Fachkräftemangel in Arzt- und Zahnarztpraxen

Last Exit: Praxisaufgabe?

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Nicole Genitheim
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Hannelore König
Die Zahl der im Gesundheitswesen Beschäftigten steigt. Mit Ausnahme von, ja, leider: Arzt- und Zahnarztpraxen. Denn viele Fachangestellte steigen aus und vor allem die ZFA-Azubis brechen überdurchschnittlich oft ab. Eine Umfrage zeigt: Jede dritte Arztpraxis in Bremen und Bremerhaven muss ihre Tätigkeiten herunterfahren, weil sie nicht genügend MFA hat. Rund 17 Prozent der Inhaber denken sogar darüber nach, ihre Praxis dichtzumachen.

Wenn es um Probleme in der medizinischen Versorgung geht, ist häufig von Ärztemangel die Rede. Doch dieser Ansatz greift zu kurz. Das belegt eine repräsentative Erhebung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) für die KV Bremen unter 282 Ärzten und Psychotherapeuten im Bundesland. „Viele Praxen würden gerne mehr versorgen, sie können aber nicht, weil ihnen schlicht das Personal für administrative Arbeiten und medizinische Hilfsaufgaben fehlt“, betonen die Vorstände der KV Bremen, Dr. Bernhard Rochell und Peter Kurt Josenhans.

PKV-Umfrage

  • 45 Prozent der Befragten haben in den vergangenen zwölf Monaten Kündigungen von Teamkolleginnen miterlebt. 45 Prozent von jenen gaben außerdem an, selbst unzufrieden im Job zu sein. 

  • Wenn im September der neue Mindestlohn für qualifizierte Pflegehilfskräfte mit einjähriger Ausbildung in Kraft tritt, werden auch diese ein besseres Einstiegsgehalt haben als so manche ZFA oder MFA. 

  • Regelmäßige Zielvereinbarungs- und Mitarbeitergespräche stehen nur bei jeder fünften Befragten auf dem Plan.

  • 52 Prozent erfahren Wertschätzung innerhalb ihres Teams, doch ihre Praxisleitung erleben mit 35 Prozent viel weniger als wertschätzend. Viele MFAs und ZFAs berichten zudem von zunehmend respektlosem Verhalten durch die Patienten.

  • Nur 4 Prozent der Befragten schätzen die gesellschaftliche Anerkennung für ihren Beruf als sehr hoch ein, 24 Prozent als hoch. Dagegen fühlen sich 55 Prozent gesellschaftlich nur gering anerkannt, 17 Prozent gar sehr gering. 

  • Etwa die Hälfte bekommt Zusatzleistungen in Form von betrieblicher Altersvorsorge, Gesundheitsförderung oder Fahrtkostenzuschüssen.

  • Nur 35 Prozent arbeiten in Praxen, die mit flexiblen Arbeitszeitmodellen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. 

  • 37 Prozent der Befragten haben eine Praxisleitung, die sie in ihrer gezielten individuellen Fort- und Weiterbildung unterstützt. Für knapp ein Drittel stehen regelmäßige Teamevents auf dem Plan.

Ein Drittel der befragten Inhaber gab an, dass es die Praxistätigkeiten bereits reduziert hat oder es demnächst tun muss, weil Stellen für MFA nicht nachbesetzt werden können. Rund 17 Prozent denken gar darüber nach, die Praxistür für immer zu schließen. 

Laut Statistischem Bundesamt arbeiteten Ende 2020 gut 5,8 Millionen Menschen im Gesundheitswesen. Dabei stieg die Zahl der Beschäftigten in den medizinischen Gesundheitsberufen allein im ersten Corona-Jahr um 46.000 Personen und damit ähnlich wie 2019. In den Arzt- und Zahnarztpraxen waren in dem Zeitraum 442.000 MFA und 212.000 ZFA tätig – 221.000 MFA und 151.000 ZFA davon in Vollzeit. 

Die Gründe für den MFA-Mangel? Viele werden durch die Verdienstmöglichkeiten abgeschreckt. Aber auch die geringe Wertschätzung und das häufig destruktive Verhalten mancher Patienten sorgen dafür, dass sich Interessenten oder Berufstätige abwenden. Genauer: 

  • Knapp 8 von 10 der befragten Ärzte und Psychotherapeuten haben Schwierigkeiten bei der Besetzung von MFA-Stellen. 

  • Fast 80 Prozent schaffen bereits jetzt Gehaltsanreize oder haben dies vor. Zum Beispiel haben sie einen Corona-Bonus für ihre MFA aus eigener Tasche finanziert.

  • Zwar werden heute auch Quereinsteiger und fachfremde Mitarbeiter eingestellt. Zeitarbeitsfirmen werden von der Mehrheit jedoch noch nicht eingeschaltet.

  • Fast 83 Prozent der befragten Mediziner gaben an, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten gesucht haben. 

Analyse des Bundesverbands der Freien Berufe 

ZFA-Azubis: Handlungsbedarf wegen hoher Vertragslösungsquoten

Das Institut für Freie Berufe (IFB) hat im Auftrag des Bundesverbands der Freien Berufe (BFB) die Entwicklung im Ausbildungsbereich Freie Berufe seit 2010 ausgewertet. Dabei wurden sowohl der allgemeine freiberufliche Ausbildungsmarkt als auch einzelne Berufe wie ZFA hinsichtlich der Gesamtzahl an Auszubildenden, neu abgeschlossener und gelöster Ausbildungsverträge analysiert.

Der Mangel an Auszubildenden ist nicht nur gefühlt, er ist auch belegbar. Im Zeitraum von 2010 bis 2020 ist die Gesamtzahl der Azubis über alle Branchen hinweg um 14,5 Prozent gefallen. Auch wenn man das durch Corona wirtschaftlich schwierige Jahr 2020 exkludiert, bleibt ein Rückgang um 12,8 Prozent.

Wenn speziell das Berufsbild der/des ZFA betrachtet wird, zeigt sich auf den ersten Blick zwischen 2010 und 2020 – gegen den Trend – eine positive Entwicklung der Auszubildendenzahlen von plus 2,4 Prozent. Mit einem Zuwachs von knapp 2 Prozent im gleichen Zeitraum fällt auch die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge positiv auf, allerdings ist hier auf die hohe Vertragslösungsquote von im Mittel 30,3 Prozent zu verweisen. Im Jahresvergleich von 2010 zu 2020 hat diese um 13,2 Prozentpunkte zugenommen und findet ihren vorläufigen Höhepunkt 2020 mit einer Lösungsquote von 37,4 Prozent. Somit wurden 2020 mehr als ein Drittel der neu abgeschlossenen Verträge wieder gelöst.

Ein Drittel der ZFA-Azubis bricht die Lehre ab

In Anbetracht des sich verschärfenden Fachkräftemangels ist das eine mit Sorge zu verfolgende Entwicklung. Die Gründe für eine Vertragslösung sind vielfältig, allerdings tauchen gewisse Aspekte immer wieder auf. Hierbei sind die Wertschätzung am Arbeitsplatz, die Vergütung und (unbezahlte) Überstunden sowie die berufliche Weiterentwicklung zu nennen. Natürlich treffen diese Gründe nicht gleichermaßen auf alle Praxen und Auszubildenden zu, dennoch kristallisieren sich einige Punkte heraus, wo man gegensteuern könnte und die unkompliziert in den Praxen umgesetzt werden könnten: (Bezahlte) Praktika oder eine Probearbeitszeit ermöglichen erste Einblicke in den Arbeitsalltag, so können Erwartungen mit der Realität abgeglichen werden. Auch Anpassungen im Mitarbeitermanagement sind denkbar, zum Beispiel Fortbildungsangebote oder die Schaffung von interessanten Tätigkeiten. Zuletzt können auch stärkere finanzielle Anreize oder eine mitarbeiterfreundliche Austarierung der Work-Life-Balance zu Verbesserungen führen. Das bezieht sich nicht nur auf eine bessere Bezahlung, sondern auch auf den Umgang mit (unbezahlten) Überstunden.

Vertragslösungsquoten bei den Freien Berufen

Im Ausbildungsbereich Freie Berufe – hierzu gehören laut Ausbildungsordnung die Berufsbilder MFA, ZFA, TFA, PKA, ReFa, NoFa, StFa, PaFa – ging die Gesamtzahl der Auszubildenden von 2010 bis 2020 um 2,1 Prozent zurück. Dass die Zahl der jährlich neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zwischen 2010 und 2020 um 1 Prozent und zwischen 2010 und 2019 um 7,1 Prozent gestiegen ist, zeigt gleichwohl die Attraktivität der Freien Berufe.

Allerdings müssen dabei auch die sogenannten Vertragslösungsquoten – also die Verträge, die (meist) in der Probezeit gelöst werden – betrachtet werden. Die analysierten Vertragslösungen müssen keinen Austritt aus dem System der dualen Ausbildung bedeuten, möglich ist auch ein Wechsel des Betriebs oder der Ausbildungsrichtung. Dennoch spiegelt eine geringe Lösungsquote eine gute Passung zwischen dem Auszubildenden und dem Betrieb wider und ist erstrebenswert. Für die Freien Berufe liegt die Vertragslösungsquote im Mittel der Jahre 2010 bis 2020 bei 26,4 Prozent. Hierbei ist ein Zuwachs um 6,7 Prozentpunkte erkennbar.

Festzuhalten bleibt, dass gegenwärtig einerseits eine positive Entwicklung hinsichtlich der abgeschlossenen Ausbildungsverträge einer hohen Vertragslösungsquote gegenübersteht. Andererseits sind die Hebel, wo es anzusetzen gilt, seit Längerem bekannt: Mit wenigen Mitteln können die Attraktivität des Berufsbilds erhöht und Anreize für die Ausbildung geschaffen werden.  

Verband medizinischer Fachberufe

„Das Gehalt ist die wichtigste Stellschraube!“

 Im Februar 2022 hat jede dritte Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) mehrfach im Monat und häufiger über einen Ausstieg aus dem Beruf nachgedacht. Mindestlöhne von 14 Euro für ungelernte Tätigkeiten bei Discountern wie Aldi und Lidl oder von 13,70 Euro für Pflegehilfskräfte sollten die zahnärztlichen Arbeitgeber nicht unterschätzen.

Die Entwicklung der vergangenen 15 Jahre bei den ZFA zeigt deutlich, dass sich der Arbeitsmarkt im ersten Pandemie-Jahr 2020 nur leicht entspannt hat. Seit September 2020 sinkt die Zahl der arbeitssuchenden ZFA, während die Zahl der offenen Stellen stetig ansteigt. Seit April 2021 liegt die Relation unter 1,0. Es gibt allerdings große regionale Unterschiede, besonders dramatisch ist die Situation in Bayern und Sachsen: Hier liegt der Quotient im Mai 2022 bei 0,3 – das heißt, auf drei offene Stellen kommt eine arbeitssuchende ZFA.

Seit 2019 führt die Agentur für Arbeit die ZFA als Engpassberuf auf. Im Oktober 2021 lag die ZFA mit einem Wert von 2,4 zwar noch im Mittelfeld der Engpassberufe, aber klar vor den MFA. Neben der Arbeitsuchenden-Stellen-Relation steht die Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit auf Rot und drei weitere Kriterien sind auf Gelb.

Es ist daher höchste Zeit, den Beruf der ZFA als Gesundheitsberuf zu stärken, damit die zahnärztliche Versorgung nicht gefährdet wird. Es geht dabei um die ZFA, ZMF, ZMP, ZMV und DH als Fachkräfte und es geht um die Patientensicherheit. Zum einen ist die Politik gefragt, denn laut Koalitionsvereinbarung sollen die Gesundheitsberufe gestärkt und die Rahmenbedingungen verbessert werden. Die Bundesregierung darf dabei nicht nur die Pflegekräfte stärken, sondern muss die Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten ebenfalls berücksichtigen. Es geht dabei um mehr Tarifverbindlichkeit für diese Berufe und eine Gegenfinanzierung der Tarifsteigerungen analog zu den Pflegekräften. Gebührenordnungen und Vergütungen in der medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung müssen die Leistungen dieser Berufe stärker abbilden und die aktuelle Entwicklung bei den Personalkosten adäquat und zeitnah berücksichtigen. Nur so kann die Wettbewerbsfähigkeit im Arbeitsmarkt gesichert werden. Der VmF unterstützt daher die Forderungen der Ärzte- und Zahnärzteschaft zur Novellierung ihrer Gebührenordnungen.

Zum anderen ist jede Zahnärztin, und jeder Zahnarzt gefragt, denn laut unserer Online-Umfrage von Februar 2022 vermissen 50 Prozent der 3.189 Praxismitarbeiterinnen, die daran teilgenommen haben, die Wertschätzung durch ihren Arbeitgeber. Diese ließe sich durch echtes Lob und Maßnahmen, wie Mitarbeitergespräche, die Förderung von Fortbildung, Teamsitzungen und betriebliches Gesundheitsmanagement, erhöhen. 

Arm trotz Arbeit

Die wichtigste Stellschraube ist allerdings das Gehalt, denn mit einem mittleren Entgelt von 2.149 Euro brutto in Vollzeit laut Entgeltatlas der Agentur für Arbeit liegt die ZFA im Niedriglohnbereich und ist arm trotz Arbeit. Jede achte ZFA profitiert laut unserer Umfrage von der Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro ab dem 1. Oktober. Ein bundesweiter Tarifvertrag wäre für die Berufsangehörigen in 13 von 17 Kammerbereichen ein echtes Zeichen der Wertschätzung durch die zahnärztlichen Arbeitgeber.

In Hamburg, Hessen, Saarland und Westfalen-Lippe sind die Gehälter zum 1. Juli 2022 um 5,5 Prozent gestiegen und jeder zahnärztliche Arbeitgeber könnte eine Bindung an diesen Tarifvertrag mit einem Einstiegsgehalt von 2.221 Euro (und entsprechenden Steigerungen nach Berufsjahren und Fortbildungen) über den schriftlichen Arbeitsvertrag herstellen. Dies wäre die effektivste Personalbindungsmaßnahme, die von den ZFA als echte Wertschätzung ihrer Leistungen empfunden wird und die Zufriedenheitswerte der ZFA und der in den Berufen Fortgebildeten in allen Regionen Deutschland stark erhöhen würde.

Auch die Zahlung von freiwilligen steuerfreien Corona-Boni bis zu 4.500 Euro bis zum 31. Dezember 2022 könnte ein wichtiges Signal sein und die eine oder andere ZFA von der Abwanderung in andere Bereiche abhalten.  

Interview mit ZA Stefan Schmidt

 „Es fängt damit an, dass es nicht ‚die Mädels‘ sind!“

Stefan Schmidt aus Braunschweig wurde gerade vom PKV-Institut mit dem 1. Platz für das „beste Praxisteam ZFA“ und damit für sein Engagement als Ausbilder ausgezeichnet. Der Erfolg ist ihm nicht zugeflogen: Über die Jahre hat er sich ein Standing aufgebaut – als ein fairer Chef, der versucht, mit gutem Beispiel voranzugehen. 

Was macht Ihren Führungsstil aus?

Stefan Schmidt: Ich versuche als Chef immer einen guten Umgang vorzuleben. Ich bin also pünktlich, zuverlässig, immer ansprechbar und lasse niemanden hängen. Damit bin ich authentisch, denn ich tue selbst das, was ich von meinen Mitarbeitern erwarte. Ich kann es nur immer wieder betonen: Es ist nicht das Geld, es ist die Wertschätzung für die Mitarbeiter! Und das fängt damit an, dass es nicht „die Mädels“ sind, sondern meine Mitarbeiterinnen!

Für den Austausch und die Organisation kommen wir einmal in der Woche zum Team-Meeting zusammen. Ich weiß, es ist oft kaum Zeit übrig im Praxisalltag, und Personalführung war kein Bestandteil unserer Ausbildung zum Zahnarzt. Aber die Gespräche sind so wichtig. Vor allem dabei auch mal zu fragen, was die Mitarbeiter persönlich bewegt, und wenn es geht, auch mal im Privaten zu unterstützen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich das auszahlt: Ist eine Person stabil, kann sie auch eine gute Mitarbeiterin im Team sein. Warum sollte ich also da nicht auch ansetzen? Darüber hinaus lernen wir hier einen achtsamen Führungsstil.

Was heißt das?

Hinter Achtsamkeit steckt ja weit mehr als Meditation. Es geht darum, die eigene Wahrnehmung zu hinterfragen und die Kommunikation und damit die Führung zu verbessern. Wenn das gelingt, wird auch das Team stabiler. Engagement und Arbeitsmoral können sich verbessern, da sich meine Angestellten von mir als Führungskraft besser unterstützt fühlen. 

Zur Praxis

Klassenbeste Ausbildungsabschlüsse gehören für das zehnköpfige Team der 1999 eröffneten Zahnarztpraxis von Stefan Schmidt schon fast zur Tagesordnung: Die Auszubildenden werden systematisch in den Beruf eingeführt und den eigenen Interessen und Stärken entsprechend in ihrer Entwicklung gefördert. Dazu gehören auch individuelle Coachings. 2021 wurde die Praxis vom örtlichen Jobcenter als Ausbildungsbetrieb ausgezeichnet. Auch die gezielte Fort- und Weiterbildung hat in der Zahnarztpraxis Schmidt einen hohen Stellenwert. „Jeder Mensch sollte sein Potenzial leben dürfen“, sagt die Ehefrau Dajana Schmidt, die sich um das Praxismanagement kümmert und regelmäßig an der Anmeldung unterstützt. Gemeinsam absolviert das Team derzeit eine Ausbildung in der Selbstverteidigungstechnik Krav Maga. Denn: „Wer Sicherheit und Selbstbewusstsein gewinnt, steht auch im Job anders da.“

Zugegeben, eine tolle Unterstützung ist dabei meine Frau. Sie ist Coach und bildet in Unternehmen Führungskompetenzen und Kommunikationstechniken aus. Natürlich profitieren wir von ihrem Input. Dabei ist es ihr wichtig, nicht die „Frau vom Chef“ zu sein, deshalb packt sie auch überall sonst mit an, schwingt selbst den Staubsauger und zeigt so, dass wir uns nicht zu fein sind für solche Aufgaben. Klar, nicht jeder hat so eine Unterstützung im Umfeld, dennoch können wir nur raten, sich bei Problemen mal einen externen Profi fürs Team ins Haus zu holen.

Ein Beispiel: Berichtet mir einer meiner Angestellten, dass sich ein Patient inkorrekt verhalten hat, dann glaube ich ihm das und stelle mich hinter mein Team. Das schafft Vertrauen – ein weiterer Schlüssel. Außerdem werde ich nie laut.

Stichwort Persönlichkeitsentwicklung. Was tun Sie dafür?

Ist gerade in aller Munde, ich weiß. Aber ebenfalls wichtig. Als guter Chef erkenne ich jeden meiner Mitarbeiter ganz individuell. Das bedeutet, ich sehe mir seine Stärken an, statt auf seine vermeintlichen Schwächen zu fokussieren. Und unterstütze ihn dann, seine Stärken auszubauen und helfe ihm bei seinen Schwächen durch Gespräche, einen angepassten Einsatzbereich oder auch mal ein Coaching oder Fortbildungen – etwa um Prüfungsängste in den Griff zu bekommen und dazuzulernen. Es ist doch niemand perfekt! Aber wir haben es in der Hand, woran wir uns orientieren. Man muss eine gewisse Empathie haben, um lange und erfolgreich zusammen zu arbeiten.

Wie gelingt es, die Hierarchien aufzubrechen?

Wir engagieren uns zusammen, Laufen für den guten Zweck und sammeln dabei Spenden für Tier-und Umweltschutzprojekte und machen einen Selbstverteidigungskurs: den Kampfsport Krav Maga. Das schweißt zusammen, jeder ist Teil, ich bin dann mehr Kollege als Chef. In der Praxis ist das Standing aber klar: Da bin ich wieder Chef und soll auch die Entscheidungen treffen.

Eine Sache noch: Wir haben den ZFA-Nachwuchsmangel und es ist kein Ende in Sicht. Noch einmal, es ist meiner Meinung nach nicht nur die Bezahlung, sondern eben auch die Wertschätzung. Aber wenn ich sehe, dass Kollegen nicht ausbilden wollen, dann kann ich nur fragen: Wo soll denn der Nachwuchs herkommen?

Das Gespräch führte Laura Langer.

Nicole Genitheim

Leiterin des Forschungsbereichs Freie Berufe am Institut für Freie Berufe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Hannelore König

Präsidentin des Verbands medizinischer Fachberufe e.V. (VmF)
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