Wiener Studie analysiert 500 Virusgenome

Wie sich SARS-CoV-2 von Ischgl aus verbreitete

ck/LL
Gesellschaft
Eine Wiener Studie zeigt, wie sich SARS-CoV-2 vom Ski-Ort Ischgl und von Wien ausgehend verbreitet hat. Superspreader-Ereignisse spielten offenbar eine große Rolle: Die Infizierten wiesen bis zu 1.000 Viren auf.

500 Viren braucht es im Durchschnitt, um sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren, berichtet der Wiener Forscher Dr. Andreas Bergthaler. Seinem Team vom Center for Molecular Medicine (CeMM) in Wien ist es nun gelungen, mittels Genomsequenzierung zu rekonstruieren, wie sich das Coronavirus von Ischgl und Wien aus bis nach Island verbreitet hat.

Gemeinsam mit der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und mit zahlreichen Universitäten und Krankenhäusern in ganz Österreich haben die Wissenschaftler ein genaueres Bild der Virusmutationen und -übertragungen gezeichnet.

Ischgl ist eine Drehscheibe

Mithilfe des Genomen-Abgleichs konnten die Forscherkonnten Infektionen bis nach Ischgl zurückverfolgen. Das bestätigt den Alpen-Ort als einen der Hotspots und als Drehscheibe in der Pandemie-Verbreitung in Europa. Die Untersuchung zeigt jedoch auch, dass das Virus nicht wie angenommen durch den ersten Ausbruch in Bayern bei einem Autozulieferer nach Österreich gelangte, sondern wahrscheinlich über Touristen aus der Lombardei eingeschleppt wurde. Über ein Super-Spreading-Event in der Ischgler Après-Ski-Gastronomie nahm die Verbreitung dann ihren Lauf.

 "Die Übertragungskette begann mit einem Rückkehrer aus Italien. Innerhalb von 24 Tagen verbreitete sich das SARS-CoV-2-Virus im Großraum Wien über öffentliche und gesellschaftliche Veranstaltungen in geschlossenen Räumen", schreiben die Forscher.

Für die Studie wurden insgesamt 750 Proben aus wichtigen SARS-CoV-2-Infektionsclustern in Österreich wie den Touristenstädten Ischgl und Wien phylogenetisch und epidemiologisch rekonstruiert und ihre Rolle bei der transkontinentalen Virusverbreitung analysiert.

1.000 infektiöse Viruspartikel werden von einer Person übertragen

Die Ergebnisse zeigen, dass im Durchschnitt 1.000 infektiöse Viruspartikel von einer infizierten Person auf die nächste übertragen werden. Diese Werte sind Bergthaler zufolge insgesamt deutlich höher als bei anderen Viren wie HIV oder Noroviren und sprechen für einen sehr engen Körperkontakt - wie er oft bei  Après-Ski-Partys stattfindet.

Bergthaler: "Gelegentlich fanden wir aber auch Infizierte, die offenbar mit weniger Viruspartikeln in Kontakt kamen und sich trotzdem infiziert haben. Wir vermuten, dass Parameter wie die Anwendung von Schutzmaßnahmen, der Übertragungsweg oder das Immunsystem hier eine entscheidende Rolle spielen könnten."

Die Verringerung der Viruslast infizierter Personen durch eine Kombination von Maßnahmen wie Mund-Nasen-Schutz, physischer Abstand und adäquater Raumluftaustausch könnte eine Schlüsselrolle spielen, um sowohl die Ausbreitung des Virus zu verhindern als auch möglicherweise sogar den Krankheitsverlauf zu beeinflussen.

Bergthaler, A. et al.: "Genomic epidemiology of superspreading events reveals mutational dynamics and transmission properties of SARS-CoV-2" published in  Science Translational Medicine, 23 Nov 2020. DOI: <link url="https://stm.sciencemag.org/content/early/2020/11/20/scitranslmed.abe2555" import_url="https://stm.sciencemag.org/content/early/2020/11/20/scitranslmed.abe2555 _blank external-link-new-window" follow="follow" seo-title="" target="new-window">10.1126/scitranslmed.abe2555

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