Wartezeiten sind kein Problem mehr
Die Wertschätzung der Versicherten für die Arbeit der Niedergelassenen ist unverändert hoch: 91 Prozent bewerten das Vertrauensverhältnis als gut oder sehr gut. 92 Prozent bewerten die Fachkompetenz ihres Arztes oder ihrer Ärztin als gut oder sehr gut. Das geht aus der neuen Versichertenbefragung hervor, die die Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) heute in einer Online-Pressekonferenz vorgestellt hat. Auch in der Hochphase der Pandemie habe sich das Vertrauen der Versicherten in die Ärzte nicht wesentlich geändert, heißt es in der Befragung.
Der Anteil aller 18- bis 79-jährigen Bürgerinnen und Bürger, die in den letzten zwölf Monaten beim Arzt in der Praxis waren, um sich selbst behandeln oder beraten zu lassen, liegt unter dem langfristigen Durchschnittsniveau aller Versichertenbefragungen seit 2006: Im März 2020, also in der beginnenden Hochphase der Corona-Epidemie, gaben 81 Prozent aller Befragten an, im letzten Jahr einen Arzt aufgesucht zu haben. 2019 lag dieser Anteil bei 87 Prozent. In den letzten zwölf Monaten bei keinem Arzt gewesen zu sein, sagen 19 Prozent der 18- bis 79-Jährigen.
Aufenthalte im Krankenhaus oder Besuche beim Zahnarzt werden hier nicht berücksichtigt. Von den Befragten, die in den letzten zwölf Monaten einen Arzt aufgesucht haben, waren – zunächst unabhängig von der Häufigkeit – 37 Prozent ausschließlich beim Hausarzt, 16 Prozent haben ausschließlich einen Facharzt aufgesucht und knapp die Hälfte (47 Prozent) haben sowohl Haus- als auch Facharzt konsultiert. Diese Zahlen sind mit denen von 2019 in allen drei Kategorien identisch.
Die Verteilung der Arztbesuche bleibt der Befragung zufolge im Vergleich zu früheren Erhebungen konstant, die meisten Menschen gehen drei bis zehn Mal im Jahr zum Arzt. Die meisten tun dies wegen eines akuten Problems, erst in der Altersgruppe ab 60 Jahren ist der häufigste Grund für den Praxisbesuch eine chronische Erkrankung.
Gassen: „Die Wartezeiten sind kein Problem, das die Menschen umtreibt.“
Sehr eindeutig ist das Ergebnis bei der Frage nach zu langen Wartezeiten auf einen Arzttermin: „Zusammengenommen 49 Prozent der Befragten – und damit etwas mehr als in den letzten Jahren – sagten, dass sie überhaupt keine Wartezeit in Kauf nehmen mussten, wenn es ganz allgemein um einen Termin ging“, berichtete der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen vor der Presse. „Acht von zehn Befragten (80 Prozent) hat es demnach nicht zu lange gedauert, bis sie einen Termin bekamen (Vorjahr: 79 Prozent). Bei der Frage nach den größten Herausforderungen der Zukunft im Bereich Gesundheit und Gesundheitssystem spielt das Thema Wartezeiten/verfügbare Termine mit lediglich drei Prozent fast keine Rolle.
„Zudem“ so Gassen weiter, „ist feststellbar, dass sich die Wartezeiten von gesetzlich und privat Versicherten – entgegen manchen Behauptungen – immer mehr angleichen.“ Der Anteil der gesetzlich Versicherten, die ohne Wartezeit einen Termin bekamen, ist mit 31 Prozent (plus 2 Prozent) nahezu identisch mit dem Anteil der privat Versicherten mit 30 Prozent (± 0 Prozent). Gassen: „Die Wartezeiten sind also kein Problem, das die Menschen umtreibt.“
Bekanntheitsgrad der 116117 ist gestiegen – Ärztemangel erkannt
Ein weiteres, aus Sicht der KBV wichtiges Thema ist die Nachfrage nach dem ärztlichen Bereitschaftsdienst. Die Bekanntheit der Nummer 116117 hat der Befragung zufolge seit dem vorigen Jahr noch einmal deutlich zugelegt. Gassen verwies auf die diesbezügliche Kampagne der KBV im letzten Jahr. In der Corona-Hochphase im März/April sei die Nummer in der Öffentlichkeit oft als „Corona-Hotline“ bezeichnet worden, erklärte Gassen. Auch die Inanspruchnahme des ärztlichen Bereitschaftsdienstes sei in nicht lebensbedrohlichen Fällen nachts und am Wochenende gegenüber den Krankenhäusern und dem Rettungsdienst gestiegen. Das sei ein gutes Zwischenergebnis, aber sicher noch ausbaufähig.
Als großes Problem erkennen die Versicherten der Befragung zufolge der Ärztemangel und der Mangel an medizinischem und pflegerischem Personal. Die knapper werdende „Ressource Arzt“ werde von den Befragten als eine der größten Herausforderungen für unser Gesundheitssystem in den nächsten Jahren genannt, berichtete Gassen.
Skepsis gegenüber der Digitalisierung
Ein weiterer Bereich, der in der Befragung thematisiert wurde, war die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Davon verspricht sich mehr als die Hälfte der Versicherten (51 Prozent) zwar grundsätzlich künftig Vorteile. Dennoch sehen viele der Befragten die Digitalisierung der Umfrage zufolge skeptisch: 39 Prozent befürchten, dass sich das Verhältnis von Ärzten und Patienten eher verschlechtert. „Der persönliche Kontakt sowie das persönliche Gespräch mit dem Arzt bleibt deshalb der Goldstandard und wird von Patienten auch so gewünscht“, sagte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV.
Auch nach Gesundheits-Apps wurde in der Untersuchung gefragt. Die Empfehlung von Gesundheits-Apps möchten demnach 58 Prozent der Smartphone-Nutzer unter den Patienten am liebsten von ihrem Arzt erhalten.
Umfassender Impfschutz befürwortet
Gefragt wurden die Versicherten auch zum Thema Impfen: Demnach gaben 67 Prozent aller Befragten an, dass ihr Impfschutz auf aktuellem Stand sei – im Detail 66 Prozent der Männer und 70 Prozent der Frauen. „Die Mehrheit der Befragten befürwortet einen umfassenden Impfschutz. Das ist ein wohltuendes Gegenbild zum lautstarken Erscheinungsbild sogenannter Impfgegner“, erklärte Hofmeister.
Für die Versichertenbefragung der KBV hat die Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld GmbH im Zeitraum vom 16. bis 25. März 2020 in Deutschland insgesamt 2.036 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger zwischen 18 bis 79 Jahren telefonisch befragt. Die Befragung findet seit 2006 regelmäßig statt.
KBV-Umfrage zur Pandemie
KBV-Umfrage zur Pandemie