Studie aus dem Vereinigten Königreich

Viele Zahnärztinnen und Zahnärzte an der Belastungsgrenze

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Zahnmedizin
Zahnärzte und Praxisteams leiden massiv unter Stress, Überlastung und mangelnder Wertschätzung – besonders im britischen National Health Service (NHS). Burn-out und schwere psychische Folgen sind keine Seltenheit.

Eine aktuelle Studie aus Großbritannien zeigt, dass nicht nur Zahnärztinnen und Zahnärzte, sondern auch das Praxispersonal über ein besorgniserregendes Maß an Stress bis hin zu Burn-out und anderen schwerwiegenden psychischen Problemen berichten. Ziel der Studie war die Identifizierung der Faktoren, die zu einem derart hohen Stresslevel führen können.

Die Studie „MINDSET U.K.“ basiert auf einer landesweiten Online-Umfrage, in der auch Freitextantworten möglich waren. Von 1.507 Antworten enthielten 287 eine gültige Freitextantwort, die in die qualitative Analyse einflossen. 203 Antworten stammten von Zahnärztinnen und Zahnärzten, 69 von Zahnarzthelferinnen und -helfern, 13 von Personen aus den Bereichen Praxismanagement oder Rezeption und zwei Personen ohne Berufsgruppenzuordnung.

Hohes Stresslevel und große Unzufriedenheit

Auf Basis der Freitextantworten, die systematisch analysiert wurden, konnten die Forschenden sechs Hauptthemen herausarbeiten: „Arbeitsbelastung, NHS-System, Einhaltung von Vorschriften, Patientenbeschwerden und Rechtsstreitigkeiten, finanzieller Druck, Führung und Management sowie Selbstwertgefühl.“ [Mills et al., 2025].

Die Daten zeigen laut der Autoren ein hohes Stresslevel und große Unzufriedenheit britischer Zahnärztinnen und Zahnärzte. 61 Prozent der Befragten hatten hohe emotionale Erschöpfung angegeben. Einige berichteten über Burnout und andere schwerwiegende psychische Probleme bis hin zu einzelnen Andeutungen auf Suizidgedanken.

Die Forschenden erklären, dass die Arbeitsbelastung von einigen Befragten als stetig ansteigend und „unerträglich“ beschrieben wurde, ohne Perspektive auf Besserung. Hinzu gekommen seien die langen Wartezeiten für Patienten bei gleichzeitig massivem Personalmangel der Praxen und Kliniken. Durch das NHS-System verschärfe sich die ohnehin schon hohe Arbeitsbelastung durch die “steigenden Anforderungen an die Dienstleistungen in Verbindung mit reduzierten Kapazitäten“ [Mills et al., 2025].

„Ich gebe mich meinen Patienten gegenüber immer tapfer und professionell, aber das zehrt sehr an meinen Kräften. Ich sehe keinen Ausweg aus dieser Situation ... Es ist anstrengend, undankbar und auf Dauer nicht zu halten. Ich habe genug von dieser Art zu arbeiten.“

Zahnarzt, GDS

Viele Befragte berichten darüber, dass sie die gesetzlichen Vorgaben und Kontrollen als belastend empfinden und oft als zu bürokratisch ohne erkennbaren Nutzen für die Patientenversorgung. Hinzu komme, dass Beschwerden von Patientinnen und Patienten seit der Pandemie deutlich zugenommen haben, was den Alltag zusätzlich belastet. Teilweise würden die Patienten-Erwartungen als überhöht eingeschätzt – besonders im Rahmen der NHS-Versorgung, wo die Möglichkeiten begrenzt sind. Gerade Mitarbeitende im Empfangsbereich oder im Bereich Praxismanagement spürten die Unzufriedenheit der Patienten häufig am deutlichsten.

Ökonomischer Druck trägt zur Belastung bei

Ökonomischer Druck – insbesondere durch NHS-Zielvorgaben – trage deutlich zur Belastung von Zahnärztinnen und Zahnärzten bei. Mitarbeitenden und Praxispersonal fühlten sich häufig nicht ausreichend bezahlt und im Verhältnis zur geleisteten Arbeit nicht genug wertgeschätzt.

Viele Praxisangestellte machen demnach schlechtes Management (sowohl in Großkonzernen als auch in kleinen Praxen) als zentrale Ursache für Stress im Praxisalltag verantwortlich. Fehlende Struktur und unklare Aufgabenverteilung führten zu Überlastung, Frust und sinkender Arbeitszufriedenheit.

„Irgendwann wird etwas kaputtgehen, und ich versuche verzweifelt, dass ich es nicht bin, aber ich kann das nicht ewig durchhalten.“

Zahnarzt, CDS/PDS

Ein weiteres, zentrales Problem sei, dass Unterbezahlung, fehlende Anerkennung, Überlastung und das Gefühl des Ausgebranntsein bei vielen Befragten zu Versagensängsten und Selbstzweifel führen.  

Die MINDSET U.K.-Studie macht deutlich, dass die Arbeit im zahnärztlichen Bereich in Großbritannien mit erheblichen psychischen Belastungen verbunden ist. Viele Befragte fühlen sich dauerhaft erschöpft, überfordert und nicht ausreichend anerkannt; manche berichten sogar von Burn-out oder Suizidgedanken.

Besonders das NHS-System mit seinen hohen Vorgaben, knappen Ressourcen und niedriger Bezahlung gilt den Forschenden zufolge als zentraler Stressfaktor, während Tätigkeiten im privaten Bereich als etwas weniger belastend beschrieben wurden. Neben der Arbeitslast spielten auch Patientenerwartungen, zunehmende Beschwerden sowie Defizite in Führung und Organisation eine wichtige Rolle. Die Ergebnisse seien zwar aufschlussreich, ließen sich wegen der freiwilligen und nicht repräsentativen Stichprobe aber nur eingeschränkt verallgemeinern.

Mills I, Knights J, Ellwood F et al. UK Dental Team Mental Health Research and Implementation Group. Me, we, they: identifying the key stressors affecting the dental team. Br Dent J. 2025 Aug;239(3):197-203. doi: 10.1038/s41415-025-8645-z. Epub 2025 Aug 8. PMID: 40781429; PMCID: PMC12334351.

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