Aktuelle Auswertung von Versichertendaten

Jeder zweite Ältere erhält potenziell unangemessene Medikamente

LL
Gesellschaft
Laut einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) haben rund 8,3 Millionen ältere Menschen in 2022 mindestens einmal ein potenziell inadäquates Medikament (PIM) verordnet bekommen. Dieses kann zu unerwünschten Wechsel- oder Nebenwirkungen führen, warnen die Autoren der Studie.

Mehr als jeder zweite Deutsche ab 65 Jahren (50,3 Prozent) war davon betroffen, der Anteil bei Frauen ist laut der Auswertung noch einmal deutlich höher als bei Männern. Grundlage der Auswertung sind die an 16,4 Millionen ältere GKV-Versicherte verordneten Arzneimittel, die auf der PRICUS-2.0-Liste verzeichnet sind. Die Liste enthält potenziell inadäquate Medikationen, die bei älteren Menschen vermieden werden sollte.

„Wir haben bei diesem Thema kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Durch Arbeitshilfen für die ärztliche Praxis, Patienteninformationen und auch die kostenfreie Bereitstellung der PRISCUS-2.0-Liste kann der Transfer in die Praxis unterstützt werden“, erklärt WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder.

Jede achte Tagesdosis ist ungeeignet

2022 war eine aktualisierte PRISCUS-2.0-Liste von potenziell ungeeigneten Arzneimitteln für ältere Menschen ab 65 Jahren veröffentlicht worden. Anhand dieser Liste und auf Grundlage der alters- und geschlechtsadjustiert hochgerechneten Arzneiverordnungen für über 65-jährige GKV-Versicherte ermittelte das WIdO kürzlich, dass immerhin 12,3 Prozent aller an ältere Menschen verordneten Tagesdosen potenziell ungeeignet sind.

Die Herausforderung: Die Arzneimittelversorgung der über 65-Jährigen ist geprägt durch die steigende Zahl der Erkrankungen im Alter und die Behandlung mehrerer, parallel vorliegender Krankheiten, so Schröder. Die Anzahl der gleichzeitig verordneten Arzneimittel nehme mit steigendem Alter deutlich zu. 43 Prozent der Versicherten über 65 Jahre wurden mit mehr als fünf verschiedenen Wirkstoffen gleichzeitig behandelt. Ältere Patientinnen und Patienten seien damit besonders gefährdet, unerwünschte Arzneimittelereignisse zu erleiden. Schröder warnt: „Medikamentennebenwirkungen wie Müdigkeit, Blutdruckabfall oder Sehstörungen können zu Stürzen oder kognitiven Einbußen führen und in manchen Fällen sogar lebensbedrohlich sein“.

Kompaktversion für den Schreibtisch umfasst vier Seiten

Erfreulich sei daher, dass der Verordnungsanteil der potenziell inadäquaten Medikation in den vergangenen zehn Jahren zurückgegangen ist: Hatte der Verordnungsanteil dieser Arzneimittel bei älteren Menschen im Jahr 2013 noch bei 14,6 Prozent gelegen, so lag er 2022 bei 12,3 Prozent.

Um den Wissenstransfer in die Praxis zu fördern, hat das WIdO eine kompakte Zusammenfassung der PRISCUS-2.0-Wirkstoffe als Arbeitshilfe für Ärztinnen und Ärzte erstellt. Sie steht im Gesundheitspartner-Portal der AOK zum Download zur Verfügung. Schröder verwies zudem auf die kostenlose Bereitstellung der kompletten PRISCUS-2.0-Liste durch das WIdO und eine aktuelle Patienteninformation des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum Thema.

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