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Streit um den Copyfight

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Mit fortschreitender Digitalisierung der Gesellschaft wird der "Copyfight" um geistiges Eigentum immer massiver. Auch für die Freien Berufe. Experten stritten in Berlin zum Thema.

Zunächst hob Dr. Birgit Grundmann, Staatssekretärin im Bundesjustizministerium, die Qualität des geltenden Urheberrechts hervor: "Das bestehende Urheberrecht bietet ein ausgesprochen hohes Schutzniveau und ist EU-rechtlich verankert. Einzellösungen für Nationalstaaten führen hier nur ins Gestrüpp". In dieser Legislaturperiode sei eine Megadiskussion entbrannt. Ergebnis sei, dass es keinen gesellschaftlichen Konsens gebe und die Schaffenden in den Hintergrund rücken.

 "Schmarotzen" unterbinden

Die Zeit für eine Reform im großen Stil sei laut Grundmann noch nicht reif. Zunächst müsse man alle Interessen abwägen. Zugleich sei aber die Schaffung eines Leistungsschutzrechts im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Verlage sollen demnach im Online-Bereich nicht schlechter gestellt sein als andere Werkvermittler. Deshalb wolle man einen Leistungsschutzrecht für Presseverlage schaffen, um Presseerzeugnisse im Internet besser zu schützen. Grundmann: "Hier geht es darum, das Schmarotzen an den Leistungen anderer zu verhindern."

Kollateralschaden steht bevor

Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs, stellte die Frage in den Raum: "Welchen Kollateralschaden akzeptieren wir?". Die aktuellen Diskussionen zeigten, dass das Gros der Menschen täglich vom Urheberrecht betroffen ist, ohne dass es flächendeckende Lösungen gebe. Aus Sicht von Kurz müssten die Verwerter mehr an die Erzeuger abgeben, schließlich hätten sie bisher auch einen enormen Nutzen gehabt. Wissenschaftliche Werke sind laut Kurz besonders schlecht geschützt.

Wege aus der Kostenlosmentalität

Der Weg sei die Einführung von Bezahlwegen mit Kleinstbeträgen. Auch sogenannte Snippets - also ein Schnipsel einer Webseite - angezeigt in der Ergebnisliste einer Suchmaschine, unterliegen aus ihrer Sicht dem Urheberschutz. Die Informatikerin beobachtet zudem eine schnelle Entwicklung von Anonymisierungs- und Verschlüsselungstechniken im Internet.

Im Netz herrscht eine "Kostenlosmentalität", stellte die Rechtsanwältin und Expertin für Urheberrecht, Dr. Andrea Jaeger-Lenz, fest. Sie verwarf die Idee einer Kulturflatrate und schlug eine Schutzrechtsdauer sowie eine Regelung über verwaiste Werke vor. Letztere sind Werke im Internet, deren Urheber nicht auffindbar ist.

Der große Unterschied

Aus ihrer Sicht seien reine Abmahnkanzleien die Schattenseite der Thematik. "Es ist traurig, wenn Anwälte ihr Geschäftsmodell darin sehen, Abmahnungen zu erstellen." Zudem müsse man einen Unterschied zwischen einer Bagatelle und bewusstem Missbrauch im großen Stil machen. 

Prof. Oliver Castendyk von der Hamburg Media School betonte: "Das geistige Eigentum ist die große Stärke von Deutschland als Kulturnation." Laut Studien akzeptiere die Masse der Bevölkerung das Urheberrecht auch. Auch im Internet sei ein solches Recht durchsetzbar, das aber brauche Zeit.

Zwischenhändler bieten Tracking-Software an

Castendyk erklärte, wie die Abmahnkanzleien technisch arbeiten. Via Zwischenhändler, die die nötige Tracking-Software haben, würden die Zugänge ausgespäht, über die im Internet Werke illegal heruntergeladen werden. Hier sei es eine gesellschaftliche Aufgabe, illegales Downloaden unattraktiv zu gestalten.

Trend zur Kollektivierung

Laut Castendyk habe Apple bewiesen, dass einfache Vergütungssysteme à la iTunes machbar sind. Zukünftig werde es einen Trend zur Kollektivierung geben, wobei kollektive Modelle stets nur Begleitmodelle seien.

Hintergrund: Die Kontroverse um das Urheberrecht hat sich zu einem zentralen Konflikt in der digitalen Gesellschaft entwickelt. Ein modernes und austariertes Urheberrecht zu schaffen, gilt als Mammutaufgabe für den Gesetzgeber.

Urheber, Verwerter, Nutzer und Plattformbetreiber haben dabei ganz unterschiedliche Interessen. Der schwierige Spagat besteht in der Aufgabe, den Zugang zu Informationen zu wahren und gleichzeitig die Lebensgrundlagen der Urheber mit ihren kreativ-schöpferischen Leistungen auch gegenüber Verwertern zu sichern.

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