Resonanz von Kassen und Verbänden

Pflege-Gesetzentwurf: Kritik von allen Seiten

pr
Nach dem gestrigen Beschluss zum Pflegeentlastungsgesetz im Kabinett hagelt es viel Kritik von Kassen und Verbänden. Die Novelle sei zu kurz gedacht und der große Wurf werde vermisst, so die Vorwürfe.

Gestern hat das Bundeskabinett den Entwurf für ein Pflegeunterstützungs- und –entlastungsgesetz (PUEG) beschlossen und auf den Weg gebracht. Und es kommt Kritik von allen Seiten. So greife das Gesetz nach Ansicht des GKV-Spitzenverbandes einige Reformbedarfe der Pflegeversicherung nur ansatzweise auf, springe aber deutlich zu kurz und verfehle die selbstgesetzten Ziele aus dem Koalitionsvertrag. Die Bundestagsfraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen seien dringend aufgerufen, im nun beginnenden parlamentarischen Verfahren die erheblichen Mängel im Gesetzentwurf der Bundesregierung zu korrigieren, forderte Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Verbandes. Und laut AOK-Bundesverband schaffe die geplante Beitragserhöhung lediglich bis zum Jahr 2025 Ruhe. Auf Sicht sei die soziale Pflegeversicherung auf Steuerzuschüsse für versicherungsfremde Leistungen angewiesen.

Der Paritätische Gesamtverband bezeichnete den Entwurf als halbherzig und völlig unzureichend, um die sich verschärfenden Probleme in der Pflege zu lösen. Die Finanzierung der Pflegeversicherung sowie die wachsende Armut durch Pflegebedürftigkeit seien die Schlüsselthemen, für die es eine entschlossene Reform brauche. Diese bliebe der Bundesgesundheitsminister weiter schuldig. „Es muss endlich Schluss sein mit dem Stückwerk. Was es braucht, ist ein langfristiger Plan und eine Reform, die die Pflegeversicherung vom Kopf wieder auf die Füße stellt”, forderte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Eines der Hauptprobleme, das auch durch den vorgelegten Gesetzentwurf nicht gelöst werde, seien die explodierenden Eigenanteile.

Auch aus Sicht der privaten Krankenversicherungen greift der Entwurf zu kurz. Vorgesehen seien Leistungsausweitungen, die nicht gegenfinanziert seien. Die dringend benötigte nachhaltige Finanzierungsstrategie für die alternde Gesellschaft fehle völlig, erklärte der Vorsitzende des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV), Thomas Brahm: „Damit drückt sich der Entwurf vor der unbequemen Wahrheit: Für neue Leistungsversprechen ist einfach kein Geld da. Da darf die Politik keine neuen ungedeckten Schecks zu Lasten der jungen Generation ausstellen.“

Auch die Grünen äußerten sich skeptisch. So warf die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Maria Klein-Schmeink, laut Presseberichten ein, der Entwurf bringe zwar Verbesserungen für die Pflegebedürftigen und die Pflegenden. Kritik übte sie aber daran, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarten Mittel zur Steuerfinanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben nicht bereitgestellt würden. Dies seien insbesondere die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige in Höhe von 3,7 Milliarden Euro im Jahr und die Kosten für Pflegeausbildung in Höhe von 750 Millionen Euro, zählte sie auf. Da diese Ausgaben weiter von den Beitragszahlern getragen würden, würden diese nicht entlastet.

Zettelwirtschaft sei vorprogrammiert!

Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände Steffen Kampeter sprach von „Murks“. Statt auf Digitalisierung zu setzen, werde neue Zettelwirtschaft vorgeschrieben. Arbeitgeber müssen in vielen Millionen Fällen Geburtsnachweise der Kinder ihrer Beschäftigten einsammeln, um die neue kinderzahlabhängige Gestaltung der Pflegebeiträge umzusetzen. Es brauche eine Stelle, bei der die Kinderzahl digital abgerufen werden könne. Erst dann dürfe die neue kinderzahlabhängige Beitragsstaffelung starten. Kampeter: „Jetzt sollen bis zu einer eventuellen digitalen Lösung die Daten händisch erfasst werden. Das ist ein Armutszeugnis für die Bundesregierung.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte im Zusammenhang mit der Vorstellung des Gesetzesentwurfs, dass sich die Dynamik bei den Ausgaben im bestehenden System „auf Dauer nicht durchhalten ließe“. Er kündigte an, eine Kommission aus Vertretern mehrerer Ministerien einzurichten, die bis Ende Mai 2024 Empfehlungen zur dauerhaften Finanzierung vorlegen sollen. Denkbar sei dann auch die Umwandlung der Pflegeversicherung in eine Vollkaskoversicherung. Mit der jetzt geplanten Reform komme man über die laufende Legislaturperiode. Damit würden Unterdeckungen beseitigt und die Leistungen verbessert.

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