NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann auf der KZBV-VV

„Wir haben aus guten Gründen ein selbstverwaltetes Gesundheitssystem!“

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Heute startete die Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) in Bonn. Per Video zugeschaltet: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann. Seine Kritik am Bundesgesundheitsministerium (BMG): Der ehrliche Dialog fehlt!

In vielen Bereichen der Versorgung funktioniere die Zusammenarbeit der Zahnärzte mit der Politik in NRW, sagte der Vorsitzende der Vertreterversammlung, Dr. Holger Seib, in Richtung Laumann. Aber: „Die Stimmung der Zahnärztinnen und Zahnärzte ist derzeit schlecht. Bei uns herrscht Katerstimmung!“ Denn statt die realen Probleme anzugehen, sei die Gesundheitspolitik der Ampel vor allem eins: „Versorgungsfremd und fernab von unseren Praxen!“

„Es ist ja bekannt, dass ich kein großer Anhänger von iMVZ bin!"

Karl-Josef Laumann (CDU), Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen, verwies in seiner Begrüßungsrede vor dem Hintergrund der kriegerischen und gesellschaftlichen Krisen auf die finanziellen Herausforderungen für den Staat – und auch für das Gesundheitssystem. Ausdrücklich nannte er dabei die Lohnhöhungen, die längst noch nicht alle über die Sozialversicherungen refinanziert seien. Deswegen habe man in dieser Situation auch eine Diskussion darüber, wie man das Gesundheitswesen dauerhaft stabil halten kann. Dass kaum noch ein Krankenhaus Schwarze Zahlen schreibt, mache auch ihm als Landesgesundheitsminister Sorgen.

Ausdrücklich lobte Laumann die ausgezeichnete zahnärztliche Versorgung. In NRW setze er daher darauf, dass die Zahnärzteschaft auch in der nächsten Generation in der Regel freiberuflich organisiert ist. „Es ist ja allgemein bekannt, dass ich kein großer Anhänger von investitionsgesteuerten MVZ bin und deswegen hat unser Land auch eine entsprechende Initiative in den Bundesrat eingebracht.“ Laumann kündigte in diesem Zuge an, in NRW über das Heilberufsgesetz alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Freiberuflichkeit im medizinischen Bereich abzusichern – in der Hoffnung, dass sich dann auch auf Bundesebene etwas bewegt. „Dort lassen sie es einfach laufen, aber ich glaube, wenn wir nicht bald eine klare Regelung zur Einschränkung von iMVZ haben, wird die Freiberuflichkeit leider in erheblichem Umfang abnehmen.“

„Diese Kampagne hat auf jeden Fall einen guten Nachhall!"

Sehr gut kam in Laumanns Ministerium die KZBV-Kampagne „Zähne zeigen“ zum Erhalt der PAR-Therapie an: „Diese Kampagne hat auf jeden Fall einen guten Nachhall in der Bevölkerung und auch in Ihrer Patientenschaft! Das merken wir auch anhand der Briefe und Faxe, die wir bekommen. Und man sieht einfach, dass es nicht gut ist, wenn man eine Politik macht, getreu dem Motto: 'Rein in die Kartoffeln, raus in die Kartoffeln!„ Wenn man also eine Leistung einführe und sich das ganze System der Praxen darauf einstelle, dem Wunsch der Politik nach einer stärkeren Prävention nachzukommen, und dann ein Jahr später das aber nicht mehr finanzieren wolle und mit irgendwelchen Tricks arbeite: “Dann ist das nicht die verlässliche Politik, die ein Berufsstand zu Recht erwarten kann, gerade wenn er in den GKV-Leistungen in erheblichem Umfang an politische Entscheidungen gebunden ist.“ Laumann: “Ich finde Politik muss immer so funktionieren, dass man schon etwas mit langem Atem arbeitet und eine gewisse Verlässlichkeit hat!“

„Dieser fehlende ehrliche Dialog ist eigentlich das größte Problem!“

Seine größte Kritik an der Ampel-Politik sei, dass kein vernünftiger Dialog – auch in der Gesundheitspolitik – mit den betroffenen Strukturen geführt wird. „Erstens wird man als Politiker nicht dümmer, wenn man den Dialog ständig sucht, aber dadurch entsteht auch ein Vertrauen. Und dieser fehlende ehrliche Dialog ist eigentlich das größte Problem, das wir zurzeit in der Bundesgesundheitspolitik haben.“ Nicht nur bei den Zahnärzten, sondern auch in vielen anderen Bereichen sei es so: „Es besteht der Eindruck, dass man alles besser weiß, dass man ohnehin nicht mit anderen Leuten reden muss und dass man die Dinge einfach so wie man sie sieht, letzten Endes auch durchsetzt. Und das ist nicht die Form, die angemessen ist. Wir haben in Deutschland kein staatliches Gesundheitssystem, wir haben aus guten Gründen ein selbstverwaltetes Gesundheitssystem!“

Nachdem der lange Applaus verebbt war, stellte KZBV-Chef Martin Hendges fest: “Ich glaube, wir müssen fast gar nichts darauf erwidern, was Sie gesagt haben, denn Sie haben 100-prozentig das getroffen, was wir denken!"

Die Wertschätzung der Selbstverwaltung und ihrer Expertise sei heute leider keine Selbstverständlichkeit mehr. „Was Herr Lauterbach von uns als Freiberufler hält, kann man an den Gesetzen aus seinem Haus entnehmen. Dieser Gesundheitsminister setzt alles daran, die Freiberuflichkeit weiter auszubooten. Wir bewegen uns immer mehr Richtung Staatsmedizin“, betonte Hendges. Das zeige das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) in aller Deutlichkeit, aber auch die beiden Digitalgesetze seien „eine unverhohlene Diffamierung der Selbstverwaltung“. Man wisse, dass die Krankenhausreform ein zentrales Versorgungsthema ist, aber das dürfe nicht dazu führen, dass der ambulante Bereich ignoriert wird.

Hendges dankte Laumann auch für seine Unterstützung des Bundesrats im Kampf gegen investorengetragene MVZ. Hendges: „Ein Regulierungsgesetz ist mehr als überfällig. Mit jedem weiteren Monat sehen wir, dass weitere iMVZ entstehen.“ Es sei daher für die Zahnmedizin dringend erforderlich, dass neben der räumlichen auch eine fachliche Gründungsbeschränkung zur Eindämmung der Private Equity-Investoren gesetzlich verankert wird.

„Es ist fast ein Jahr her, da hatte der Bundesgesundheitsminister vollmundig versprochen, 2022 sei das letzte schöne Weihnachtsfest für Investoren“, erinnerte Hendges. An rechtlichen Hindernissen könne es nicht liegen, dass bis heute noch nicht einmal ein Abeitsentwurf aus dem BMG dazu vorliegt, betonte Hendges mit Verweis auf das verfassungsrechtliche Gutachten, das Prof. Helge Sodan, Berlin, im Auftrag der Zahnärzteschaft erstellt hat.

„Das ist ein Armutszeugnis für diesen Bundesgesundheitsminister!“

Zum kürzlich vorgelegten BMG-Evalutiationsbericht zur PAR-Therapie bemerkte Hendges: „5,5 Seiten Papier – so viel ist die Parodontitisbekämpfung dem Minister wert, und davon widmen sich auch nur 2,5 Seiten überhaupt der Parodontitisversorgung und damit dem gesetzlichen Evaluationsauftrag. Und diese Seiten wimmeln erwartungsgemäß nur so vor manipulativen Aussagen und unlauteren Behauptungen, weshalb wir auch einen eigenen Evaluationsbericht mit der DG PARO erstellt und frühzeitig vorgelegt haben. Ein Beispiel, wie perfide das BMG die Fakten verdreht, um am Ende zum politisch gewollten Ergebnis zu kommen. Man sieht: Das ist wirklich nur eine Alibi-Veranstaltung.“

Der Bericht der KZBV weise eindeutig nach, wie eklatant der Rückgang bei Neubehandlungsfällen seit 2023 ist, bundesweit gingen diese seit September um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zurück. Klar sei: „Dieser Trend wird anhalten, wenn eine Gesetzesänderung ausbleibt!“ Damit stünden für Neubehandlungsfälle 2024 kaum noch Mittel für die Versorgung zur Verfügung. „Wenn Herr Lauterbach behauptet, dass unter seiner Sparpolitik keine Leistungskürzungen stattfinden, ignoriert er offenbar die Konsequenzen seines Handelns oder, noch schlimmer, nimmt sie billigend in Kauf. Und das ist Sparen auf Kosten der Patienten. Das ist ein Armutszeugnis für diesen Bundesgesundheitsminister!“

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