Jahrestagung: US-Zahnärzte behandeln Bedürftige

Claudia Pieper
Zahnmedizin
Tausend einkommensschwache Texaner haben die Nächstenliebe von US-Zahnärzten gespürt. Im Rahmen der ADA-Tagung, dem Zahnärztetag der USA, kamen sie in den Genuss einer kostenlosen Behandlung.

Als sich am vergangenen Sonntag um halb sechs Uhr morgens die Türen des Convention Centers in San Antonio öffneten, wartete schon eine lange Schlange von Patienten. Ihr Ziel: Eine kostenlose Zahnbehandlung am Rande der Jahrestagung der amerikanischen Zahnärztevereinigung ADA (American Dental Association).

Patienten warten seit zwei Uhr morgens auf eine kostenlose Behandlung

Viele von ihnen waren bereits mitten in der Nacht erschienen, um einen Platz auf einem Behandlungsstuhl garantiert zu bekommen. Eine Frau, die von dem lokalen Fernsehsender KSAT-TV interviewt wurde, sagte, sie habe seit halb zwei Uhr nachts gewartet. Sie bekam mehrere Füllungen und einen Zahn abgeschliffen. “Der wird mir jetzt nicht mehr in die Zunge schneiden”, sagte sie dankbar. Und weiter: “Mein Mann ist schwer behindert, und wir haben einfach kein Geld, um zum Zahnarzt zu gehen.”

800 Dollar sollte eine Extraktionkosten

Viele der Patienten kamen mit starken Zahnschmerzen. So auch eine junge Frau, die gegenüber den "San Antonio Express-News" angab, weder eine Zahnversicherung zu haben noch die 800 Dollar, die es kosten sollte, den Zahn zu ziehen, der ihr Kopf- und Zahnschmerzen verursachte. Nachdem ihr am Sonntag auf dem ADA-Kongress kostenfrei der Zahn entfernt wurde, sagte sie: “Das war ein Segen.”

937 Freiwillige, darunter 161 Zahnärzte, stellten sich am Sonntag den ganzen Tag zur Verfügung, um Menschen zu helfen, die sich eben keine adäquate Zahnversorgung leisten können. Dabei ist es nicht das erste Mal, dass die ADA in Kooperation mit der gemeinnützigen Organisation Mission of Mercy (MOM) eine solche Aktion durchführt.

US-Zahnärztin: “Wir haben eine Krise in der Zahnversorgung"

Bereits vor zwei Jahren waren über Tausend Einwohner San Antonios in den Genuss einer kostenfreien Behandlung im Wert von insgesamt 732 311 Dollar gekommen. MOM gibt an, seit 2008 rund 151 000 Menschen umsonst behandelt zu haben.

Zahnärztin Dr. Maria Lopez Howell, die seit 31 Jahren in San Antonio praktiziert und für die ADA als Konsumentenberaterin tätig ist, sagte zu KSAT: “Wir haben eine Krise in der Zahnversorgung – nicht nur in San Antonio.”

Obamacare lässt zahnärztliche Leistungen außen vor

Die unter Präsident Obama verabschiedete Gesundheitsreform hat zwar vielen Amerikanern einen besseren Zugang zur allgemeinen Gesundheitsversorgung geschenkt. Die Zahnversorgung - vor allem für Erwachsene - ist allerdings weitgehend aus den Reformbemühungen ausgeschlossen worden. So kommt es, dass weiterhin Millionen Menschen unter schlechter Zahngesundheit leiden.

Mehr als 75 Millionen Amerikaner, so die ADA, gehen in diesem Jahr nicht zum Zahnarzt, obwohl mehr als die Hälfte der US-Bürger über 30 an diversen Zahnkrankheiten leidet. Die ADA schätzt, dass amerikanische Zahnärzte allein im Jahr 2007 kostenlose oder kostenreduzierte Behandlungen im Wert von 2,16 Milliarden anboten.

Der Patient Protection and Affordable Care Act (Abkürzung PPACA) ist ein Gesetz der Vereinigten Staaten aus dem Jahr 2010, das den Zugang zur Krankenversicherung regelt und damit einen wesentlichen Aspekt des US-Gesundheitssystems darstellt. Es gilt als zentraler Bestandteil der Politik von US-Präsident Barack Obama, weshalb es in der politischen Auseinandersetzung auch als Obamacare bezeichnet wird.

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