Knapp 1 Prozent hatte Post-COVID
Die Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) offenbart zudem, dass seit Pandemiebeginn knapp 30 Prozent aller durchgehend erwerbstätigen AOK-Versicherten mindestens einmal im Zusammenhang mit einer COVID-19-Erkrankung krankheitsbedingt ausgefallen sind.
Beim allgemeinen Krankenstand verzeichnete das WIdO im vergangenen Jahr einen historischen Höchstwert: Etwa 2,3 Millionen der insgesamt 7,7 Millionen bei der AOK versicherten Beschäftigten wurden zwischen März 2020 und Dezember 2022 im Zusammenhang mit einer COVID-19-Erkrankung mindestens einmal krankgeschrieben. 71.651 Beschäftigte waren von einer Post-COVID-19-Erkrankung betroffen. Sowohl akute als auch Post-COVID-Erkrankungen erreichten im Frühjahr 2022 ihren vorläufigen Höhepunkt.
Für die Auswertung hat das WidO die AU-Daten von Beschäftigten mit einer akuten COVID-19-Erkrankung sieben Monate lang nachbeobachtet. Dabei zeigte sich, dass zwischen September und Dezember 2021, als die Delta-Variante dominierte, bei 2,5 Prozent (n = 5.477) der Erkrankten eine Post-COVID-Erkrankung folgte. Als die Omikron-Variante vorherrschte, kam es bei nur 1,1 Prozent (n = 9.171) zu einer Post-COVID-Erkrankung. Auch die durchschnittliche Länge der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Post-COVID-Erkrankung ist in der Zeit, in der die Delta-Variante vorherrschte, mit durchschnittlich 43,2 Tagen viel höher als in dem Zeitraum, in dem die Omikron-Variante dominierte (30,9 Tage).
Wenige Betroffene, aber die waren im Schnitt 30 Tage krank
„Im bisherigen Verlauf der Pandemie sind nur vergleichsweise wenige Beschäftigte wegen Post-COVID krankgeschrieben worden. Diese relativ wenigen Betroffenen haben aber lange AU-Zeiten von durchschnittlich 30 Tagen. Es muss gelingen, diesen Beschäftigten wieder den Weg in den betrieblichen Alltag zu ebnen“, kommentiert Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO, diese Ergebnisse. „Eine gute Nachricht ist, dass sowohl die Zahl der Betroffenen als auch die Schwere der Erkrankung, die aus den Ausfalltagen abgeleitet werden kann, im Verlauf der Pandemie nachgelassen haben."
Bei über 8 Prozent aller Post-COVID-Erkrankungen wurde auf der AU zusätzlich ein akuter Infekt der oberen Atemwege dokumentiert. Weitere häufige Komorbiditäten sind Unwohlsein und Ermüdung (4,7 Prozent), Dyspnoe beziehungsweise Kurzatmigkeit (3,4 Prozent), Husten (knapp 2 Prozent), Neurasthenie (1,5 Prozent) und Kopfschmerzen (1,4 Prozent).
Wie bereits frühere Auswertungen des WIdO zeigt auch die aktuelle Analyse, dass es bei Berufen in der Kinderbetreuung und -erziehung die meisten akuten COVID-Erkrankungen gab (32.240 Erkrankte je 100.000 Beschäftigte). Bei Post-COVID-Erkrankungen liegen sie mit 1.377 Erkrankten je 100.000 Beschäftigte auf dem zweiten Platz hinter den Beschäftigten in der Ergotherapie mit 1.578 Erkrankten je 100.000 Beschäftigte.
Besonders viele Arbeitsausfälle wegen akuter COVID-Diagnosen gab es zudem in Berufen der Sozialverwaltung und -versicherung (31.152 Erkrankte je 100.000 Beschäftigte), der pharmazeutisch-technischen Assistenz (30.886 Erkrankte je 100.000 Beschäftigte) und unter Medizinischen Fachangestellten (30.454 Erkrankte je 100.000 Beschäftigte).
„Es fällt auf, dass die Berufsgruppen, die am stärksten von akuten COVID-Erkrankungen betroffen waren, in der Folge nicht unbedingt die meisten Post-COVID-Ausfälle zu verzeichnen hatten“, so Schröder. „Diese Auffälligkeit ist vermutlich durch Unterschiede zwischen den Berufsgruppen hinsichtlich Altersverteilung, Geschlechtsverteilung und Vorerkrankungen zu erklären.“
Höchster Krankenstand seit 1991
Mit 6,7 Prozent erreichte der allgemeine Krankenstand 2022 den höchsten Stand seit Beginn der gesamtdeutschen Analyse von Daten AOK-versicherter Beschäftigter. Treiber dieser Entwicklung waren vor allem Atemwegserkrankungen: Während 2021 insgesamt 20,6 Prozent (n = 3.004.264) aller versicherten Beschäftigten aufgrund von Atemwegserkrankungen arbeitsunfähig waren, verdoppelte sich diese Quote 2022 mit 41,6 Prozent (n = 6.293.757) verdoppelt.
Nur bei knapp der Hälfte aller durchgängig versicherten Personen mit Post-COVID-Diagnose wurde vorab eine akute COVID-Diagnose dokumentiert (n = 38.723). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass bei der anderen Hälfte keine akute COVID-Erkrankung vorlag.
Ebenfalls auffällig ist, dass die Arbeitsunfähigkeitszeiten der Personen, bei denen vor der Post-COVID-Erkrankung eine akute COVID-Erkrankung dokumentiert worden war, mit durchschnittlich sechs Wochen (37,2 Tage) erheblich länger waren als bei denen ohne vorab dokumentierte akute COVID-Erkrankung (21,4 Tage).