Wer besser kaut, ist länger fit

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Zahnmedizin
Japan: Der Mann ist um die 80 Jahre alt. Er kann nur mit Mühe essen und sprechen. Die Pflege verweigert er, auch seine Medikamente lehnt er ab. Die meiste Zeit liegt er im Bett. Einige Wochen später steigt er plötzlich wieder alleine Treppen! Und er lacht! Was ist passiert?

Seine Gesichtszüge sind schlaff, die Augen halb geschlossen. Ein Video zeigt ihn, wie er kaum einen Schritt vor den anderen setzen kann, obwohl ihn andere stützen.

Wenige Wochen, nachdem er von einem Zahnarzt behandelt wird, ändert sich sein Gesichtsausdruck. Die Augen wirken größer, er selbst wacher. Als er in einen Apfelschnitz beißt, sagt er lächelnd "oishii" - "lecker". Er geht jetzt ohne Hilfe, steigt selbst Treppen. Und er lächelt wieder.

Zu verdanken hat er diesen Gewinn an Lebenslust Dr. Hideo Kawahara. Der 74-Jährige ist praktizierender Zahnmediziner und unterrichtet laut Ärzte Zeitung an mehreren Hochschulen Japans, Spezialgebiet: Zahnersatz, genauer: Zahnprothesen. Seit über 40 Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema Alter, Verlust der Kaufähigkeit und Lebensqualität. Vor 13 Jahren begann er, die Behandlung einiger Dutzend Patienten mittels Videokamera zu dokumentieren. Einer davon ist der fast bettlägerige Rentner. Kawahara ersetzte seine alte defekte Prothese und übte mit ihm Kauen und Essen.

Wer gut kaut, lebt nicht nur länger, sondern vor allem besser

Denn zuvor machte Kawahara immer wieder die Erfahrung: Sobald sich Mundhygiene und Kaufähigkeit verbesserten, ging es den Patienten deutlich besser - körperlich wie mental. Wer gut kaut, lebt nicht nur länger, sondern vor allem besser, lautet seine Bilanz.

Aus urheberschutzrechtlichen Gründen können wir Ihnen nur das gesamte Youtube-Video zeigen. Springen Sie deshalb auf die Marke 19 Minuten und 28 Sekunden.

Der Schlüssel zur Gesundung steckt Kawahara zufolge in den Muskeln, denn darüber ist der Kauapparat mit dem peripheren Nervensystem und der Großhirnrinde verknüpft. Jede Kaubewegung sendet einen Impuls ans Gehirn und regt den Blutfluss an. Die Ärzte Zeitung berichtet in dem Zusammenhang von einem Experiment mit Ratten, dass Kawaharas Kollege Akira Uehama durchführte: Die Tiere fanden den Weg durch ein Labyrinth zunächst problemlos - bis man ihnen die Zähne abstumpfte. Dann konnten sie sich nicht mehr orientieren. Erst, als man ihre Zähne wieder verlängerte, fanden sie den Ausweg. Solche Ergebnisse haben nicht nur für Japan, der am schnellsten überalternden Gesellschaft der Welt, hohe Relevanz.

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16 bis 20 Zähne sind das Minimum

Eine Ursache ist für Kawahara, dass seine Landsleute gerne weiche Speisen essen und wenig kauen - nur 800 mal am Tag. Zahnärzte empfehlen dreimal so viel, am besten 30 mal pro Bissen. Das aber geht nur, wenn man genügend Zähne hat. 16 bis 20 Zähne würden für die meisten Lebensmittel reichen. Bei sechs bis zehn Zähnen könne man fast nichts mehr kauen, zitiert das Blatt Kawahara.

Erdnüsse sind eine Herausforderung

Das sich der Aufwand für guten Zahnersatz lohne sich, betont auch Uehama: Klinische Studien haben demnach gezeigt, dass je nach Kaubewegung andere Areale im Hirn angesprochen werden, manche an der Oberfläche, andere in der Tiefe des Gehirns. Dort seien Gefühle wie Sicherheit, Zufriedenheit und Entspannung lokalisiert, die nicht einmal mit Medikamenten ansprechbar seien, sagt Uehama. Er empfiehlt möglichst abwechslungsreiche Kost: Erdnüsse zum Beispiel sind eine Herausforderung für das Gebiss. Um sie zu zerkleinern und zu schlucken, müsse man fest beißen. Dadurch werde die Koordination im Mund trainiert und zugleich das Gehirn angeregt. Verschreibungspflichtige Spezial-Kaugummis, die die Kaufähigkeit fördern, gibt es bereits. Nun entwickeln japanische Zahnärzte mit der Industrie kauintensive Lebensmittel für Supermärkte.

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