Unscharfe Formulierungen gefährden Rechtssicherheit

dg/ck/pm
Mit dem Antikorruptionsgesetz will der Gesetzgeber korruptives Verhalten im Gesundheitswesen unter Gefängnisstrafe stellen. Dass dort ungeachtet der Kritik aus der Selbstverwaltung der Korruptionstatbestand nicht genauer definiert wird, kritisierte der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer.

Der heute vom Kabinett verabschiedete Gesetzentwurf sieht die Aufnahme eines neuen Paragrafen ins Strafgesetzbuch vor, der Bestechung oder Bestechlichkeit mit drei Jahren Gefängnis sanktioniert. In besonders schweren Fällen drohen Ärzten, Zahnärzten, Apothekern, Pflegekräften oder Physiotherapeuten sogar fünf Jahre Haft.

Eßer erinnerte daran, dass die Zahnärzteschaft bereits seit Jahren geschlossen und unmissverständlich ein Null-Toleranz-Prinzip gegenüber korruptem Verhalten vertrete: "Korruption darf an keiner Stelle toleriert, sondern muss vielmehr konsequent sanktioniert werden, was durch strikte berufsrechtliche Maßnahmen auch bereits seit langem geschieht." Korruptives Verhalten beeinträchtige das für jede Behandlung erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Zahnarzt - grundsätzliche sei Absicht des Gesetzes daher nicht schlecht.

"Stattdessen einer konkreten Formulierung wird ein abstrakter Rechtsbegriff gewählt, der Unsicherheit schafft."

Der Gesetzgeber habe jedoch trotz intensiver Anmahnung von Seiten der Selbstverwaltung keine konkrete Formulierung des Korruptionstatbestandes getroffen. Eßer: "Stattdessen wird ein abstrakter Rechtsbegriff gewählt, der Unsicherheit schafft. Die Folge wird sein, dass eine Präzisierung dieses Korruptionsstraftatbestandes erst über die Gerichtsbarkeit in langjährigen Auseinandersetzungen erfolgen kann.“

Bereits Anfang Juli hatte die KZBV auf ihrer Vertreterversammlung ihre überarbeitete Compliance-Leitlinie vorgestellt, in der sie Zahnärzte über berufsrechtliche Pflichten - etwa bei der Leistungsabrechnung, der Beteiligung von Zahnärzten an Unternehmen oder der Erbringung zahntechnischer Leistungen - informiert. Sie soll Zahnärzten dabei helfen, Pflichtenverletzungen gegen bestehende Berufsausübungspflichten zu vermeiden.

Der Kabinettsentwurf entscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten vom Referentenentwurf von Anfang Februar:

  • So wurde die Kritik von Ärzten und von Juristen an dem Referentenentwurf berücksichtigt und die "gesundheitspolitisch grundsätzlich gewollte" berufliche Zusammenarbeit von Ärzten in die Begründung des Gesetzentwurfs aufgenommen.Ausdrücklich nennt der Entwurf nun die vor- und nachstationäre Behandlung und das ambulante Operieren im Krankenhaus (115 a und b SGB V), die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (116b SGB V) und sektorenübergreifende Versorgungsformen wie die integrierte Versorgung (140a ff. SGB V) - die Autoren betonen: "Die Gewährung angemessener Entgelte für die in diesem Rahmen erbrachten heilberuflichen Leistungen und dementsprechend die Verschaffung entsprechender Verdienstmöglichkeiten sind zulässig." Auch die bloße Teilnahme an einer vergüteten Anwendungsbeobachtung erfülle den Straftatbestand der Korruption nicht, heißt es an dort anderer Stelle. Anwendungsbeobachtungen seien forschungs- und gesundheitspolitisch wünschenswert, sofern ihre Ergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden.

  • Als mögliche Vorteilsannahme werden dagegen Einladungen zu Kongressen, die Übernahme der Kosten von Fortbildungsveranstaltungen oder das Einräumen von Vermögens- und Gewinnbeteiligungen aufgeführt.

  • Seit Anfang 2015 handeln die Pharmafirmen des Verbands forschender Pharmahersteller (vfa) europaweit nach einem Transparenzkodex, das heißt, sie erfassen systematisch ihre Kooperationen mit Ärzten und anderen Beteiligten im Gesundheitswesen und veröffentlichen sie bis Mitte 2016 auf ihren Internetseiten.

  • Eine wichtige Rolle kommt den KVen, KZVen, Kammern sowie den gesetzlichen und privaten Krankenversicherern zu. Ihnen überträgt der Gesetzgeber das Recht, Strafanträge gegen ihre Mitglieder zu stellen. Im Referentenentwurf waren die KVen und KZVen noch nicht erwähnt.

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