Landtag in Magdeburg berät über Zahnärztemangel in Sachsen-Anhalt

KZV warnt vor Wiedereinführung von Zulassungsbeschränkungen

pr
Politik
Der Landtag in Sachsen-Anhalt hat Maßnahmen zur Bekämpfung des Zahnärztemangels beraten. Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) plädiert für Zulassungsbeschränkungen, die Zahnärzteschaft sieht darin eine Gefahr für die Freiberuflichkeit.

In den kommenden Jahren droht in Sachsen-Anhalt ein starker Zahnärztemangel – vor allem in den ländlichen Gebieten. Wie man die zahnmedizinische Versorgung stärken kann, beriet Ende Februar der Landtag in Magdeburg. Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, will prüfen, ob durch eine Bundesratsinitiative das – frühere – Instrument der Zulassungsbeschränkungen wieder eingeführt und gegebenenfalls neue Steuerungsmöglichkeiten gesetzlich verankert werden könnten.

Vor diesem Schritt warnte jetzt die KZV Sachsen-Anhalt in einer an die Ministerin adressierten Stellungnahme: „Wir erachten die Wiedereinführung von Niederlassungsbeschränkungen als einen weiteren Frontalangriff auf die Zahnärzteschaft. Niederlassungsbeschränkungen beschneiden die zahnärztliche Freiberuflichkeit ebenso wie auch das Recht der Patientinnen und Patienten auf freie Zahnarztwahl“, betonte der KZV-Vorsitzende Dr. Jochen Schmidt.

Durch Regulierung begeistert man nicht für den Beruf

Er sei irritiert, dass Grimm-Benne Zulassungsbeschränkungen ins Auge fasse, um das Nachwuchsproblem zu lösen. „Glauben Sie tatsächlich, dass wir durch die Regulierung von Niederlassungen mehr junge Menschen für den Beruf des Zahnarztes und die zahnärztliche Tätigkeit in Sachsen-Anhalt begeistern können?“, fragte er. „Dem Nachwuchsmangel können wir nur begegnen, indem wir mehr positive Anreize setzen und die freiheitliche Berufsausübung fördern. Zulassungsbeschränkungen stehen dem diametral gegenüber.“ Und weiter: „Die Wiedereinführung von Zulassungsbeschränkungen würde zudem eine weitere Bürokratisierung des ohnehin schon von Bestimmungen und Regulierungen geplagten vertragszahnärztlichen Sektors verursachen.“

Anlass der Debatte im Landtag war der neue Versorgungsatlas 2030 der KZV. „Nennenswert ist für Sie in diesem Zusammenhang jedoch nur, dass der landesweite durchschnittliche Versorgungsgrad zuletzt bei 102,9 Prozent lag und landesweit im Jahr 2030 ein Versorgungsgrad von 74,1 Prozent erwartet wird“, so der KZV-Vorsitzende. „Dass in einzelnen Planungsbereichen dieser Wert bereits jetzt erreicht beziehungsweise unterschritten ist und die Versorgungsrealität in weiten Teilen des Landes deutlich entfernt von optimal ist, findet Ihrerseits jedoch genauso wenig Erwähnung wie unsere Prognose, die klar und deutlich zeigt, wie viele Menschen im Land bis 2030 in ein Versorgungsloch fallen werden und wie viele erforderliche Zahnärztestellen aktuell und in Zukunft unbesetzt sind beziehungsweise sein werden.“

Stattdessen gilt es positive Anreize zu setzen

So lief die Debatte im Landtag

Die Fraktion der Linken hatte mit einem Antrag die Landesregierung zum Handeln aufgefordert. Für acht von 14 Landkreisen werde eine Unterversorgung oder eine drohende Unterversorgung prognostiziert, stellte die Abgeordnete Nicole Anger fest. Der Mangel an Zahnärzten werde dazu führen, dass jede vierte Person in Sachsen-Anhalt nicht mehr zahnmedizinisch versorgt wird. Zwar gebe es bereits verschiedene Maßnahmen, wie das Zahnmedizinstudium im ungarischen Pécs oder ein Kombistudium in Gardelegen. Dies allein reiche jedoch nicht aus, so die Linken-Abgeordnete. Es brauche einen ganzheitlichen Ansatz, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Zahnärzten zu verbessern. 

In einem Alternativantrag warb die Fraktion der Grünen für einen ganzheitlichen Blick auf das Problem. Dazu gehöre auch die Prävention. Die Fraktion schlage vor, mit allen Partnern neue Versorgungsmodelle zu entwickeln, sagte die Abgeordnete Susann Sziborra-Seidlitz und nannte beispielhaft mobile Services, kommunale Praxisräume, Rotationssprechstunden, kommunale Gesundheitszentren samt Zahnmedizin sowie die Kopplung von Verkehrsknotenpunkten mit Gesundheitsangeboten.

Tobias Krull (CDU) betonte, damit junge Menschen nicht nur ein Zahnmedizinstudium in Sachsen-Anhalt absolvieren, sondern anschließend auch im Land bleiben, müssten auch die Kommunen ihren Teil beitragen, so dass sich die neuen Zahnärzte vor Ort wohlfühlen. Dazu zähle er ein Studienstipendium, eine Wohnung, die Kinderbetreuung und ein Job für den Partner. Den Vorschlag, die Niederlassungsfreiheit wieder einzuschränken, sah er kritisch. 

Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD) argumentierte, dass viele junge Menschen nach dem Studium lieber in ein urbanes Zentrum gingen, statt in eine Praxis in einer ländlichen Region in Sachsen-Anhalt einzusteigen. Umso wichtiger sei es, dass die Rahmenbedingungen für die ganze Familie des Zahnarztes stimmen. Zudem müsse man berücksichtigen, dass junge Menschen lieber angestellt arbeiten.

Für die FDP stellte der Abgeordnete Konstantin Pott fest, dass schon heute die Versorgung nicht mehr in jeder Region gesichert sei und es nicht leicht werde, dies kurzfristig zu ändern. Er würde als Erstes bei der Tatsache ansetzen, dass so wenige ausgebildete Zahnärzte im Land blieben.

Die Fraktion der AfDunterstützte den Antrag der Linken, inklusive des Konzepts einer kommunalen Versorgung.

Am Ende der Debatte wurden der Antrag der Linken und der Alternativantrag der Grünen in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (federführend) und in den Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt (mitberatend) überwiesen.

Grimm-Benne hatte zuvor ausgeführt, dass mit den Beschränkungen künftig Zulassungssteuerungen in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Regionen ermöglicht werden könnten. „Die KZV wird möglicherweise nicht besonders erfreut darüber sein“, so ihre (richtige) Einschätzung. „Aber ich werde mit meinen ostdeutschen Länderkolleginnen und -kollegen beraten, ob wir eine entsprechende Bundesratsinitiative prüfen.“ Auch für eine Landeszahnarztquote sei diese Zulassungsbeschränkung hilfreich, da von den 40 jährlich im Land ausgebildeten Studierenden nur 25 Prozent dort blieben. Ziel sei, dass die KZV Praxisniederlassungen so steuert, dass es wieder mehr Zahnärzte in unterversorgten Regionen gibt.

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