Wissenschaftspreise für Dr. Ulrike Uhlmann und Prof. Dr. Margrit Ann Geibel
"Eine evidenzbasierte Zahnheilkunde darf nicht auf geschlechtsloser Forschung aufbauen", betonte Dr. Tim Nolting, Vizepräsident des GDI anlässlich der Preisverleihung. Der Gedanke der Weiterverbreitung von Forschung und Anwendung der Erkenntnisse der Gender Dentistry in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde werde durch die beiden Preisträgerinnen eindrucksvoll mit Leben gefüllt.
Dr. Ulrike Uhlmann erhielt den mit 2.000 Euro dotierten "Nolting Award for Studies in Gender Dentistry", der explizit jungen Kollegen am Anfang ihrer beruflichen Karriere gewidmet ist.
Der "GDI Award for Excellence in Gender Dentistry" ehrt dagegen erfahrene Wissenschaftler und Hochschullehrer für dezidierte Forschung im Bereich der geschlechterspezifischen Zahnheilkunde und Förderung der Verbreitung entsprechenden Wissens. Preisträgerin ist in diesem Jahr Prof. Dr. Margrit Ann Geibel.
Tool für geschlechterspezifische Forschung ausgezeichnet
Die von der Jury prämierte Dissertation "Entwicklung eines Bewertungssystems zur Evaluation der Geschlechtssensibilität wissenschaftlicher Publikationen und seine Anwendung bei einer Aufarbeitung der Literatur zu nicht-kariösen Zahnhalsdefekten", vorgelegt von Dr. Ulrike Uhlmann, sei laut GDI-Präsidentin Dr. Dr. Christiane Gleissner ein wegweisendes Beispiel dafür, vor welchen Herausforderungen die Forschung im Bereich Zahnmedizin steht.
Diese Dissertation war ursprünglich als Literaturstudie im Zusammenhang mit der Erstellung einer wissenschaftlichen Leitlinie zu keilförmigen Defekten konzipiert. Im Verlauf der wissenschaftlichen Arbeit sei rasch deutlich geworden, dass die üblichen Instrumente für eine fundierte Bewertung der Literatur im Hinblick auf ihre Geschlechtssensibilität nicht genügten. "Die junge Kollegin hat neben einer umfangreichen Literaturrecherche ein Bewertungssystem konzipiert und evaluiert, mit dessen Hilfe quantitativ erfasst, kategorisiert und bewertet werden kann, inwieweit eine Publikation das Geschlecht als Forschungskategorie berücksichtigt", sagte Gleissner.
Nur 40 von 326 Studien sind geschlechtsspezifisch
Es zeigte sich, dass von 326 Studien letztlich nur 40 Studien und 5 Übersichtsarbeiten geschlechtsspezifisch auswertbar waren – der Großteil der Studien zu keilförmigen Defekten nahm keine nach Geschlecht differenzierte Betrachtung vor, obwohl es ätiologische Faktoren gibt wie Essstörungen, Alkoholismus, Bruxismus, Schwangerschaft mit Abhängigkeit vom Geschlecht. Tendenziell scheinen Männer häufiger und auch mit schwereren Defekten betroffen zu sein, während Frauen häufiger therapiert wurden.
"Die Jury war begeistert von der systematischen Herangehensweise und dem innovativen Ansatz, mit dem nun endlich für den Bereich der Zahnmedizin und darüber hinaus die dringend notwendige Aufarbeitung der Literatur zur Bestimmung des aktuellen Wissensstands der geschlechtsspezifischen Zahnmedizin erfolgen kann", sagte Gleissner in ihrer Laudatio. Mit dem Index stehe nun ein Instrument zur Verfügung, das die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Fächern stärke. Nolting gratulierte nach der Verleihung der Preisträgerin zu ihrer hilfreichen und wegweisenden Arbeit, die die Gender-Dentistry-Forschung "auf eine neue Ebene" hebe.
Studentinnen lernen anders: Auszeichnung für monoedukative Kurse
Mit dem diesjährigen "GDI Award for Excellence in Gender Dentistry" wurde Prof. Dr. Margrit Ann Geibel von der Universität Ulm ausgezeichnet. Sie habe sich, so Gleissner, trotz aller Schwierigkeiten – administrativer, systemischer und manchmal auch politischer Natur – "in überragender Weise für die Erforschung des Geschlechts in der Zahnmedizin und für die Implementierung von Gender Dentistry in die zahnmedizinische Lehre stark gemacht".
Seit 2009 bietet Geibel sogenannte monoedukative Kurse an, nachdem eigene Studien gezeigt hatten, dass das Lernverhalten von Studentinnen und Studenten unterschiedliche Wege zum gleichen Ziel aufweist. Das bundesweit einzigartige, monoedukative "Curriculum Zahnärztliche Chirurgie und Orale Medizin für die Zahnärztin" wird im Fortbildungsprogramm der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung in Karlsruhe angeboten. Teilnehmerinnen beschrieben die Preisträgerin als "mitreißende Referentin", die authentisch und sympathisch für ihr Fach, die zahnärztliche Chirurgie und Implantologie, werbe, ansporne, Mut mache und begeistere. Geibel selbst möchte damit ein Ausbildungsdefizit an den Universitäten schließen und mehr Sicherheit bei der Durchführung von chirurgischen Therapien verleihen.
Nolting begrüßte die Auswahl der Jury: Professorin Geibel stehe für wegweisende Forschung und Lehre im Bereich Gender in der zahnärztlichen Chirurgie und für den Transfer der Erkenntnisse aus der Hochschule in die Praxis.