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Ist eine E-Zigarette eine Zigarette?

ck/dpa
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Sie soll wie eine Zigarette aussehen, aber keine sein. Denn dann fiele sie in jedem Fall unter das Nichtraucherschutzgesetz. Mit dem Streit um die E-Zigarette befassen sich demnächst die Gerichte.

Nordrhein-Westfalen hat eines der schärfsten Nichtraucherschutzgesetze in Deutschland. Die Raucher müssen an vielen Orten auf den Tabakkonsum verzichten. Zugleich sind die sogenannten E-Zigaretten auf dem Vormarsch, quasi als Ersatzdroge.

Für das Gesundheitsministerium fällt die E-Zigarette unter das Gesetz. Mancher Gastwirt oder Spielhallenbetreiber sieht das aber anders. In den nächsten Monaten müssen sich darum erstmals die Verwaltungsgerichte in Köln und Minden mit dem Streit beschäftigen. 

Die Gastwirte klagen über Umsatzrückgänge, seitdem das Gesetz zum Schutz der Nichtraucher im Mai 2013 in Kraft trat. In den Spielotheken sei der Umsatz seitdem um 15 bis 20 Prozent gesunken, klagte Spielautomatenkönig Paul Gauselmann.

Tabakbranche steigt in den Markt ein

Auch die Zigarettenbranche dürfte ein Interesse daran haben, dass die E-Zigarette eine Alternative bleibt. Auf rund 500 Millionen Euro wird der Umsatz mit den E-Zigaretten in der EU geschätzt. Der Deutsche Zigarettenverband betont, der Einfluss der E-Zigaretten sei 2013 "noch nicht quantifizierbar" und darum kein Thema. Die Tabakkonzerne aber sind schon auf dem Markt oder bereiten sich darauf vor, bei den E-Zigaretten einzusteigen, wie etwa RJ Reynolds, British American Tobacco oder der US-Konzern Lorillard. Bisher kommen die Produkte vorwiegend aus China. 

Vertraute Namen

Wohl nicht ganz zufällig tauchen in den beiden anstehenden Verfahren vertraute Namen auf. Im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück betreibt der Neffe Paul Gauselmanns, Manfred Gauselmann, eine Spielothek. Als das Ordnungsamt ihn aufforderte, dort gegen E-Zigaretten vorzugehen, zog er vor das Verwaltungsgericht Minden. Zuvor hatte das Amtsgericht das Bußgeldverfahren eingestellt. 

Und Paul Gauselmann ließ über seinen Sprecher mitteilen, dass die E-Zigarette in den Merkur-Spielotheken "ein marginales Vorkommnis ist, welches wir im Moment noch weitestgehend tolerieren". Man werde aber einschreiten, wenn sich jemand belästigt fühlen sollte, "bzw. es eine eindeutige landesgesetzliche Regelung gibt". 

Rauchen versus Pyrolyse

Im Kölner Verfahren klagt ein Gastwirt. Sein Anwalt ist der Verwaltungsrechtler Prof. Holger Schwemer. Schwemer hat für den Verband des eZigarettenhandels ein Gutachten erstellt. Danach wird die E-Zigarette nicht vom Nichtraucherschutzgesetz erfasst. Der Gesetzestext erwähne die E-Zigarette nicht ausdrücklich. Dort werde nur vom "Rauchen" gesprochen, "und damit vom Vorgang der Pyrolyse, zu dem es beim Gebrauch der E-Zigarette aber nicht kommt".

In der Begründung des Gesetzentwurfs sei ganz klar auf E-Zigaretten verwiesen worden, entgegnete Christoph Meinerz, Sprecher von Gesundheitsministerin Barbara Steffens (SPD). Man lehne sich da eng an eine Klarstellung der Bundesregierung vom Dezember 2011 an. Darin heißt es: "Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass elektronische Zigaretten grundsätzlich unter das Bundesnichtraucherschutzgesetz fallen, da dieses Gesetz ein allgemeines Rauchverbot regelt, ohne dass "Rauchen" hinsichtlich des Konsums bestimmter Produktgruppen wie z. B. Zigaretten, Zigarren, Kräuterzigaretten oder elektrischen Zigaretten differenziert wird." 

Gefahr für Dritte ist nicht auszuschließen

Zudem habe das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Februar 2012 betont, dass Gefahren für Dritte "nach derzeitigem Kenntnisstand nicht auszuschließen" seien. Es gebe so viele verschiedene Flüssigkeiten, die sogenannten Liquids, dass fraglich sei, was ein Raucher im konkreten Fall tatsächlich inhaliert.

"Das BfR empfiehlt daher, E-Zigaretten in Nichtraucherbereichen wie herkömmliche Zigaretten zu behandeln und das E-Rauchen dort zu untersagen." Darüber müssen jetzt die Verwaltungsgerichte entscheiden. Konkrete Verhandlungstermine gibt es noch nicht.

von Matthias Benirschke, dpa

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