Brandbrief an Lauterbach zur Krankenhausreform

Landräte warnen vor irreparablen Schäden

pr
Die 71 Landräte in Bayern haben sich in einem Brandbrief an Bundesgesundheitsminister Lauterbach gewandt. Sie warnen vor irreparablen Schäden und Klinikschließungen bei der geplanten Krankenhausreform.

Die Landrätinnen und Landräte warnen in ihrem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor gravierenden Folgen der geplanten Krankenhausreform. Die an sich richtige Reform der Krankenhausvergütung in den vorliegenden Eckpunkten würden irreparable Schäden in der akutstationären Grund- und Regelversorgung in den ländlichen Regionen verursachen, heißt es.

Zahlreiche bayerische Landkreise würden aktuell hohe Betriebskostendefizite ihrer Häuser sehen. Sie könnten diese keinesfalls bis zum Abschluss der Konvergenzphase schultern. „Es droht eine willkürliche Schließung von Krankenhäusern in der Fläche, bei denen wir später nach der Anpassung der Krankenhausplanung erkennen, wie notwendig ihre Existenz – nicht zuletzt als Zielkrankenhäuser für die notfallmedizinische Versorgung – gewesen wäre.“

Der Vorwurf: Reform der Vergütung ist „übereilt“ und „isoliert“

Die Landrätinnen und Landräte fordern, zunächst die Logik des Reformprozesses anzupassen. Dabei müssten die Liquiditätsengpässe aufgrund der Preissteigerungen und Tarifabschlüsse, die die Krankenhäuser und ihre Träger nicht zu verantworten hätten, geschlossen werden. „Wir fordern Sie unmittelbar zur Bereitstellung und Freigabe der dafür benötigten Mittel auf!“ heißt es in dem Schreiben weiter. Danach müssten mit der Definition der Leistungsgruppen und ihrer Qualitätskriterien die Rahmenbedingungen für die Krankenhausplanung der Länder geschaffen werden, um die Auswirkungen der Reform auf die Krankenhauslandschaft konkret beurteilen zu können. Erst dann könnten die notwendigen Strukturentscheidungen sinnvoll und zukunftsfähig getroffen werden, argumentieren die Landräte. Eine übereilte und isolierte Reform der Krankenhausvergütung sei der falsche Weg.

Die Landrätinnen und Landräte verweisen außerdem auf eine Reform der Notfallversorgung, die von Anfang an mitgedacht werden müsse. Ansonsten werde es für die Rettungsdienste künftig noch schwieriger werden, ihren Auftrag zu erfüllen. Die Rettungsdienste stünden schon heute aufgrund einer gewachsenen Anspruchshaltung, schwindender Gesundheitskompetenz der Bevölkerung sowie langer Wartezeiten bei der Gesundheitsversorgung im ambulanten Bereich enorm unter Druck, argumentieren sie.

„Wegstrecken für Rettungswagen verlängern sich deutlich“

„Krankenhausärzte übernehmen heute 80 Prozent und mehr der Notarzteinsätze im ländlichen Raum,“ heißt es in dem Brandbrief weiter. „Sie sind von ihren Kliniken dafür ausgebildet und werden dafür freigestellt. Wie soll eine Sicherstellung in der Fläche nach Schließung zahlreicher Häuser zukünftig noch gelingen? Wird das Netz von Zielkliniken unkoordiniert und drastisch ausgedünnt, verlängern sich die Wegstrecken für die Rettungswagen deutlich. Bei Herzinfarkt und Schlaganfall zählt aber jede Minute“, so das Schreiben.

Angesichts der heute schon vielfach feststellbaren Versorgungsdefizite im niedergelassenen fach- und hausärztlichen Bereich stelle sich den Landräten zufolge zudem die Frage, welche Ärzte im ländlichen Raum das Potenzial der Ambulantisierung heben sollten und wer sich um die Nachsorge für die meist älteren Patienten nach deren Entlassung aus dem Krankenhaus kümmern sollte.

Am 10. Juli hatten sich Bund und Länder auf Eckpunkte zu einer Krankenhausreform geeinigt. Ein Punkt darin war, dass das Krankenhaus-Vergütungssystem mit diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) geändert werden soll, um die Krankenhäuser vom finanziellen Druck zu entlasten, immer mehr Fälle zu behandeln. Geplant ist, dass sie künftig einen großen Anteil der Vergütung schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen sollen. Bayern hatte gegen die Eckpunkte gestimmt und Schleswig-Holstein hatte sich enthalten.

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