TI-Pauschalen

KZBV: „Das ist eine maßlos überzogene Sanktion!“

mg
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) kritisiert die vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) neu festgelegten Pauschalen für die Nutzung und den Betrieb der Telematikinfrastruktur (TI).

„Die Vorgaben aus dem BMG sorgen für erheblichen Anpassungsbedarf in den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und setzen Zahnarztpraxen wieder einmal mit Sanktionen unter Druck“, sagt der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Karl-Georg Pochhammer. Besonders das kurzfristige Vorgehen des BMG hätte durch eine Verschiebung des Starttermins der neuen Pauschalen und geeignete Übergangsregelungen vermieden werden können: „Die neue TI-Pauschale soll ab dem 1. Juli gelten. Die Festlegungen hat uns das BMG aber erst kurz vor zwölf zugesendet“, so Pochhammer.

„Das BMG kippt der Vertragszahnärzteschaft die Vereinbarungsinhalte vor die Füße und die 17 KZVen müssen nun sehen, wie sie das Ganze administrieren können. Dabei hatten wir das BMG mehrfach darauf hingewiesen, dass die inhaltliche Umstellung auf die Monatspauschale dort einen hohen Anpassungsbedarf verursacht“, führt Pochhammer weiter aus. Auch die Eingabe der KZBV, die Beantragungs- und Nachweisführung abzubauen und somit den Bürokratieaufwand der KZVen zu senken, habe das BMG ignoriert.

Die Folgen ohne ein Mitwirken der Industrie sind fatal

Aus Sicht der KZBV sind die Folgen der neuen Vorgabe ohne ein Mitwirken der Industrie fatal. „Das BMG hat in der Hoffnung, dass die Industrie ihre Preise senkt, die Zahnarztpraxen an vielen Stellen unter Druck gesetzt“, erklärt Pochhammer. So fehle die Anpassung an das aktuelle Preisniveau und das Budget für Defektkomponenten werde ersatzlos gestrichen. Außerdem könne das BMG neue Anwendungen verpflichtend einführen und bei Nichtnutzung sofort sanktionieren. Neu eingeführte Anwendungen würden indes frühestens 2025 in die Pauschale eingerechnet.

Zudem müssten die Vertragszahnärzte künftig erst in Vorleistung gehen und die Komponenten auf eigene Rechnung kaufen. Die Erstattung erfolge dann über einen Umlagezeitraum von fünf Jahren. „Immerhin hier ist das BMG auf die Forderungen der KZBV eingegangen. Die Krankenkassen hatten zehn Jahre gefordert“, berichtet Pochhammer. „Vollkommen unverständlich ist hingegen die erhebliche Reduktion der Pauschale um 50 Prozent, wenn eine Zahnarztpraxis eine TI-Anwendung nicht rechtzeitig vorhalten kann. Das ist eine maßlos überzogene Sanktion.“

Das finanzielle Risiko wird auf die Praxen abgewälzt

Die KZBV hat darüber hinaus weiterhin erhebliche Zweifel daran, dass die neue Finanzierungssystematik dazu führt, dass die Industrie ihre Preise für die TI-Anwendungen anpasst. „Das BMG verspricht sich mit der neuen Regelung wirtschaftliche Anreize, aber anstatt das direkt an die Industrie zu adressieren, wird das finanzielle Risiko einseitig auf die Zahnarztpraxen abgewälzt. Ein politisches Bekenntnis zum besonderen Stellenwert der Vertragszahnärzteschaft und der Selbstverwaltung ist das nicht“, resümiert Pochhammer.

Auch die Ärzteschaft kritisiert das Vorgehen des BMG deutlich: „Dass angesichts der Vorgeschichte die Entscheidung des Ministeriums auf den letzten Drücker erfolgen würde, war abzusehen", sagte der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt. „Und da fängt der Ärger bereits an“, kommentiert Dr. Sibylle Steiner, Mitglied des Vorstands der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Beide beklagen die fehlende Übergangsfrist.

Ohne diese sei es für alle Beteiligten, vor allem aber für die Kassenärztlichen Vereinigungen, unmöglich, mit Wirkung zum 1. Juli die ihnen nur wenige Tage vorher überstellten neuen Regelungen umzusetzen. Dies führe in der Konsequenz möglicherweise dazu, dass die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen nicht nur über fünf Jahre für die Finanzierung des Konnektors in Vorleistung gehen müssen, sondern – für den Übergang – auch bei der Erstattung der Betriebskosten, heißt es. Der Hartmannbund hat das BMG darum aufgefordert, für die Umsetzung der TI-Pauschale eine Übergangsfrist von mindestens einem Quartal zu schaffen.

Zahnarzt-, Arztpraxen und Apotheken erhalten demnach ab Juli eine monatliche Pauschale für die Nutzung der Dienste der Telematikinfrastruktur. Nachdem sich KBV, KZBV und GKV-Spitzenverband nicht auf die Höhe der monatlichen TI-Pauschale einigen konnten, hat das BMG kurz vor Fristende die Summen festgelegt.

Übersicht: Monatliche TI-Pauschalen ab 1. Juli 2023

Die Höhe der Pauschale ist von der Praxisgröße und vom Ausstattungszeitpunkt abhängig. So erhält eine Praxis mit zwei Ärzten, deren Erstausstattung vor 2021 erfolgte und die den Konnektor noch nicht getauscht hat, beispielsweise eine monatliche Pauschale von 237,78 Euro, schreibt die KBV. Bei mehr als drei Ärzten sind es 282,78 Euro und bei mehr als sechs Ärzten 323,90 Euro. Wurde der Konnektor aufgrund abgelaufener Sicherheitszertifikate bereits getauscht und von den Krankenkassen finanziert, fällt die Pauschale geringer aus. Die Angaben der KBV gelten auch für Zahnarztpraxen.

TI-Pauschale 1

Bedingungen:

  • Noch keine Erstausstattung oder Erstausstattung erfolgte bereits vor dem 1. Januar 2021

  • Konnektor wurde noch nicht getauscht oder Tausch erfolgte bereits vor dem 1. Januar 2021

  • Alle Anwendungen installiert

Anzahl der Vertragsärzte in der Praxis

Höhe der Pauschale

Reduzierung der TI-Pauschale auf 50 Prozent, wenn eine Anwendung fehlt*

bis zu 3

237,78 Euro

118,89 Euro

mehr als 3 bis zu 6

282,78 Euro

141,39 Euro

mehr als 6

323,90 Euro

161,95 Euro

TI-Pauschale 2

Bedingungen:

  • Erstausstattung nach dem 31. Dezember 2020

  • Alle Anwendungen installiert

  • Die Pauschale wird für 30 Monate nach der Erstausstattung reduziert – ab dem 31. Monat erhalten die Praxen die TI-Pauschale 1.

Anzahl der Vertragsärzte in der Praxis

Höhe der Pauschale

Reduzierung der TI-Pauschale auf 50 Prozent, wenn eine Anwendung fehlt*

bis zu 3

131,67 Euro

65,84 Euro

mehr als 3 bis zu 6

143,29 Euro

71,65 Euro

mehr als 6

151,04 Euro

75,52 Euro

TI-Pauschale 3

Bedingungen:

  • Konnektortausch nach dem 31. Dezember 2020

  • Alle Anwendungen installiert

  • Die Pauschale wird für 30 Monate nach dem Konnektortausch reduziert – ab dem 31. Monat erhalten die Praxen die TI-Pauschale 1.

Anzahl der Vertragsärzte in der Praxis

Höhe der Pauschale

Reduzierung der TI-Pauschale auf 50 Prozent, wenn eine Anwendung fehlt*

bis zu 3

199,45 Euro

99,73 Euro

mehr als 3 bis zu 6

242,78 Euro

121,39 Euro

mehr als 6

282,23 Euro

141,12 Euro

* Wenn mehr als eine Anwendung fehlt, wird keine Pauschale gezahlt.

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