Können die Krankenkassen bis zu 13 Milliarden Euro einsparen?
Das entspräche 0,4 bis 0,7 Prozentpunkten des Beitragssatzes beziehungsweise 2,5 bis 4 Prozent der GKV-Gesamtausgaben in Höhe von 327 Milliarden Euro
In Zeiten steigender Beiträge könnte die GKV so einen wesentlichen Beitrag zur Kostendämpfung leisten, teilt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit. Auf die Leistungsausgaben von rund 312 Milliarden Euro hätten die Kassen wenig Einfluss, da der Ansprüche der Patientinnen und Patienten im Sozialgesetzbuch weitgehend festgeschrieben seien.
Digitale Technik sollen sparen helfen
Die möglichen Einsparungen könnten stattdessen aber durch die Optimierung von Prozessen und den Einsatz digitaler Technologien erzielt werden. So könne etwa die Prüfung eingereichter Krankenhausrechnungen verbessert werden, sagen die Wirtschaftsprüfer. In geringerem Umfang gelte das auch für die Prüfung von Arzneimittelabrechnungen sowie bei der Bewilligung von Krankengeld und medizinischen Hilfsmitteln.
„Um die eigene Wettbewerbsfähigkeit in der aktuell angespannten Finanzlage zu stärken, sind die Kassen gut beraten, Kosten zu reduzieren“, sagt Dr. Gregor-Konstantin Elbel, verantwortlicher Partner für den Bereich der Kostenträger und Kassen bei Deloitte. „Entsprechendes Potenzial ist vorhanden. Doch zur Wahrheit gehört auch: Für umfassende Einsparungen im Gesundheitswesen ist der Gesetzgeber mit weitreichenden Reformen gefragt.“
Effizientere Bürokonzepte könnten Kosten senken
Mehr Einfluss hätten die Kassen auf ihre Verwaltungsausgaben, die mit knapp 13 Milliarden Euro allerdings einen geringeren Anteil der Gesamtausgaben ausmachten. Nach der Analyse könnte die GKV dabei mittelfristig bis zu einer Milliarde Euro (8 Prozent) einsparen. Maßnahmen wie eine stärkere Konsolidierung des Einkaufs oder effiziente Bürokonzepte könnten helfen, Kosten wieder zu senken.
Bei den Verwaltungsausgaben bestehe insgesamt ein erhebliches Einsparungspotenzial durch die Standardisierung und Automatisierung von Prozessen. So könne der Einsatz digitaler Technologien wie künstlicher Intelligenz (KI) zur Beschleunigung von Prozessen, zu besserem Service und zur Entlastung von Mitarbeitenden beitragen, teilt Deloitte mit.
Die meisten Anträge auf Hilfsmittel werden noch manuell beantwortet
„Bei einer Krankenkasse mittlerer Größe gehen in einem durchschnittlichen Jahr rund eine Million genehmigungspflichtige Anträge auf Hilfsmittel ein. 850.000 davon werden manuell genehmigt und beantwortet“, rechnet Elbel vor. „Das bindet rund 200 Mitarbeitende in Vollzeit, ist aber wenig effizient.“
Effizienzsteigerungen seien auch im eigenen Interesse der Kassen. Vor dem Hintergrund der Beitragssteigerungen in Rekordhöhe im vergangenen Herbst waren nach einer repräsentativen Deloitte-Befragung zu Beginn diesens Jahres 17 Prozent der GKV-Versicherten bereit, ihre Kasse zu wechseln. „Sollten diese rund zehn Millionen Versicherten tatsächlich wechseln, sorgt das für einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand und sinkende Einnahmen bei den Kassen, die die Versicherten verlassen möchten“, gibt Elbel zu bedenken.
Zur Methodik: Auf Basis umfangreicher Projekterfahrungen sowie öffentlich zugänglicher Finanzkennzahlen wurden die größten Ausgabenbereiche der in diesem Bereich effizientesten Krankenkasse als Benchmark definiert. Die Differenz zwischen der Benchmark und den übrigen Kassen ergibt das Einsparpotenzial. Demografie und Morbidität der Versichertenstruktur und die regionalen Besonderheiten der GKV-Landschaft in Deutschland wurden berücksichtigt.