Selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt?
Das Urteil betrifft vor allem die Gesellschaftsverträge von Berufsausübungsgemeinschaften, das sind die Praxen, die früher als Gemeinschaftspraxen bezeichnet wurden. Diese sollten die alten Verträge gerade im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung kontrollieren und gegebenenfalls anpassen.
Der Senior muss Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen
Im vorliegenden Fall wurde der Gesellschaftsvertrag in einer Zahnarztpraxis zwischen einem Juniorpartner und einem Seniorpartner von 2006 bis 2010 moniert. Bei einer Prüfung der Rentenversicherung stufte das Gericht den Junior der Praxis nicht als Gesellschafter, sondern als abhängig Beschäftigten ein, der der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Konkret bedeutet dies, dass der Senior für die bislang versäumte Entrichtung der Beträge aufkommen muss.
Das Gesamtbild bestimmt sich den Richtern zufolge nach den tatsächlichen Verhältnissen. "Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt", erklärten sie in ihrer Urteilsbegründung.
Der Junior trug kein unternehmerisches Risiko
Das Gericht sah in dem vorliegenden Fall ein nicht vorhandenes unternehmerisches Risiko des Juniorpartners. Zudem war er nicht am Gesellschaftskapital beteiligt. Vielmehr sei er in dem Betrieb als nicht-selbstständiger Mitarbeiter eingesetzt, der nicht weisungsbefugt sei. Überschrieben war der Gesellschaftsvertrag überdies mit dem Titel „Vertrag über eine zahnärztliche nicht gleichberechtigte Gemeinschaftspraxis“. Zuvor hatte die zuständige KZV den Gesellschaftsvertrag genehmigt, das Gericht indes war anderer Auffassung.
LSG Baden-WürttembergAz.: L 4 R 1333/13