Großbritannien

Umfrage zeigt Ausmaß sexueller Belästigung im NHS

mg
Gesellschaft
Wie häufig anzügliche Witze, Annäherungsversuche oder sexuelle Übergriffe im Nationalen Gesundheitsdiensts NHS vorkommen, zeigt eine neue Umfrage unter 12.000 Beschäftigten: 10 Prozent haben es bereits erlebt.

Die Umfrage wurde von der Gewerkschaft UNISON durchgeführt und am 8. April veröffentlicht. Befragt wurde Gesundheitspersonal wie Krankenschwestern, Sanitäter und Verwaltungsangestellte aus ganz Großbritannien.

Ergebnis: 10 Prozent gaben an, am Arbeitsplatz sexuell belästigt worden zu sein. 61 Prozent von ihnen gaben an, das Ziel sexueller Witze gewesen zu sein, 50 Prozent der Betroffenen berichten von anzüglichen Gesten und fast jede(r) Dritte (29 Prozent) von sexuellen Übergriffen. Weitere häufig beschriebene Probleme waren das „Eindringen in den persönlichen Raum“ (57 Prozent) sowie „unerwünschte Kommentare über Kleidung oder Aussehen“ (53 Prozent). 15 Prozent berichten von unerwünschte Nachrichten sexueller Natur und 8 Prozent wurde von Dritten schon mindestens einmal mit pornografischem Material konfrontiert.

Mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Belästigungsvorfälle ereigneten sich innerhalb der vergangenen zwölf Monate, weitere 19 Prozent in den zwei Vorjahren. Die restlichen Fälle liegen drei oder mehr Jahre zurück. Auffällig ist: In mehr als der Hälfte der beschriebenen Fälle (56 Prozent) erlitten die Betroffenen die gemeldeten Belästigungen durch Kolleginnen und Kollegen, 16 Prozent davon wurden von Vorgesetzten verursacht. In 40 Prozent der Fälle wurden Patientinnen und Patienten als die Quelle der Belästigung benannt.

48 Prozent glauben, eine Beschwerde bringt nichts...

„Trotz des schwerwiegenden und sogar kriminellen Charakters einiger Vorfälle hatte die Hälfte der Mitarbeiter (51 Prozent) die sexuelle Belästigung ihrem Arbeitgeber nicht gemeldet“, schreibt UNISON. Der Hauptgrund dafür war die Angst, als „übersensibel“ angesehen zu werden (60 Prozent), gefolgt von mangelndem Vertrauen in den Aufklärungsprozess (53 Prozent) und dem Gefühl, dass der Arbeitgeber gar nicht auf die Beschwerde reagieren würde (48 Prozent).

Zusätzlich zu den quantitativen Daten wurden im Rahmen der Umfrage auch qualitative Aussagen zu den Vorfällen von den Befragten gesammelt. Eine Mitarbeiterin des Gesundheitswesens berichtete in diesem Zusammenhang, wie ihr am Arbeitsplatz der BH von einem männlichen Kollegen geöffnet wurde. Ein anderer Betroffener gab zu Protokoll, ein Kollege habe ihm Geld für Sex angeboten. Und ein Notfallhelfer berichtete: „Ein Arbeitskollege schreibt mir ständig Nachrichten, bucht die gleichen Schichten wie ich und macht sexuelle Annäherungsversuche. Ich habe versucht, die Zusammenarbeit mit ihm zu vermeiden, aber er war unerbittlich.“

..., weshalb jeder zweite Belästigung nicht gemeldet wird

„Niemand sollte jemals ein solch verabscheuungswürdiges Verhalten ertragen müssen, schon gar nicht an seinem Arbeitsplatz. Aber die Mitarbeiter des NHS nehmen diesen entsetzlichen Missbrauch oft in Kauf und melden ihn nicht, weil sie glauben, dass sie nicht ernst genommen werden“, kommentierte UNISON-Generalsekretärin Christina McAnea. „Es muss mehr getan werden, um Krankenschwestern, Pflegehelfer, Reinigungskräfte und andere NHS-Mitarbeiter vor sexueller Belästigung zu schützen und ihnen zu versichern, dass ihre Beschwerden umfassend untersucht und Maßnahmen gegen die Täter ergriffen werden.“

Arbeitgeber müssten schnell handeln, wenn Beschäftigte Vorfälle melden, fordert die Gewerkschaft, unabhängig davon, ob die sexuelle Belästigung von einer Patientin oder einem Kollegen ausgeht. „Andernfalls wird dieses völlig inakzeptable Verhalten einfach weitergehen.“

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