Sozialgericht München

Unfall bei Sprung in den Pool des Chefs kann Arbeitsunfall sein

mg
Recht
Springt ein Mitarbeiter zur Abkühlung in den Pool des Chefs und verletzt sich dabei, kann dies ein Arbeitsunfall sein, entschied das Sozialgericht München.

In der kürzlich veröffentlichten Entscheidung mussten die Richter feststellen, ob die schweren Verletzungen eines Arbeitnehmers beim Sprung in den nicht ausreichend tiefen Pool seines Arbeitgebers als Betriebsunfall zu werten waren.

Den Unfallhergang schilderte der Firmenchef wie folgt: Am letzten Arbeitstag vor den Betriebsferien mussten dringend noch Arbeiten fertiggestellt werden. Da es sich um einen sehr heißen Sommertag mit Temperaturen von mehr als 30 Grad Celsius handelte, habe er um etwa 18 Uhr die Anweisung gegeben, dass sich alle Mitarbeiter in seinem kleinen Pool auf dem Betriebsgelände kurz abkühlen sollen, damit die Restarbeiten anschließend noch vorgenommen werden konnten.

Was ein Arbeitsunfall ist, regelt das Sozialgesetzbuch (SGB) VII in Deutschland. Danach liegt dann ein Arbeitsunfall vor, wenn ein Arbeitnehmer während der Tätigkeit durch ein „zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis“ einen Gesundheitsschaden oder sogar den Tod erleidet (§ 8 SGB VII), erläutert der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael  Fuhlrott, Mitglied des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. „Wer also auf dem Betriebsgelände von einem Gabelstapler angefahren wird oder auf der Treppe im Büro stürzt, erleidet einen Arbeitsunfall.“ Daneben zählen auch sogenannte Wegeunfälle als Arbeitsunfälle.

Die Abgrenzung ist entscheidend: Ist es eine Privatveranstaltung?

Abgrenzungsschwierigkeiten gibt es hingegen, wenn die Tätigkeit sowohl einen dienstlichen Bezug als auch Freizeitelemente aufweist: So zählt eine Verletzung auf einem offiziellen Betriebsfest, zu dem die Firma eingeladen hat, ebenfalls als Arbeitsunfall.

„Gehen die Kollegen hingegen abends nach der Arbeit gemeinsam etwas trinken und passiert dort eine Verletzung, handelt es sich hingegen nicht um einen Arbeitsunfall, selbst wenn während des Kneipenbesuchs nur über dienstliche Themen gesprochen wird“, so Fuhlrott ab. Für eine dienstliche Veranstaltung spricht hingegen, wenn der Arbeitgeber die Kosten für die Veranstaltung übernimmt, die Planung durch den Arbeitgeber erfolgt und ausschließlich Mitarbeiter daran teilnehmen.

Im vorliegenden Fall sah die Berufsgenossenschaft in dem Unfall eine private Tätigkeit ohne ausreichende dienstliche Veranlassung. Das Sozialgericht bewertet den Sachverhalt jedoch anders und nahm einen Arbeitsunfall an: Die vom Chef angeordnete „Erfrischungspause“ habe der Wiederherstellung beziehungsweise der Erhaltung der Arbeitskraft gedient, argumentierte es. Damit bestehe ein sachlicher Zusammenhang zur Arbeitstätigkeit. Dies gelte insbesondere, wenn aufgrund der zuvor in Hitze verrichteter Tätigkeit eine Abkühlung notwendig und vom Chef sogar angeordnet worden sei.

Sozialgericht München
Az.: 9 U 276/21
Urteil vom 07. März 2023,

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