"Kassenwettbewerb auf dem Rücken der Patienten"
Nach Medienberichten haben die gesetzlichen Krankenkassen im ersten Halbjahr 2015 ein Defizit von fast einer halben Milliarde Euro verbucht - ungeachtet der positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Immerhin waren im Mai mit 30,6 Millionen mehr als eine halbe Million mehr Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt als ein Jahr zuvor; der Nominallohnindex lag im ersten Quartal 2,5 Prozent über dem Vorjahreswert.
"Das ist unredlich!"
Gassen verwies zur Erklärung auf den gesunkenen Beitragssatz: „Der Beitragssatz lag im Jahr 2014 bei durchschnittlich 15,5 Prozent, in diesem Jahr bei 15,43 Prozent. Diese Differenz mag klein erscheinen, bedeutet aber für das Gesamtjahr einen Einnahmeverlust von etwa 900 Millionen Euro. Damit ist klar, woher das Defizit rührt.“
Der KBV-Chef warnte davor, den Wettbewerb um niedrige Beitragssätze auf dem Rücken der medizinischen Versorgung auszutragen. Schon 2014 hatte er die Beitragssatzsenkung der AOK-Plus und der AOK-Sachsen-Anhalt um 0,6 Prozent auf 14,9 Prozent gerügt. „Nun argumentieren die Kassen, dass notwendige Investitionen in die medizinische Versorgung wegen des Defizits nicht machbar wären. Das ist unredlich.“
"Für Kostendämpfungsmaßnahmen gibt es keine Grundlage"
Der Geschäftsführer des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried, plädierte dafür, zunächst die offiziellen Zahlen aus dem Bundesgesundheitsministerium abzuwarten. „Schon jetzt werden wieder Bürgerversicherung oder Kostendämpfungsmaßnahmen als Lösungen vorgeschlagen. Dafür gibt es überhaupt keine Grundlage."
Aus den Zahlen für das erste Quartal 2015 gehe hervor, dass die Kassen ohne die Beitragssatzsenkung insgesamt sogar einen Überschuss erzielt hätten. "Außerdem werden Finanzreserven der GKV von 25,3 Milliarden Euro ausgewiesen. Die Finanzsituation ist also insgesamt mehr als positiv. Dieses Bild wird sich mit Vorlage der Zahlen für das erste Halbjahr 2015 nicht wesentlich ändern.“