Studie zum Publikationsverhalten

Parodontologie ist weltweit Topthema in der zahnmedizinischen Forschung

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Zahnmedizin
Mit welchen Themen beschäftigt sich die zahnmedizinische Forschung? Naheliegend wäre, die Schwerpunkte entlang der klinischen Versorgung und ihrer Bedarfe zu verorten. Tatsächlich jedoch dominiert eine Disziplin, die hierzulande immer noch um ihren adäquaten Platz in der Patientenversorgung kämpft: die Parodontologie. Eine aktuelle Studie zum Publikationsverhalten liefert interessante Daten.

Die Forschergruppe nutzte für ihre Studie die Rechercheplattform „Web of Science“ (WoS) – mit Zugriff auf mehrere große Zitations- und Literaturdatenbanken. Die Zitationen stammen aus dem bekannten Science Citation Index (SCI). Mit Stand vom 18. Januar 2023 identifizierten die Autoren 492.754 Artikel aus dem Bereich Zahnmedizin, die in dieser Datenbank indexiert waren.

Aus dieser Menge wurden mithilfe der Essential Science Indicators (ESI) 292 häufig zitierte Arbeiten, sogenannte „Top-Artikel“, extrahiert. Das sind die Beiträge, die im Vergleich zu allen anderen Artikeln aus demselben Jahr und in demselben Gebiet so viele Zitierungen erhalten haben, dass sie zu den ersten ein Prozent gehören – über eine Dauer von zehn Jahren (bis 2022).

292 zahnmedizinische Top-Artikel in 55 Zeitschriften

Diese 292 Top-Artikel hatten zusammengerechnet 1.341 Autorinnen und Autoren und wurden in 55 verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht. Zwei Fachjournale, das Journal of Dental Research und die Fachzeitschrift Periodontology 2000, verzeichneten dabei allein 20 Prozent der Beiträge. Bei den Verlagen hatte Wiley mit einem Anteil von 42,4 Prozent die Nase vorn, gefolgt von Elsevier mit 29,1 Prozent. Die 292 Top-Artikel wurden 77.938-mal zitiert, mit einem Durchschnitt von 266,9 Zitaten pro Artikel. Knapp die Hälfte dieser Artikel wurde 2018 oder später veröffentlicht.

Die Studienautoren analysierten außerdem, welche den Artikeln zugeordnete Schlüsselwörter wie oft und gemeinsam mit anderen Schlüsselwörtern auftraten (Kookurrenzanalyse). Zu den häufigsten Schlüsselwörtern gehörten demnach „Parodontitis“, „Dentale Implantate“, „Parodontale Erkrankungen“, „Mechanische Eigenschaften“, Periimplantitis“, „Mundgesundheit“, „Karies“, „Dentalmaterialien“, 3-D-Druck“ und „Porphyromonas gingivalis“.

Die Studie zeigt, dass parodontologische Themen gekoppelt mit den Themenkreisen „Implantate“ und „Periimplantitis“ einen schwergewichtigen Anteil an der zahnmedizinischen Forschung ausmachen. Allein das Schlüsselwort „Periimplantitis“ taucht inzwischen etwa genauso häufig auf wie „Karies“.

Unter Berücksichtigung der Limitationen der Studie zeigen diese Daten, wie dominant parodontologische Themen – auch gegenüber der Forschung zur anderen Volkskrankheit, der Karies – vertreten sind (Abbildung 3). In der Rangliste der Autoren mit den meisten Top-Artikeln sind die ersten sechs Plätze von Parodontologen belegt.

Die deutsche Forschung ist in der Spitzengruppe

Neben den thematischen Schwerpunkten enthält die Studie Auswertungen und Ranglisten zu Autoren, Universitäten und Fachzeitschriften. In Bezug auf die Autoren und die Arbeiten zeigt sich das inzwischen deutlich gewachsene internationale Gewicht der deutschen Forschung. So befinden sich mit den Parodontologen Prof. Dr. Søren Jepsen (Bonn) und Dr. Jan Derks (Göteborg) zwei deutsche Vertreter unter den Top-7-Autoren. Auch in der Länder-Rang­liste liegt Deutschland nach den USA auf dem zweiten Platz vor Großbritannien, Italien und der Schweiz.

Wie man Trends in der Forschung erkennt

Wissenschaft ist nicht nur ein methodischer Prozess, der auf externe Gegenstände angewandt wird, die Wissenschaft ist auch selbst eine Entität, die methodischer Analyse unterworfen werden kann. Der Bedarf an solchen Analysen, die eine Bewertung der wissenschaftlichen Produktion möglich machen, ist dabei durchaus hoch. Alle Akteure des Wissenschaftsbetriebs, angefangen bei den Wissenschaftlern selbst über die Verlage wissenschaftlicher Fachjournale bis hin zu Universitäten und Forschungsinstituten, suchen den Vergleich miteinander und sind bemüht, sich im Wettbewerb diverser Indizes und Ranglisten vorteilhaft zu präsentieren. Auf der anderen Seite wollen staatliche Forschungsförderer und private Investoren wissen, welche Wissenschaftler, Universitäten, Institute in welchen Forschungsfeldern „vorne liegen“, um Forschungsgelder möglichst zielgenau zu vergeben. Neben spezifischen Informationen über Autoren und Institutionen fördern solche Analysen auch allgemeine Trends in der Forschung zutage.

Zu den wichtigsten Methoden, wissenschaftliche Literatur auszuwerten, zählen die Zitationsanalysen. Damit wird gezählt, wie oft eine wissenschaftliche Publikation in anderen wissenschaftlichen Publikationen zitiert wird. Unter Einbeziehung weiterer bibliometrischer Daten wie Autoren, Zugehörigkeit zu Institutionen, Erscheinungsdaten, Fachjournal, Verlag können nun diverse Ranglisten gebildet werden, die die „besten“ Autoren, Zeitschriften, Universitäten ausweisen. Diese Rankings sind an die zahlreichen Randbedingungen ihrer Ermittlung gebunden und in ihrer Aussagekraft oft nicht ohne weiteres zu beurteilen. Trotz diverser Einschränkungen können die Analysen wissenschaftlicher Publikationen dennoch interessante Einblicke in die Forschung geben.

Wenngleich bei den ausgewerteten Top-Artikeln wenig Zweifel an deren wissenschaftlicher Relevanz bestehen, darf der Hinweis nicht fehlen, dass – wie generell bei solchen quantitativen Auswertungen – aus der Zahl der Zitierungen nicht direkt auf die Qualität der Arbeit geschlossen werden kann. Das merken die Autoren einschränkend auch selbst an: „Obwohl die Zitationszahl zur Beurteilung der Wirkung eines Artikels herangezogen wird, korreliert sie nicht unbedingt mit seiner Qualität.“ Dennoch könnten die Zahlen als „Maß für die akademische Wirkung betrachtet werden“ schreiben sie.

Die Studie:
Taghdisi Kashani A, Batooli Z, Mozafari M Bibliometric analysis and visualization of top papers in dentistry from 2012 to 2022 based on essential science indicators. Clin Exp Dent Res. 2024 Feb;10(1):e832. doi: 10.1002/cre2.832. PMID: 38345501; PMCID: PMC10838113.

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