde von Kathmandu entfernt. Zerstörung überall. Wir behandelten 183 Personen. Dr. Baran Yadav Ram, Präsident von Nepal, besuchte unser Camp. Er gratulierte uns auch zur Nachrüstung unseres alten Gebäudes.

Ich erhielt Eure E-Mail und danke Euch. Sie bestärkt uns und gibt mir Energie für die Arbeit für unsere Community. Mit Euren Vorschlägen zur Verwendung der Spendengelder stimme ich völlig überein. Ich schreibe diese Mail in Eile und werde Fotos nachsenden. Dank Euch allen.

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