Was leisten die neuen Endo-Geräte?

sf
Zahnmedizin
Die IDS rückt näher und die Industrie offeriert eine neue Instrumentengeneration zur Aufbereitung der Wurzelkanäle. Was Toy und was Tool ist, erklärt Prof. Michael Hülsmann aus Göttingen.

zm-online: Herr Prof. Hülsmann lässt sich schon eindeutig sagen, dass unter der neuen Generation der Wurzelkanalaufbereitungsinstrumente mit einer geringeren Frakturrate zu rechnen ist?

Prof. Michael Hülsmann:

Zahlreiche experimentelle Untersuchungen legen tatsächlich nahe, dass neuere Nickel-Titaninstrumente frakturresistenter sind als ihre Vorgänger. Dies ist sowohl auf veränderte Bewegungsabläufe (Verzicht auf Vollrotation) als auch auf Modifikationen in der Metallurgie zurückzuführen (zum Beispiel M-Wire-Legierung oder zusätzliche thermische Vorbehandlung, die auch in Farbveränderungen der Instrumente (schwarz, gold, blau) resultiert).

Dabei ist allerdings zu beachten, dass zum Beispiel eine Erhöhung der Frakturresistenz um 100 Prozent nur bedeutet, dass die Instrumente nicht wie zuvor nach drei bis 400 Umdrehungen frakturieren, sondern nach sechs bis 800 Umdrehungen, also nach zwei bis drei Minuten, statt wie zuvor nach einer Minute Rotation im Wurzelkanal.

Passiver, limitierter Einsatz und Anwendung in einem Motor mit kontrolliertem Drehmoment und konstanter Drehzahl bleiben meines Erachtens aber die wichtigsten Maßnahmen der Frakturprophylaxe. Auch bei den älteren NiTi-Systemen lag die Frakturhäufigkeit bei sachgemäßer Anwendung in einem extrem niedrigen Bereich.

Ein Hersteller wirbt damit, dass die neuen Instrumente vorgebogen werden können. Ist das wirklich ein Benefit für die Therapie?

 

Inzwischen werben bereits mehrere Hersteller damit, dass die Instrumente jetzt auch vorgebogen werden können, was zuvor wegen des Memory shape nicht möglich war. Ich glaube ehrlich gesagt aber nicht, dass dies von größerer klinischer Relevanz ist. Ich habe in den vergangenen circa drei Jahren genau einmal ein NiTi-Instrument vorbiegen müssen, um es in den Wurzelkanal einbringen zu können. Gibt es diesbezüglich Probleme, sind diese zumeist nicht auf die „starren“ NiTi-Feilen, sondern auf unzureichende Zugangskavitäten zurückzuführen.

Heute lassen sich je nach Feilensystem

klassische Endo-Motoren einsetzen oder auch avancierte Systeme, die sowohl kontinuierlich als aus reziprok arbeiten können. Alternativ zu einem üblichen Touch-screen-Bedienfeld ist bei einigen Modellen eine Ansteuerung über eine App vom kleinen Pad aus per Bluetooth möglich – eine echte Hilfe für den Behandler?

Das möchte ich bezweifeln. Meines Erachtens ist das eher überteuertes Techno-Spielzeug als eine reale Arbeitserleichterung, also mehr Toy als Tool.  Man sollte bei allen diesen technologischen Innovationen nie vergessen, dass es hier auch – und zwar ganz massiv – um Kommerz geht, was auch die immens schnellen Innovationszyklen erklärt. Man muss nicht jeder Neuheit sofort und unkritisch hinterherlaufen, Abwarten kann auch mal ganz hilfreich sein (und unter Umständen viel Geld sparen und Frust vermeiden)!

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