Weniger Ritalin gegen ADHS
Pillen gegen Störungen bei Kindern, die unaufmerksam und hyperaktiv sind - jahrelang stiegen die Verordnungszahlen. Auch Zweifel wurden deshalb immer wieder laut. Nun scheint eine Trendwende in Sicht: Neue Daten der Techniker Krankenkasse (TK) zeigen, dass die Zahl der Kinder zwischen 6 und 17 Jahren, die Medikamente gegen ADHS bekommen haben, von 2009 bis 2012 bundesweit um gut 3,4 Prozent sank.
Ein erster Rückgang
Das BfArM teilte in Bonn mit, dass im vergangenen Jahr 1.803 Kilogramm des Ritalin-Wirkstoffs Methylphenidat verbraucht wurden. 2012 waren es noch 1.839 Kilogramm. In den zehn Jahren zuvor hatte sich der Verbrauch verdreifacht.
BfArM-Präsident Walter Schwerdtfeger betonte, es lasse sich noch keine echte Abwärtstendenz erkennen. "Gleichwohl werten wir diesen ersten leichten Rückgang nach dem massiven Anstieg der vergangenen 20 Jahre als ein positives Signal, das möglicherweise auf einen kritischeren Umgang mit Methylphenidat hindeutet", sagte er. Als Ursachen für den Rückgang kommt laut BfArM auch infrage, dass die teils umstrittenen Medikamente zuvor möglicherweise zu oft verordnet worden seien.
Ärzte werden vorsichtiger
Die TK wies darauf hin, dass die Zahl der mit ADHS-Medikamenten behandelten Kinder und Jugendlichen allein von 2006 bis 2009 um 32 Prozent angestiegen war. "Offenbar ist die Vorsicht bei einer medikamentösen Behandlung von ADHS gewachsen", sagte die TK-Apothekerin Edda Würdemann. Falsch dosiertes Methylphenidat könne Angstzustände oder Appetitlosigkeit auslösen. ADHS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung.
Im Vergleich von 2012 zu 2009 wurden ADHS-Medikamente laut TK in fast allen Bundesländern zurückhaltender verschrieben. Lediglich in Nordrhein-Westfalen nahm die Zahl der Kinder und Jugendlichen zu, denen ein ADHS-Medikament verordnet wurde - und zwar um 4,6 Prozent.
Jungs sind besonders oft zappelig
Laut einer Studie der Barmer GEK vom vergangenen Jahr hatten rund 620.000 Kinder und Jugendliche 2011 gemäß ärztlicher Diagnose das "Zappelphilipp-Syndrom", davon 472.000 Jungen. Zusammen mit Erwachsenen waren es insgesamt 750.000 Patienten. Besonders betroffen waren Jungen vor dem Wechsel aus der Grundschule. Verhaltenstherapie und Heilmittel wie etwa Ergotherapie sind neben einer medikamentösen Therapie wichtige Bestandteile der Behandlung.