Mehrheit der Ärzte bewerten Praxissituation als schlecht
Die Stimmungslage hat sich über die vergangenen Jahre signifikant verschlechtert. Waren 2019 lediglich 30 Prozent der Befragten mit ihrer Situation in der Niederlassung unzufrieden, stieg dieser Wert in den beiden Folgejahren bereits auf 41 in 2020 und 45 Prozent in 2021 an. Anfang 2023 haben bereits 55 Prozent der Niedergelassenen ihre berufliche Situation als „schlecht“ oder „sehr schlecht“ eingeschätzt. Das sind die Ergebnisse einer Umfrage im Rahmen des Zi-Praxis-Panels (ZiPP), mit dem das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) die Stimmung in den knapp 100.000 Arzt- und Psychotherapiepraxen in Deutschland beleuchtet hat. An der jüngsten Erhebung nahmen 3.401 Praxisinhaber teil.
Die Bewertung der Rahmenbedingungen für die Berufsausübung fällt für die einzelnen Fachgebiete allerdings unterschiedlich aus. So schätzten die Praxisinhaber in den Fachgebieten Psychotherapie sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ihre Lage vergleichsweise positiv ein. Von ihnen beschrieben nur 37 beziehungsweise 45 Prozent ihre Situation in der Niederlassung als „schlecht“ oder „sehr schlecht“. Im Gegensatz dazu kamen jeweils mehr als 70 Prozent der gynäkologischen und orthopädischen Praxen zu einer negativen Bewertung. Im größten Fachgebiet der hausärztlichen Allgemeinmedizin und Inneren Medizin wurde die Lage von 60 Prozent der Niedergelassenen als „schlecht“ bis „sehr schlecht“ bewertet.
Kosten, Bürokratielast und mangelnde Wertschätzung zehren
Was führt zu dieser Unzufriedenheit? „Kostensprünge und Bürokratielast zehren die Praxen aus. Mangelnde Wertschätzung durch die Politik und handfeste wirtschaftliche Nachteile demotivieren die Praxisinhaber zunehmend. Diese äußert sich unter anderem in zahllosen Regressandrohungen, im Zwang, eine dysfunktionale Telematikinfrastruktur implementieren zu müssen, die den Praxisbetrieb lahmlegt, und in der unzureichenden Weiterentwicklung der Finanzierung durch die Krankenkassen. Die Folge: Der medizinischen Versorgung werden die Praxen ausgehen. Wer aufhört, findet immer seltener Nachfolgende für die Praxis“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
Unter Verweis auf den anstehenden Generationswechsel in den Praxen forderte er, dass die Rahmenbedingungen für die Niederlassung attraktiver gestaltet werden müssten: „Schon jetzt sind bundesweit fast 6.000 Arztsitze unbesetzt, weil die Niederlassung im Vergleich zu anderen Möglichkeiten der ärztlichen Berufstätigkeit an Attraktivität eingebüßt hat. Von der Schließung sind auch Medizinische Versorgungszentren mit angestellten Ärztinnen und Ärzten bedroht. Denn die ambulante ärztliche Versorgung ist chronisch unterfinanziert“
In der Sorge um eine Existenzsicherung der Kliniken werde immer wieder übersehen, dass die Praxen das Fundament der medizinischen Versorgung in Deutschland seien, so der Zi-Chef. Sie behandelten weit mehr als das Zwölffache dessen, was Krankenhäuser ambulant leisten. „Fallen die Praxen zunehmend aus, werden Lücken gerissen, die die jetzt schon völlig überforderten Krankenhäuser niemals werden füllen können. Die Politik kann das Ruder herumwerfen oder sehenden Auges in den Praxenkollaps steuern“, mahnte er angesichts der Umfrage-Ergebnisse zur Situation.