Unikliniken schlagen Alarm

nh/pm
Die finanzielle Situation vieler hochschulmedizinischer Einrichtungen ist dramatisch: Rund zwei Drittel der Häuser schreiben rote Zahlen. Kurz vor dem Endspurt der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform senden die Unikliniken einen Hilferuf.

"Nur noch fünf von insgesamt 33 Universitätskliniken rechnen mit einem positiven Jahresergebnis", warnten Vertreter des Verbands der Uniklinika Deutschlands (VUD) und des Medizinischen Fakultätentags (MFT) am Montag in Berlin. Das Gesamtdefizit allein für die Jahre 2012 und 2013 belaufe sich auf 250 Millionen Euro, sagte VUD-Geschäftsführer Ralf Heyden. Bei den Investitionskosten fehlten inzwischen bereits 20 Milliarden Euro.

Als Ursachen für die Finanzierungskrise nannten die Sprecher der Hochschulmedizin steigende Kosten für Personal, Medikamente und Energie, rückläufige Investitionszuschüsse in den meisten Bundesländern und einen zu geringen finanziellen Ausgleich für die Behandlung von besonders schwer erkrankten Patienten und Patienten mit sehr seltenen Erkrankungen.

Leistungen der Unikliniken besser abbilden

Fast alle Krankenhäuser litten unter einer unzureichenden Finanzierung, räumte der VUD ein. Doch die Unikliniken seien von den strukturellen Defiziten besonders betroffen, weil sie mehr leisten wollen und müssen als ein ganz normales Krankenhaus. Der Aufgabenverbund von Lehre, Forschung und Krankenversorgung erfordere eine komplexe Organisation. Die Studenten benötigten außerdem die jeweils neuesten Geräte, um nicht mit bereits veraltetem Wissen in den Beruf zu gehen.

Prof. Ulrich Frei, Ärztlicher Direktor der Charité, zeigte am Beispiel des standortübergreifenden Kompetenzzentrums für interdisziplinäre Tumormedizin, was Unikliniken leisten: "Die Tumorkonferenzen sind ein Beispiel für die besondere Rolle und Expertise der deutschen Hochschulmedizin. So beraten Spezialisten für Onkologie, Radiologie, Strahlenmedizin und anderer Fachrichtungen gemeinsam über eine bestmöglich abgestimmte multiprofessionelle und individuelle Therapie für den Patienten", sagte er.

Die Experten bringen damit Frei zufolge ihr jeweiliges Fachwissen aus nationalen und internationalen Forschungsprojekten sowie ihre spezifischen Erfahrungen aus der Patientenversorgung ein.

Forschung und Lehre müssen finanzierbar sein

Aus wirtschaftlicher Sicht seien mit der interdisziplinären Krankenversorgung ein erhöhter organisatorischer Aufwand, ein umfassendes Qualitätsmanagement und deutlich erhöhte Personalkosten verbunden, weil mehrere Spezialisten verschiedener Fachrichtungen gleichzeitig mit einem Patienten beschäftigt sind.

„Trotz der gesetzlichen Regelung, die eine Finanzierung von Zuschlägen für interdisziplinäre Behandlungszentren durch die Kostenträger vorsieht, wird gegen die berechtigten finanziellen Ansprüche der Unikliniken großer Widerstand geleistet“, so Frei.

Die Vertreter der Hochschulmedizin fordern jedoch ein stärkeres Engagement der Krankenkassen bei der Finanzierung von Forschung und Lehre sowie Zuschläge für die Vorhaltekosten von Zentren und die Notfallversorgung.

Für die Hochschulambulanzen solle die Begrenzung von Patientenzahlen fallen und die Vergütung für die Behandlungen steigen. Zudem wollen die Unikliniken einen Zuschlag für die Behandlung von schwer erkrankten Menschen, die sehr teure oder seltene Therapien benötigten.

Mehr Aufmerksamkeit durch Aktionswoche

Um ihren Forderungen Gewicht zu verleihen, hat die Deutsche Hochschulmedizin jetzt die Aktionswoche „Wir leisten mehr: Die Deutsche Hochschulmedizin“ gestartet. Bis Freitag wollen die Unikliniken mit Veranstaltungen und Pressekonferenzen bundesweit auf ihre Situation aufmerksam machen. Ziel ist, die Sensibilität der Öffentlichkeit und Politik für die strukturellen Schwachstellen zu erhöhen.

An den Einrichtungen der Hochschulmedizin studieren über 97.000 Frauen und Männer Human- und Zahnmedizin.

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