Keine Sonderrechte für Geimpfte
Derzeit sollte eine individuelle Rücknahme staatlicher Freiheitsbeschränkungen für Menschen, die gegen COVID-19 geimpft sind, nicht erfolgen. Das betonte der Deutsche Ethikrat heute bei der Vorstellung seiner Adhoc-Empfehlung zum Thema „Besondere Regeln für Geimpfte?“ vor der Presse in Berlin.
Es sei noch nicht absehbar, ob die Geimpften weiter infektiös seien und andere anstecken könnten. Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Prof. Dr. Alena Buyx, sagte aber, dass die Einschränkungen von Grundrechten schrittweise aufgehoben werden könnten, sobald die Impfstrategie ihre Wirkung zeige.
Der Begriff "Privilegien" verwirrt
Buyx machte die Zielrichtung der Impfungen deutlich: „Es geht um die Wirksamkeit des Impfstoffs: Ich kann mich weniger anstecken und ich werde weniger krank. Es geht nicht darum: Ich bin nicht mehr ansteckend.“ Ganz klar wehrte sich Buyx gegen den Begriff „Privilegien“ im Zusammenhang mit den Geimpften, er sei verwirrend und heize die öffentliche Diskussion an.
Prof. Dr. Dr. Sigrid Graumann, Mitglied des Deutschen Ethikrats und Sprecherin der Arbeitsgruppe „Pandemie“, erklärte, dass die weitreichenden Einschränkungen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens nur so lange angebracht seien, wie das Gesundheitssystem akut zu überlasten drohe. Besondere Regeln für Geimpfte ergäben zum jetzigen Zeitpunkt schon aus medizinischer Sicht keinen Sinn und würden von vielen als ungerecht empfunden, solange noch nicht alle die Chance hatten, sich impfen zu lassen.
Die Impfung schütze vor allem nicht davor, andere zu infizieren. Neuere Daten für die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und Moderna seien für März angekündigt. Der Impfstoff von AstraZeneca-Impfstoff reduziere die Infektiosität um etwa die Hälfte. Hier gebe es aber noch viele offene Fragen. Das Virus werde aber auch mit der Impfung nicht einfach verschwinden.
Bei privaten Anbietern gilt die Vertragsfreiheit
Der Stellvertretende Vorsitzender des Deutschen Ethikrats, Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Lipp, kam auf mögliche Sonderbehandlungen für Geimpfte zu sprechen, wenn es um den Zugang zu Waren und Dienstleistungen privater Anbieter geht - etwa Veranstaltungen, Flüge, Restaurantbesuche. Hier herrsche Vertragsfreiheit, betonte er. Anders als bei den staatlichen Institutionen stehe es Veranstaltern frei, einen Ermessensspielraum gelten zu lassen.
Jedoch seien auch diese Anbieter an die staatlichen Regeln gebunden. Einschränkungen der Vertragsfreiheit könnten dann angezeigt sein, wenn es sich um Leistungen für eine „gleichberechtigte basale Teilhabe“ handele – etwa beim öffentlichen Nahverkehr.
Ein wichtiger Punkt für den Ethikrat ist die Situation in Senioren- oder Pflegeheimen. Die dort geltenden Ausgangsverbote und Einschränkungen von Besuchen und Kontakten seien gravierend. Sie sollten aufgehoben werden, sobald die Bewohner geimpft wurden, empfahl das Gremium. Das sei ethisch gerechtfertigt. Hier gehe es vor allem darum, eine Benachteiligung aufzuheben - statt eine Bevorzugung in die Wege zu leiten.
Diese sechs Empfehlungen gibt der Ethikrat:
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