Ärztliche Approbationsordnung

Medizinstudierende kritisieren „unfaire Prüfungsbedingungen“

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Lob für die modernen Prüfungsformate – Kritik für die Gestaltung der Staatsexamina. Was die Medizinstudierenden am neuen Referentenentwurf der Approbationsordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium für gut und für schlecht befunden haben.

Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) begrüßt als Interessenvertretung der mehr als 105.000 Medizinstudierenden, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine überarbeitete Fassung des Referentenentwurfs zur Reform der Approbationsordnung für Ärztinnen und Ärzte (ÄApprO) vorgelegt hat (Fassung vom 17. April 2023). „Nach jahrelangem Warten und intensiven Diskussionen zwischen Bund und Ländern zur Finanzierung der Studienreform freuen wir uns, dass mit diesem Entwurf ein weiterer Schritt in der Modernisierung der Approbationsordnung gegangen wird”, sagt bvmd-Vizepräsident Jason Adelhoefer.

Konkret befürwortet der Verband die Ausgestaltung des Dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung: In einer praxisnahen Prüfungssituation könnten die erworbenen Kompetenzen aus Studium und Praktischem Jahr (PJ) bewertet werden. Während der Verband die didaktischen Fortschritte in der Ausgestaltung des PJ lobt, ist er jedoch darüber enttäuscht, dass in dem Entwurf wieder nicht einer Studierenden-freundlichen Regelung zu Krankheitstagen im PJ nachgekommen wurde – was nicht zuletzt die Gesundheit und die Sicherheit von Patienten beeinträchtigen könne. Auch weitere Forderungen hinsichtlich des PJ, etwa eine angemessene Aufwandsentschädigung, seien nicht umgesetzt worden, kritisieren die Medizinstudierenden.

Erhebliche Mängel sieht die bvmd zudem in der vorgesehenen Ausweitung der Grundlagenfächer im Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (M1). Der schriftliche und der mündlich-praktische Teil sollen zusammengelegt werden, die Prüfung ist frühestens im 6. Fachsemester vorgesehen. Laut bvmd ist das geplante Abprüfen der drei Grundlagenfächer Anatomie, Physiologie und Biochemie in der mündlich-praktischen Prüfung der M1 „unsinnig“.

Didaktische Fortschritte in der Ausgestaltung – aber weniger Zeit für klinische Inhalte

„Studierende setzen sich so länger als bisher mit grundlagenwissenschaftlichen Inhalten auseinander, es bleibt weniger Zeit für klinische Inhalte, so dass man sich von dem Ziel einer praxisnäheren Ausbildung entfernt“, betont Leoni Hermes, Bundeskoordinatorin für Medizinische Ausbildung der bvmd. „Dies kommt einer Verlagerung des aktuellen Physikums in das sechste Semester mit einer Erweiterung um klinische Prüfungsinhalte aus allen im Studium gelehrten Fachbereichen gleich.“ Die bvmd fordert ein stärkeres Gewicht der klinisch-praktischen Ausbildung. „Diese Ziele werden erst erreicht werden können, wenn Grundlagenfächer nicht bis zu 50 Prozent des Studiums füllen”, fasst bvmd-Vizepräsident Jason Adelhoefer die Forderungen zusammen.

Darüber hinaus ist die bvmd besorgt wegen der Erweiterung der Prüfungskommission im Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung auf vier Personen. Die aktuelle Fassung des Referentenentwurfs sieht vor, dass die vierte prüfende Person, die klinisch-praktische Kompetenzen testen soll, der Prüfungskommission zugelost wird. Durch eine Zulosung entstünden jedoch erhebliche Chancenungleichheiten für die Studierenden, so der Verband.

Chancenungleichheit während der Prüfung – ein trauriges Déjà-vu

Denn wenn der Prüfende ein Viertel der Prüfungskommission darstellt, werde die reale Verteilung der Prüfungsfragen niemals den anberaumten 40-Prozent entsprechen, so dass die klinisch-praktische Ausrichtung der Prüfung auf dem Papier existiere, jedoch nicht so gelebt würde.

„Ein trauriges Déjà-vu zur aktuellen Ausgestaltung des Dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung”, betont Hermes. Zudem bleibe die Frage, wie eine gemeinsame Weiterentwicklung vom Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) nachhaltig sichergestellt wird, für die bvmd weiter unbeantwortet. Dadurch sei zu befürchten, dass Studien- und Examensinhalte früher oder später auseinanderfallen, warnt der Verband.

Das soll die Reform bringen

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte seinen neuen, über 200 Seiten starken Entwurf zur Reform der ÄApprO als „Zwischenstand“ bezeichnet. Erste Vorschläge hatte das BMG im November 2020 vorgelegt, der Referentenentwurf wurde dann im August 2021 vorgestellt. Seitdem stritten Bund und Länder über die Finanzierung, obwohl sie sich 2017 schon mit dem „Masterplan Medizinstudium 2020“ auf Grundzüge zur Weiterentwicklung der ärztlichen Ausbildung geeinigt hatten. Die Reform zielt vor allem auf eine bessere Vermittlung arztbezogener Kompetenzen, mehr Patientenorientierung und eine Stärkung der Allgemeinmedizin ab. Dazu soll der Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) in der Approbationsordnung verbindlich verankert werden.

Der neue Entwurf konzentriert sich nun vor allem auf eine Senkung der Kosten: Zuvor wären auf die Länder Mehrkosten von rund 300 Millionen Euro zugekommen, jetzt geht man von 177 Millionen Euro aus. Allerdings sollen die einmaligen Mehrkosten von 88 auf jetzt 94 Millionen Euro steigen. Einsparungen soll es durch weniger Vorlesungen und deren Ersatz durch digitale Formate geben.

Ein wesentliches Ziel dieser Reform sei, die Struktur des Medizinstudiums durch die Aufgabe der bisherigen Trennung von vorklinischem und klinischem Abschnitt zu verändern, heißt es im neuen Entwurf. Für eine praxisnahe Medizinerausbildung sollen klinische und theoretische Inhalte vom ersten Semester bis zum Ende des Studiums miteinander verknüpft und Lehrpraxen verstärkt in die Ausbildung einbezogen werden. Die Prüfungen sollen praxisnäher ausgestaltet werden, auch durch eine Weiterentwicklung der Prüfungsformate. Die Allgemeinmedizin soll in der künftigen Medizinerausbildung eine größere Rolle spielen, indem die Allgemeinmedizin und die hausärztliche Versorgung verstärkt im PJ und in Prüfungen abgebildet werden.

Der Entwurf ist an die Bundesländer zur Abstimmung gegangen.

Insgesamt sei die bvmd aber „überaus erfreut“, dass der Novellierungsprozess der Approbationsordnung erneut an Fahrt aufnimmt. „Neben den verbesserungsbedürftigen Punkten, insbesondere in Bezug auf das PJ und faire Prüfungsformate, gibt es auch viele positive Veränderungen, die diese Fassung des Entwurfs enthält“, bekräftigt Laura Schmidt, Bundeskoordinatorin für Medizinische Ausbildung.

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