Whistleblowerin: Pfizer-Subunternehmen hat bei Comirnaty-Studie gepfuscht
Einem Bericht im British Medical Journal ( BMJ) zufolge erhebt die ehemalige Mitarbeiterin Brook Jackson, die bei der Forschungsorganisation Ventavia Research Group im September 2020 als Regionaldirektorin beschäftigt war, Vorwürfe gegenüber diesem Subunternehmen. Ventavia war von Pfizer mit klinischen Studien zum Corona-Impfstoff Comirnaty beauftragt worden.
Jackson beschuldigt Ventavia , dass es Daten fälschte, die Verblindung der Patienten aufhob, unzureichend geschulte Impfärzte beschäftigte und unerwünschten Ereignissen, die in der entscheidenden Phase III-Studie von Pfizer gemeldet wurden, nur langsam nachging.
Auf die Mitteilung der Missstände folgte die Kündigung
Aus Verärgerung darüber, dass Ventavia sich nicht um die Probleme kümmerte, fotografierte Jackson offenbar mehrere Vorgänge mit ihrem Mobiltelefon. Ein Foto zeigt laut BMJ-Report Nadeln, die in einer Plastiktüte für biologische Gefahrenstoffe anstatt in einem Behälter für scharfe Gegenstände entsorgt wurden. Auf einem anderen Foto sei zu sehen, wie Impfstoffverpackungen, auf denen die Identifikationsnummern der Studienteilnehmer vermerkt waren, offen herumlagen, wodurch die Teilnehmer möglicherweise nicht verblindet wurden.
Der BMJ-Bericht bezieht sich größtenteils auf Jacksons Schilderung, jene war allerdings nur zwei Wochen an den klinischen Studien des Unternehmens beteiligt. Den Angaben zufolge ist Jackson ausgebildete Auditorin für klinische Studien mit 15 Jahren Berufserfahrung in der Koordination und im Management klinischer Forschung. Nachdem sie Ventavia wiederholt auf die Probleme hingewiesen hatte, schickte Jackson eine Beschwerde an die US-Lebensmittel- und Arzneibehörde FDA. Daraufhin feuerte sie Ventavia noch am selben Tag.
Das wird Ventavia vorgeworfen
Teilnehmer wurden nach der Injektion auf einen Flur gestellt und nicht von klinischem Personal überwacht.
Unerwünschten Ereignissen wurde nur zögerlich nachgegangen.
Protokollabweichungen wurden nicht gemeldet.
Impfstoffe wurden nicht bei den richtigen Temperaturen gelagert.
Laborproben wurden falsch etikettiert.
Es wurde Druck auf Ventavia-Mitarbeiter ausgeübt, die diese Art von Problemen meldeten.
Bis zum 25. September hatte das texanische Subunternehmen die Wirkung von Comirnaty an 1.000 Probanden untersucht. Die gesamte Studie umfasste weltweit etwa 44.000 Teilnehmer an 153 Standorten. Im August 2021, nach der vollständigen Zulassung von Comirnaty, veröffentlichte die FDA eine Zusammenfassung ihrer Inspektionen der Zulassungsstudie des Unternehmens. Nur neun der insgesamt 153 Prüfstellen waren inspiziert worden – die Standorte von Ventavia gehörten nicht dazu.
BioNTech will Vorwürfe prüfen
Das Mainzer Pharmaunternehmen BioNTech will Medienberichten zufolge den vorgeworfenen Unregelmäßigkeiten bei der Studie nachgehen. Das Unternehmen nehme die Aussagen des Artikels ernst, heißt es, und will sie umgehend prüfen.
Wie bewerten Experten die Vorwürfe?
Fachleute, die sich zu den Vorwürfen geäußert haben, bezweifeln jedoch nicht die Wirksamkeit des Impfstoffs. Die Angaben reichen nicht aus, „um an der Qualität der klinischen Studie von BioNTech/Pfizer zu zweifeln”, sagte etwa der Direktor des Instituts für Tropenmedizin an der Universität Tübingen, Peter Kremsner. Zwar sei es „unschön”, was die Whistleblowerin entdeckt habe, aber nicht ausreichend, um die Impfdaten deswegen generell infrage zu stellen. Seiner Meinung nach könne Erfolgs- und Zeitdruck zu Fehlern geführt haben.
Ähnlich äußerte sich der wissenschaftliche Leiter des Zentrums für Klinische Studien Köln, Oliver Cornely: Die geäußerten Mängel schränkten „die Aussagekraft der Zulassungsstudie des Impfstoffs nicht ein”. Es seien nur 2,3 Prozent der 44.000 Teilnehmer von dem Subunternehmen Ventavia betreut worden. Aktuell zeige sich in den Krankenhäusern, wie gut der Impfstoff funktioniere.
Auc das Paul-Ehrlich Institut (PEI) reagierte am 5. November und bestätigt, obwohl es nicht an den US-Inspektionen beteiligt war, Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs sowie die entsprechenden Ergebnisse aus der klinischen Phase-III-Studie.